Mieterbund Bodensee fordert Mietspiegel und mehr Sozialwohnungen
Singener Mieter stöhnen über Mieterhöhungen

Mieterbund Singen | Foto: Der Mieterbund-Vorsitzende Herbert Weber ehrt Mitglieder für 40 Jahre Treue zur Organisation. Auf dem Bild von links nach rechts: Kreszentia Heinen, Johannes Spinner, Elisabeth Tschinkel, Karin Knoll, Vorsitzender Herbert Weber, Klaus Zeller, Christine We
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Singen. 1194 Mieter aus Singen und Umgebung suchten vergangenes Jahr Rat und Hilfe beim Deutschen Mieterbund Bodensee, berichtete der Verbandsvorsitzende, der Konstanzer Stadtrat Herbert Weber auf der Bezirksmitgliederversammlung in Singen. Zwei wesentliche Probleme bilden den Schwerpunkt der Rechtsberatung des Mieterbunds: Mieter wollen ihre Betriebskostenabrechnung überprüfen, weil ihnen die Forderungen zu hoch erscheinen. Und immer mehr Mieter, so Weber, kommen mit Fragen zu einer Mieterhöhung in die Beratungsstelle des Mieterbunds in der Radolfzeller Str. 26 in Singen.

Doch gerade bei Mieterhöhungen haben Mieter aus Singen derzeit schlechte Karten. Dies liege nicht nur am angespannten Wohnungsmarkt, der die Preise stark ansteigen lasse. Als einzige größere Stadt am Bodensee weigere sich die Stadt Singen, einen Mietspiegel aufzustellen, kritisiert Herbert Weber in einer Pressemitteilung. Damit haben Mieter keine objektive Informationsquelle, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete wirklich ist. Die Folge: Viele Mieter stimmten überhöhten Mieterhöhungsverlangen zu.

„Rechtliche Instrumente wie die Mietpreisbremse stehen in der Stadt Singen nur auf dem Papier. Dafür tragen der Singener Oberbürgermeister und die Mehrheit des Gemeinderats der Stadt die politische Verantwortung.“ Ohne Mietspiegel werde Mieterhöhungen begründet, indem Wohnungseigentümer drei vergleichbare Wohnungen mit ähnlichem Baujahr und gleicher Größe und vergleichbarer Lage, Ausstattung und Beschaffenheit benennen. Doch eine Überprüfung, ob die Wohnungen tatsächlich vergleichbar seien, sei kaum möglich. Dies mache es Mietern sehr schwer, sich gegen eine unberechtigte Mieterhöhung zu wehren, bedauert Weber.

Künftig werde ein längerer Zeitraum bei der Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete berücksichtigt, so Weber. Dies gehe aus dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD hervor. Nach der Pleite und dem Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GVV kümmere sich in Singen niemand mehr um den Bau von besonders günstigen Sozialwohnungen für Bedürftige.

„Sozialer Wohnungsbau ist kein teures Risiko, man muss ihn wollen,“ forderte Weber. Denn gebe es derzeit von Bund und Land genügend Förderprogramme und zinslose Darlehen für günstige Mietwohnungen. Der Mieterbund sei im Hegau erfolgreich gegen einige Wohnungsmakler vorgegangen, die rechtswidrig Provisionen von Mietern verlangt hatten. Mehrfach wurden Wohnungsvermittler gerichtlich gezwungen, die Vergütungen an die Mieter zurück zu bezahlen.

Immer wieder melden Wohnungssuchende dem Mieterbund teilweise dreiste Betrugsversuche: Über Immobilien- und Kleinanzeigenportale werden günstige Wohnungen angeboten. Doch die vermeintlichen Vermieter oder Wohnungsvermittler verlangen vor einem Besichtigungstermin bereits Geld. Weber warnt Wohnungssuchende nachdrücklich davor, vor Unterzeichnung eines Mietvertrags und der Schlüsselübergabe Zahlungen zu leisten, „schon gar nicht in bar.“ Die Miete werde erst am dritten Werktag des ersten Vertragsmonats fällig, die Kaution könne in drei Monatsraten an den Vermieter bezahlt werden.

„Seriöse Vermieter kennen die Rechtslage und halten sich daran“, so der Mieterbund Bodensee. Mitglieder kritisierten, dass trotz der Wohnungsnot in einigen Singener Häusern teilweise seit Jahren Wohnungen leer stünden. Dagegen könne die Kommune ebenfalls etwas tun, so der Mieterbund. Der Gemeinderat müsse wie in Konstanz oder Freiburg eine Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum beschließen.

Der Verband bedankte sich bei langjährigen Mitgliedern für ihre jahrzehntelange Treue zum Deutschen Mieterbund. Für 40 Jahre Mitgliedschaft erhielten Kreszentia Heinen, Karin Knoll, Elisabeth Tschinkel und Christine Weingart aus Singen sowie Klaus Zeller aus Gottmadingen einen Präsentkorb. Besondere Verdienste habe sich das langjährige Vorstandsmitglied Johannes Spinner aus Volkertshausen erworben, der ebenfalls seit 40 Jahren Mieterbund-Mitglied ist. „Sie sind treue Stützen unserer Organisation,“ lobte Weber. „Ihre Solidarität legt das Fundament für einen guten Service und eine günstige Rechtsberatung.“ Denn der Mieterbund finanziere seine Leistungen aus eigener Kraft ohne öffentliche Zuschüsse. „Das macht uns unabhängig und davon profitieren Sie als Mieter,“ stellte Weber klar.

Die Versammlung wählte Werner Brendle, Hildegard Boss, Hajo Blumenthal, Christian Begel, Rudolf Friedl, Charlotte Richter und Friedrich Walz aus Singen, Jörg Sieg und Ursula Riepp aus Gottmadingen und Dagmar Stoermer-Weigel aus Hilzingen zu Vertretern des Bezirks Singen in die Delegiertenversammlung des Verbands. Dem Mieterbund Bodensee gehören insgesamt 7500 Mitglieder im Kreis Konstanz und im westlichen Bodenseekreis an. Mitglieder, die im Einzugsbereich der Beratungsstellen Singen, Radolfzell, Überlingen und Konstanz wohnen, bilden den jeweiligen Verbandsbezirk.

- Stefan Mohr

Autor:

Redaktion aus Singen

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