Liebe Leserinnen und Leser,

vor ein paar Jahren, da hatten die Gemeinde- und Stadtchefs der Region viel damit zu tun, die Lebensmittel-Grundversorgung in den kleineren Orten aufrechtzuerhalten: Und im Laufe der Jahre entstanden neue Initiativen, mit aktiver Beteiligung der kommunalen Politik oder ohne: Große regionale Lebensmittler wie Edeka Münchow, Sulger und Eichwald oder Norbert Baur übernahmen Filialbetriebe oder bauten neu und kreierten daraus schmucke Vorortversorger. Und nicht nur einmal übernahmen diese auch Funktionen der Bank, die sich aus vielen Orten sogar mit SB-Terminals zurückgezogen hat - zum Ärger der Menschen, die nicht dauernd in die Stadt fahren wollen oder können. In einigen Gemeinden wie Schienen packten die Bürger an und eröffneten zum Beispiel das Lädele dort.

Das Scheitern der Digitalisierungspolitik

Nun sind die nächsten Runden eingeläutet im Kampf darum, im ländlichen Raum den Anschluss nicht zu verlieren. Dieses Mal scheint es lokale Lösungen nicht geben zu können, weil die technischen Investitionen zu hoch zu sein scheinen: Es geht um die Verbindungen, die wir derzeit alle brauchen und manchmal auch verfluchen: Handyempfang, WLAN vor Ort, schnelles Internet. Und da ist teilweise Licht am Ende des Datentunnels und teilweise bleibt es dunkel. Eine Leserzuschrift bringt es auf den Punkt: Was bei uns nicht klappt (in diesem Fall in Wangen bei Öhningen), ist in Frankreich selbstverständlich. Deutschland = digitales Entwicklungsland. Wochenblatt-Redakteurin Ute Mucha hat sich dem Thema gewidmet und unser Karikaturist hat auf der Titelseite einmal die Idee des neuen mobilen Tante-Emma-Ladens gezeichnet... Ob das Schule macht, wissen wir natürlich nicht.

Alleingelassen? Die Schulen

A propos Schule: Was Lehrer und Schüler in den Schulen die letzten Monate mitmachen mussten (und die Eltern daheim) passt auf kein Blatt Papier: Während die lokale Wirtschaft im Laufe der Coronazeit über 200 meistens kurzfristige Änderungen der Coronaregeln und ihrer Auslegung über sich ergehen lassen mussten, sah es in den Schulen nicht viel anders aus. Chefredakteur Oliver Fiedler hat in der Region recherchiert und wir haben aufgezeichnet, was in den Schulen los ist.

Geld und Lehrkraft statt vieler Worte

Und selbst wenn jetzt die (Mundnasen)-Masken fallen dürfen, hat die Situation ein gewaltiges Nachspiel: In der Time-Out-School in Singen, in der junge Menschen, die es im Regelschulbetrieb nicht schaffen, eine zweite oder dritte Chance bekommen, häufen sich die Anträge. Acht Plätze sind vorhanden, drei zusätzliche wären bereits notwendig und es wird noch mehr Nachfrage erwartet. Gleichzeitig fehlen in der Time-Out-School, die übrigens auch für Stockach, Radolfzell, Singen, den Hegau und Konstanz zuständig ist, Lehrkräfte. Und Lehrkräfte fehlen nicht nur dort, sondern in vielen Schulen. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die die Abschlüsse nicht schaffen, ist gestiegen.
Der Schulbetrieb zwischen Regelwut, Teststationenbetrieb und dem Versuch, die Coronafolgen irgendwie abzufedern und vielleicht sogar wieder normalen Unterricht anbieten zu können, letztlich ist er alleine gelassen - alleine gelassen von einer Politik, die sich momentan mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den Aufgaben. Bleibt zu hoffen, dass hier nicht nur mit schönen Worten, sondern mit Anpacken und Geld geholfen wird - das Bildungsland Baden-Württemberg braucht Lehrerinnen und Lehrer, umstzbare Regeln und Beamte in den Schulämtern und Kultusministerien, die Verantwortung leben wollen. Und dort die Erkenntnis einzieht, die das Führungsteam der Berufsschulen in Stockach bereits letzte Woche im Wochenblatt äußerte: »Schule ist nicht nur ein Lehrnort, sondern auch ein Lebensort.« Und da wird es höchste Zeit, dass man den jungen Menschen einen Lebensort bietet, der lebenswert ist. Gerade für die Schülerinnen und Schüler, die nicht das Glück haben, ein lebensfreundliches und intaktes Zuhause zu haben, ist das (über)-lebenswichtig. Und da fällt uns ein: was das nicht das große Argument für die Ganztagsschulen? Jetzt müsste geliefert werden...

Wir werden uns das Thema einmal in einem Jahr auf Wiedervorlage legen...
Momentan nicht nur etwas nachdenklich, sondern aus vielen Gründen hellwach wünschen wir Ihnen eine gute bunte Herbstwoche

Ihre Carmen Frese-Kroll, Verlegerin
[p]Ihr Anatol Hennig, Herausgeber
Ihr Oliver Fiedler, Chefredakteur

Autor:

Redaktion aus Singen

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