Kein "Trauerflor" für das Kriegerdenkmal
Am Tag der Befreiung eigene Schuld thematisieren

Radolfzell. Vor 77 Jahren endete am 8. Mai der Zweite Weltkrieg, der viele Millionen Menschenleben forderte und unermessliches Leid verursacht hatte. Weil es inzwischen einen neuen Krieg in Europa gibt, den Angriff Putins Truppen gegen die Ukraine, die die Freie Grüne Liste Radolfzell auch die Geschichte der einstigen SS-Kaserne aus dieser Sicht in den Fokus stellen wollte, sollte diese zum "Tag der Befreiung" im Rahmen des Friedensfestes, das am Sonntag im Kriegerdenkmal wie im angrenzenden Stadtgarten gefeiert wurde, eine Verhüllung der Soldaten mit einem schwarzen Tuch vorgenommen werden. Der Plan misslang aber. Als die Vertreter der Freien Grünen Liste zum Beginn des Aktionsnachmittags schon auf der Leiter standen und die zwei steinernen Soldaten schon zum Teil verhüllt hatte, erschien die Polizei und untersagte die Fortsetzung dieser Aktion, wie Grünen-Stadtrat Siegfried Lehmann berichtete. Die Polizisten stützen ihre Forderung auf eine Anweisung des Radolfzeller Ordnungsamts, das eben unter anderem die Verhüllung des Kriegerdenkmals untersagte. "Das wurde mit mir leider nicht kommuniziert", sagte OB Simon Gröger, der in diesem Fall auch nichts gegen die Anweisung tun konnte. Gröger selbst setzte in seiner kurzen Rede, in der er an die Entstehung dieses Friedensfestes vor fünf Jahren erinnerte, nachdem Gruppierungen des rechten Lagers eben dieses Kriegerdenkmal für ihre Zwecke nutzten, was doch zu mehreren Auseinandersetzungen geführt habe. Der Tag der Befreiung habe in diesem Jahr einen bitteren Beigeschmack, weil die damaligen "Befreier" nun einen neuen Krieg angezettelt hätten, den er scharf verurteile.
Siegfried Lehmann, sieht auch Radolfzell in einer Rolle der Schuld aus der Vergangenheit heraus, die es auch noch aufzuarbeiten gelte. Deutschland habe damals im Zweiten Weltkrieg schwere Kriegsverbrechen und Massaker vollzogen, an die es an diesem Tag zu mahnen gelte, so ein Flugblatt der Freien Grünen Liste Radolfzell, das zum Friedensfest verteilt wurde. Radolfzell habe mit seiner Kaserne dabei eine besondere Rolle gespielt, denn dort seien zu den Nazis übergelaufene ukrainische Soldaten ausgebildet worden, um dann zum Kampf gegen das eigene Volk wieder in die Ukraine geschickt zu werden. Die Freie Grüne Liste verwies zudem auch darauf, dass in den Listen der Gefallenen Mitglieder der SS aus der Kaserne unkommentiert aufgeführt wurden, damit würden Täter geehrt. Seit den Problemen um den Luisenplatz hat es immer wieder Diskussionen darum gegeben, wie man dieses Denkmal verändern konnte. Vor einigen Jahren wurden Rosen gesetzt, die das Denkmal mit den zwei Soldaten langsam zu ranken sollen. Wie hier am Friedensfest erkennbar war, wird das aber wohl noch eine Weile gehen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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