Fachstelle Sucht
Hier gibt es eine Anlaufstelle für Kinder mit suchtkranken Eltern

Jana Klaiber und Lars Kiefer von der Fachstelle Sucht wollen einen offenen Umgang mit dem Thema »Sucht in der Familie«. swb-Bild: Tobias Lange
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Landkreis Konstanz. Rund 2,6 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland wachsen in einem Haushalt mit einem suchtkranken Elternteil auf. Im Kreis Konstanz bietet die Fachstelle Sucht für solche Fälle seit 22 Jahren eine Anlaufstelle. Das Projekt »Aufwind« bietet Betroffenen die Möglichkeit, in Gruppen über die Thematik zu sprechen oder Projekte umzusetzen.

»Die Kindergruppenarbeit ist ein wichtiges Steckenpferd«, sagt Lars Kiefer, Leiter der Fachstelle Sucht. Denn Kinder mit suchtkranken Eltern haben ein erhöhtes Risiko, selbst in die Sucht zu fallen. »Das versuchen wir mit gezielter Prävention zu verhindern.« Dabei geht es den Mitarbeitern der Fachstelle auch darum, das Thema in die Wahrnehmung zu rücken.

»Es ist ein Trugschluss, wenn man sagt, die Kinder bekommen das nicht mit«, schildert die Diplom-Sozialarbeiterin Jana Klaiber. Sie erkennen, dass etwas im Argen liegt, bekommen Streits mit und leiden unter Unsicherheit. Wenn sie dann noch gesagt bekommen, dass alles in Ordnung ist, obwohl sie das Gefühl haben, dass etwas schiefläuft, verlieren sie den Zugang zu den eigenen Gefühlen.

Investition in die Zukunft der Kinder

In drei Aufwind-Gruppen – zwei in Singen und eine in Radolfzell – und auch in Einzelterminen betreut die Fachstelle 25 bis 30 Kinder und Jugendliche im Jahr. Die Teilnehmer können dort Erfahrungen teilen und gemeinsame Projekte realisieren. Möglich macht das eine Förderung, die allerdings im August ausläuft. Bis zum Ende des Jahres hat der Landkreis die Finanzierung zugesichert. Was danach kommt, ist noch unsicher. »Es wäre kurzfristig gedacht, wenn hier gekürzt würde«, meint Lars Kiefer. Denn jeder Euro, der in die Prävention investiert wird, erspare der öffentlichen Hand 17 Euro.

Selbst in der Corona-Zeit, in der persönliche Treffen nicht möglich waren, lief das Aufwind-Projekt weiter. So entstand beispielsweise anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Angebots ein animierter Film, der auf dem YouTube-Kanal der Fachstelle zu finden ist. In dem rund dreiminütigem Film schildern Kinder und Jugendliche ihre Erfahrungen. Die Zeichnungen und Narrationen kamen dabei von den Aufwind-Teilnehmern selbst. Bei einem anderen Projekt entwarfen sie eine kreditkartengroße Info-Karte, über die Hilfsangebote im Landkreis für Kinder und Jugendliche per QR-Codes abrufbar sind.

Kampf um den offenen Umgang mit Sucht

Das Thema Sucht in der Familie an die Öffentlichkeit zu bringen, ist auch Ziel der jährlichen weltweiten COA-Aktionswoche (Children of Alcoholics – Kinder von Alkoholikern), an der sich auch die Fachstelle Sucht am 14. Februar beteiligt. Zwei Jugendliche, die über Jahre das Aufwind-Angebot angenommen haben, und eine Frau, für die es ein solches Angebot nicht gab, erzählen ab 19 Uhr im Treffpunkt Horizont über ihre Erfahrungen. Schirmherrin für den Abend in Singen ist die Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger. Für die deutschlandweite Aktionswoche hat der Sänger Max Mutzke die Schirmherrschaft übernommen.

Der Sänger sei einer von etwa sechs Millionen Erwachsenen, die mit suchtkranken Eltern groß geworden seien, erklärt Lars Kiefer. Das zeige, dass Erwachsene genauso betroffen seien und es sich um ein generationenübergreifendes Thema handle. »Wir wollen Mut machen und auch Erwachsene ansprechen, Angebote in Anspruch zu nehmen.« Nach dieser Philosophie handelt auch die Fachstelle Sucht, wenn Teilnehmer der Aufwind-Gruppen zu alt für die Aufwind-Gruppen werden. Sie werden nicht vor die Tür gesetzt, sondern weiter beraten, erklärt Jana Klaiber. »Es gibt bei uns kein Ende.«

Informationen zu Veranstaltungen und Angeboten für Kinder und Erwachsene gibt es im Internet auf
www.bw-lv.de/beratungsstellen/fachstelle-sucht-singen, per E-Mail an fs-singen@bw-lv.de und telefonisch unter 07731/912 400.

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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