Liebe Leserinnen und Leser

Die achte Coronawoche: Ein bisschen Normalität ist wieder da, aber eben nur ein bisschen. Die Folgen des Lockdowns für Wirtschaft und Arbeitsmarkt, aber auch für die Gesundheit der Menschen in der Region, sind noch völlig unübersichtlich. Gastronomie, Tourismus und weite Teile der Kultur müssen –wie in einer Show im Fernsehen– noch zittern. Was wir in vielen Gesprächen heraushören: Ein zweiter Lockdown wäre das Aus für große Teile der mittelständischen Wirtschaft – mit wahrscheinlich gefährlichen gesellschaftlichen Folgen.

Die Diskussion, die die Gesellschaft spaltet, heißt indes immer noch: Was dürfen wir alles, um Leben zu retten? Für viele sind scheinbar objektive Zahlen und Statistiken zum Steigbügelhalter der eigenen Meinung geworden. Jeder versucht seine Sicht der Dinge, oft getrieben von der eigenen Situation, mit irgendwelchen Fakten zu belegen und einige wollen dabei vor allem eines: Recht haben und irgendwelche Schuldigen an der eigenen Situation finden. Wir raten weiter zur differenzierten Wahrnehmung und werden weiter dazu beitragen.

Und wir fragen: Geht es nicht darum, wohin wir den Fokus richten, wenn ein Teil der Wirtschaft aus dem verordneten sehr unruhigen Tiefschlaf wiedererwacht, wenn die Terminkalender wieder Besitz von uns ergreifen? Bereits in Woche eins der Krise haben sich die Zukunftsforscher gemeldet und haben ganz selbstmarketingbeflissen bereits vorausgesagt, wie die Zukunft aussehen wird. Die Details ersparen wir Ihnen und uns. Denn Zukunft wird gemacht. Von uns. Heute. Jetzt. Die Frage ist: Was soll bleiben, was soll geändert werden, was soll mehr werden?

In Zeiten des Lockdowns sind Handel, Dienstleister, viele Unternehmen sowie Lehrer und Schüler auf die digitale Welt angewiesen gewesen und teilweise immer noch angewiesen. Jetzt könnten wir ja in das Zeitalter der Digitalisierung rauschen, auch hier in der Region.

Aber stopp: 91 Prozent der deutschen Spitzenführungskräfte in Wirtschaft und Verwaltung sagen, dass sie nicht den Eindruck haben, dass es ein klares Konzept der Bundesregierung für die Gestaltung der Rahmenbedingungen des digitalen Wandels gibt (siehe Seite 15).

Klare Rahmenbedingungen würden dem Mittelstand jetzt dienen, und die können nicht in Singen, Radolfzell, Engen oder Stockach gemacht werden, die müssen von Berlin und Brüssel kommen.

Wer bezahlt eigentlich all das Geld, das in den letzten Wochen als Corona-Hilfe und -Kredite ausbezahlt wurde und was noch ausbezahlt werden soll? 2016 gelangten die Panamapapiere in die Öffentlichkeit und dabei wurde klar: Zig Milliarden Euro verlieren die Staaten Europas an Steuergeldern aufgrund der Steuersparmodelle der Großkonzerne, auch und besonders der Internetgiganten Amazon, Apple, Google, Microsoft und Facebook. Sie gehören mit Paypal zu den Gewinnern der Krise. Und die lokalen Welten zu den Verlierern. Sollen die Verlierer die Kosten der Krise bezahlen?

Wir waren die letzten Wochen in einigen Runden zum Thema Fortbestand eines unabhängigen Journalismus in Deutschland aktiv dabei. Der Konsens lautet: Der »unabhängige« Journalismus hängt digital an der Infrastruktur von Google und Facebook und ist infolge dessen eben sowieso nicht mehr unabhängig – zumindest nicht in der digitalen Welt. In der Echtwelt gehören die Straßen und Gehwege, über die wir Ihnen das Wochenblatt weiterhin in die Briefkästen zustellen, immerhin uns allen, also dem Staat.

Und wir alle sollten uns, wenn es um die Gestaltung der Zukunft geht, mehr einmischen. Konstruktiv.

Auch wenn wir Plausibilität einfordern von der Politik und den Verwaltungen, wenn es um Corona-Regeln geht. Ja, wir sollten uns rühren, wenn uns auffällt, dass unsere Schulkinder dicht gedrängt im Schulbus sitzen, während die Gastronomie nicht öffnen darf. Und wir machen den Anfang: Schreiben Sie uns, wenn Sie solche un logischen Sachverhalte entdecken, kurz und klar. Und wir prüfen, recherchieren und sorgen für hoffentlich konstruktive Wahrnehmung, das ist unser Job. Und bitte schreiben Sie uns auch, ob wir Ihren Namen nennen dürfen oder nicht. Mail an seitedrei(at)wochenblatt.net reicht.

Lassen Sie uns gemeinsam konstruktiv Zukunft gestalten, gute Zeit und bis nächsten Mittwoch.

Carmen Frese-Kroll, Verlegerin
Anatol Hennig, Verlagsleiter
Oliver Fiedler, Chefredakteur

- Verlag Singener Wochenblatt

Autor:

Redaktion aus Singen

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