Windkraft auf dem Schienerberg
„Kommt alle – jetzt höri uffs Herz“

Das Interesse an der Informationsveranstaltung der "Freunde der Höri" im Bürgerhaus Moos war sehr groß. | Foto: Freunde der Höri
  • Das Interesse an der Informationsveranstaltung der "Freunde der Höri" im Bürgerhaus Moos war sehr groß.
  • Foto: Freunde der Höri
  • hochgeladen von Philipp Findling

Moos. Auf Einladung der Bürgerinitiative Freunde der Höri“ unter dem Motto „Kommt alle – jetzt höri uffs Herz“ haben sich am letzten Freitag etwa 350 Personen im Bürgerhaus Moos eingefunden, um sich über die Risiken der Windkraft für Mensch und Natur zu informieren.

Für das Jahr 2027 sind bis zu fünf Windkraftanlagen von einer Höhe von 250 Metern auf dem Schiener Berg und auf der Schweizer Seite des Schiener Bergs Chroobach weitere vier Anlagen geplant. Des Weiteren wurden vom Regionalverband Hochrhein-Bodensee in einem ersten Entwurf weiter Potentialflächen für Windkraftanlagen über Wangen, Schloss Marbach und Hemmenhofen ausgewiesen. Im Mai vergangenen Jahres hat sich die Bürgerinitiative “Freunde der Höri“ mit 16 Personen gegründet. Heute zählt diese schon 325 Mitglieder. Tendenz steigend.
Eingeladen waren Hansjörg Jung, Herrenberg, Präsidialrat für Natur- und Umweltschutz und Präsidiumsmitglied im Luftfahrtverband BW e.V. und Professor Dr. Michael Thorwart, Uni Hamburg. Die Veranstaltung nahm einen ruhigen und sachlichen Verlauf. Das Publikum war sehr konzentriert, die Stimmung war gut. Der Musiker Eloas Lachenmayr trug durch seine Gitarrenstücke mit Gesang zu dem guten Gelingen bei. Durch das Programm führten die Sprecher der Bürgerinitiative, Wolfgang Engelmann, Johannes Wilhelm und Dr. Johannes Ebbers.

Hansjörg Jung stellte zu Beginn seiner Ausführungen fest, dass Baden-Württemberg die schlechtesten Voraussetzungen für den Betrieb von Windkraftanlagen hat, da hier die Windgeschwindigkeit meist zu gering ist. Angesichts zahlreicher Fehler und Unstimmigkeiten im Potentialatlas der Landesregierung empfahl er, alle Gutachten zur Genehmigung genau zu prüfen und sich die Rohdaten zu beschaffen. Bei den Genehmigungsverfahren für die Windkraftanlagen werden die Gutachter von den Auftraggebern für die Windparks engagiert und bezahlt. Die Gutachter werden nicht staatlich überwacht und übernehmen auch keine Haftung für Fehler im Gutachten. Daher fordert Hansjörg Jung die Übertragung der Gutachten an eine Fachbehörde, so wie es bei den Genehmigungsverfahren für Kohle- und Kernkraftwerke der Fall ist.

In seinen Ausführungen ging Herr Jung auf zahlreiche Probleme beim Betrieb der Windkraftanlagen ein: Infraschall, Artenschutz, Brände, Bedrohung durch Eisabwurf und Schattenwurf, Wertverlust der Immobilien. Für die Windkraftanlagen werde unter Missachtung des Lieferkettengesetzes Balsaholz verwendet. Bei Bränden der Rotoren oder Gondeln gelangen gesundheitsschädliche Materialien in die Umwelt, unter anderem feine Fasern, die nur mit Ganzkörperschutz wieder entsorgt werden können. Er beendete seine Ausführungen mit der Aufforderung, innezuhalten und Bilanz zu ziehen.

Der Titel von Professor Thorwarts Referat hieß „Mit Windrädern in die Stromkrise - Energiewende gescheitert?“ Er stellte zu Beginn die Frage: „Warum ist der Strom in Deutschland so teuer?“ Deutschland hat die höchsten Strompreise weltweit. Nach Schätzungen werde die Energiewende in Deutschland bis zum Jahre 2030 eine Billion Euro kosten.
Mit anschaulichen Beispielen erklärte Professor Thorwart, dass die Nutzung von Wind und Sonne mit sehr hohen Kosten und einem hohen Material- und Flächenaufwand verbunden ist. Der Grund dafür ist die sehr geringe Energiedichte bei Nutzung alternativer Energiequellen. Mit Kohle, Heizöl, Gas und Kernkraft kann der Strom billiger und effektiver erzeugt werden.
Ein Grund für die hohen Strompreise sind außerdem die Netzentgelte, die durch den Ausbau der Stromleitungen verursacht werden. Der teure Ausbau des Übertragungsnetzes wird erforderlich, weil heute die Stromerzeugung dezentral erfolgt.

Ein weiteres Problem ist, dass der durch Wind und Sonne erzeugte Strom sehr unregelmäßig anfällt. Dieses Phänomen wird auch als „Flatterstrom“ bezeichnet. Zeitweise liegt die Stromerzeugung weit über dem Bedarf. Dann muss Strom exportiert werden. Teilweise muss für den Export sogar ein Entgelt entrichtet werden. Sehr häufig reicht der in Deutschland erzeugte Strom nicht aus und es muss Strom zu hohen Kosten importiert werden. Seit dem Atomausstieg ist Deutschland zum Netto-Stromimporteur geworden. Ein Großteil des importierten Stroms stammt aus Atomkraftwerken aus Frankreich. Außerdem wird in Deutschland vermehrt Strom in Kohlekraftwerken produziert.
Das Problem des Flatterstroms kann auch nicht dadurch gelöst werden, dass die Kapazität der Windkraftanlagen und Solarparks vergrößert wird; in wind- und lichtarmen Zeiten hätte man immer noch zu wenig Strom und in windstarken Zeiten wäre die Überproduktion noch höher. Es ist daher nicht möglich, den Strombedarf in einem Industrieland wie Deutschland allein durch Wind, Sonne und Wasserkraft zu decken.

Professor Thorwart beendete seinen Vortrag mit einem Ausblick auf die zukünftige Stromerzeugung. Klimaschutz und Wohlstand werde nur mit Kernenergie funktionieren. Er betonte, dass die Kernkraftwerke der vierten Generation (Dual Fluid- und Salzschmelze-Reaktoren) die Perspektive der Zukunft seien. Sie sind inhärent sicher (walk away safe), militärisch uninteressant, lösen das Entsorgungsproblem von Atommüll und haben eine hohe Wirtschaftlichkeit.
In der folgenden Diskussion wurde auf die Windhöffigkeit in dem Bereich der projektierten Windkraftanalgen eingegangen. Ein Diskutant zitierte aus der Teilfortschreibung 3.2. Windenergie des Regionalplans Hochrhein Bodensee vom 30.1.2024, dass alle Orte am Schiener Berg, auf denen Windkraftanlagen aufgestellt werden sollen, eine geringere Windhöffigkeit haben als die vom Land Baden-Württemberg empfohlenen mittlere Windleistungsdichte von 215 W/m² in 160 Metern Nabenhöhe (Gemarkungen Breitloh 204 W/qm, Ewigkeit Schiener Berg 207 W/qm, Rammental 198 W/qm) . Er fragte, warum dann eine Ausweisung von entsprechenden Flächen überhaupt ins Auge gefasst wird.
Zum Schluss des harmonisch und sehr interessant verlaufenden Informationsabend bedankte sich Dr. Johannes Ebbers bei den vielen Helfern der Bürgerinitiative.

Quelle: Bürgerinitiative Freunde der Höri

Autor:

Presseinfo aus Singen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

3 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.