Energieversorgung der Zukunft
Landesregierung und regionale Wirtschaft kritisieren Pläne für das Wasserstoffnetz

So sieht der Entwurfsplan für das Wasserstoff-Kernnetz aus. Auffällig ist der weiße Fleck im Südwesten. | Foto: FNB Gas
  • So sieht der Entwurfsplan für das Wasserstoff-Kernnetz aus. Auffällig ist der weiße Fleck im Südwesten.
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Landkreis Konstanz/Berlin. Die Entwurfspläne für das Wasserstoffnetz, die Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck kürzlich vorstellte, bereiten den regionalen Betrieben Sorgen. Das ist der Eindruck, der bei einer Videokonferenz gewonnen werden konnte, zu der unter anderem der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung eingeladen hatte.

Rund eine Stunde lang teilten Vertreter von Wirtschaft, Netzbetrieben und Politik – darunter Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut – ihre Ansichten zu dem Kernnetz mit, das in seiner aktuellen Form einen weißen Fleck im Südwesten der Bundesrepublik zeigt.

"Klimaschutz ist längst zur Wirtschaftsfrage geworden", sagte Andreas Jung. Er sei untrennbar mit der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden. "Für uns ist entscheidend, dass Wasserstoff kommt", so der Bundestagsabgeordnete. "Wir müssen eine Anbindung unserer Region sicherstellen."

Auch Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut betonte, dass sich die Landesregierung für eine Anbindung des Südwestens einsetzen wolle. "Die Verfügbarkeit von Wasserstoff wird ein zentraler Standortfaktor sein", argumentierte sie. Dafür müssten die Weichen richtig gestellt werden. Sie betonte, dass der jetzige Plan auf Bedarfsprognosen beruhe, die vor zwei Jahren erstellt worden seien. Es sei nun aber auch der aktuelle Bedarf erhoben worden und diese Zahlen bringe die Landesregierung im Rahmen des Konsultationsverfahrens auf Bundesebene ein.

Klare gesetzliche Vorgaben

Große Hoffnung machen wollte Christoph Luschnat, Leiter des Bereichs Energiepolitik und Koordinator Wasserstoff beim Fernleitungsnetzbetreiber Terranets BW, allerdings nicht. Es handle sich um ein politisch festgesetztes Netz mit der Vorgabe, dass nur die Industrien, die keine andere Möglichkeit haben, sich zu dekarbonisieren, berücksichtigt werden. Man müsse gut rechtfertigen können, dass man in den Anforderungskatalog fällt: "Es wird wahrscheinlich sehr schwierig."

Industrie braucht den Wasserstoff

Unter den Teilnehmern der Konferenz herrschte hingegen Einigkeit, dass der Wasserstoff im Südwesten gebraucht werde. Markus Kittl von der Geschäftsleitung der Thüga Energienetze betonte die Größe der Region um Singen, Radolfzell und Konstanz. "Wir sprechen hier von einer Region mit rund 200.000 Einwohnern, die Stand heute komplett abgehängt ist." Die Region habe einen großen Anteil von Schwerindustrie – Pharmaindustrie, schwerer Maschinenbau und Aluminiumwerke. "Da wird darüber gesprochen, dass man unter Umständen auch auswandern wird. Es geht also auch um Tausende von Arbeitsplätzen."

Claudia Kessler-Franzen, Geschäftsführerin von Singen aktiv, drückte ihre Sorge aus, welchen Eindruck der Plan hinterlassen könnte. Dies sei ein Zeichen und werde dafür sorgen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Region nachlassen werde. "Die Konzerne werden entscheiden, nicht mehr zu investieren. Und es werden sich hier keine neuen Unternehmen niederlassen."

Seitens der Industrie gab es durchaus Stimmen, die zeigten, dass diese Sorgen berechtigt sind. So meinte Katharina Fraune vom Chemieunternehmen Evonik in Rheinfelden: "Wir sind ein Großkonzern und wir könnten theoretisch woanders produzieren. Das wollen wir aber nicht. Wir müssen die grüne Transformation hinbekommen. Wir brauchen den Wasserstoff."

Die Frage, ob bestehende Gasleitungen für den Transport von Wasserstoff genutzt werden könnten, warf abschließend Andreas Jung in den Raum. Es sei gesagt worden, dass der Umbau der bestehenden Gasinfrastruktur nicht so einfach sei, da die Gasnetze weiterhin gebraucht werden. Darauf konnte Peter Majer, Leiter für Unternehmensentwicklung und Innovation beim Stadtwerk am See, eine klare Antwort geben. In Friedrichshafen sei der Vorteil gegeben, dass viele Kunden über zwei Gasleitungen erreicht werden können. "Damit kann ich einen Anschluss auf Wasserstoff umbinden", erklärte er. Aber: "Es führt nach meiner Kenntnis nur eine physische Leitung nach Konstanz. Die kann ich entweder mit Wasserstoff oder mit Erdgas betreiben."

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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