Fabelhafter Schwank für diesen Sommer
Krank – aber nur durch den Willen anderer

Mit begeistertem Applaus wurde die Premiere des »Eingebildeten Kranken« am Freitagabend Open Air auf der Bühne der Färbe gefeiert. | Foto: Fiedler
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Singen. Keine Frage: das ist der Tipp für diesen Sommer für alle, die wieder einmal richtig viel lachen wollen. Denn das Team der Färbe, unter der Regie von Andreas von Studnitz, hat die alte »Klamotte« vom »Eingebildeten Kranken« von Molière zu einem ganz schön spannenden Schwank verarbeitet und wird ihn nun den Juli über »open air« (bei Regen in der Basilika) aufführen. 
Intendantin Cornelia Hentschel, die auch als Dramaturgin diese Inszenierung des großen Klassikers begleitet hatte, zeigte sich glücklich, die Premiere an einem schönen Vorsommerabend feiern zu können. Die Färbe konnte sich diese Open-Air-Bühne dank Corona-Hilfen im Rahmen des »Neustarts Kultur« schon im letzten Jahr anschaffen und das Thema Open Air wird es nun regelmäßig geben.
Die Geschichte des eingebildeten Kranken Argan (Marcus Calvin) ist ja schon oft erzählt worden. Seine zweite Frau »Béline« hat ihn eigentlich in die Einbildung seiner Krankheit getrieben, die von Quacksalbern nicht nur mit der ständigen Verabreichung von Einläufen gefördert wird, und natürlich einen baldigen Antritt des Erbes ermöglichen soll. Angélique, Argans leibliche Tochter, sollte nach dem Willen der Stiefmutter eigentlich ins Kloster, doch der Vater hat da seine Pläne, die Tochter möglichst mit einem angehenden Arzt (Elmar F. Kühling, der legendär im Stück auch als verwegener Notar auftritt) zu verheiraten, aber Angélique (Bianka Waechter, mit einer furiosen Premiere hier in Singen) hat da auch schon einen Jüngling, Cléante (Reyniel Ostermann, in leider seiner letzten Rolle für die Färbe, da er ab August in Esslingen zu neuen Ufern aufbricht), kennengerlernt, dem sie ihr Herz schenken will. Der Schwank wird danach bald zum Drama mit herrlich überzeichnenden Dialogen und »Comedy Central« lässt hier herzlich grüßen. Ein erster großer Höhepunkt ist das Liebesduett mit Bluetooth-Lautsprecher und einem alten »Foreigner«-Hit, bei dem sogar der Lichtmast erklettert wird und sogar der »Mitbewerber«, der hier den vollen Trottel spielt, begeistert klatscht.
Und es kommt, was kommen muss. Nicht der Bruder Argons, Béralde (Daniel Leers, der die zwei Seelen in der Brust auch als der Vater des "Bräutigams" nach Vaters Willen spielt), macht deutlich, dass die Krankheit wirklich nur eingebildet ist, sondern Hausmädchen Toinette (Sybille Denker in einer gloriosen Rolle) verwandelt sich schließlich in einen Berliner Arzt, um Argan wieder »gesund« zu machen. Und dafür muss er »sterben«, um das wahre Gesicht seiner zweiten Frau endlich zu erkennen. Wirklich gut erzählt und auch in vielen Punkten in die Gegenwart geholt, dieser »Eingebildete Kranke«. Bravo.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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