Sinniges beim "Uffwirmkaffee"
Das Narrengericht wünscht sich Artenschutz für den Männerclub

Mit dem Hohenfelser Bürgermeister Florian Zindeler gab es am Montag einen weiteren prominenten Laufnarren, der bei seinem Schlag gleich von zwei Kollegen im Dienst des Narrengerichts, Manfred Ossola aus Aach, und Stefan Keil aus Orsingen-Nenzingen, im Bild zusammen mit dem neuen Pritschenmeister Michael Kempter. | Foto: Oliver Fiedler
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  • Mit dem Hohenfelser Bürgermeister Florian Zindeler gab es am Montag einen weiteren prominenten Laufnarren, der bei seinem Schlag gleich von zwei Kollegen im Dienst des Narrengerichts, Manfred Ossola aus Aach, und Stefan Keil aus Orsingen-Nenzingen, im Bild zusammen mit dem neuen Pritschenmeister Michael Kempter.
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Stockach. Ein bedeutendes Thema weniger hätte das Stockacher Narrengericht, wenn es sich für Frauen öffnen könnte. Denn die  stets und immer wieder von neuem gestellte Frage dazu bietet doch eine Menge an der nötigen Reibungswärme, die so manche närrische Diskussion am Brennen hält, wie auch der "Uffwirmkaffee" des Stockacher Narrengerichts erneut zeigte.

Dort konnte erstmals die neue Bürgermeisterin Susen Katter begrüßt werden, die die Fastnacht hier gerade intensiv kennenlernt, wie sie sagte, während es noch einen kleinen Rückblick des alten Bürgermeisters Rainer Stolz gab, der verriet, dass er in all der Zeit gar nicht wirklich seines Amtes enthoben gewesen war, da er sich einen Zweitschlüssel für das Rathaus besorgt hatte. Den übergab er nun an Susen Katter in einer kleinen Zeremonie.

Zuvor hatte freilich Narrenschreiber Marcel Reiser eine lange Klagerede über das Schwinden der Macht des "alten weißen Mannes" gehalten, was auch das Stockacher Narrengericht immer mehr bedrohe, wenn jetzt auch noch eine Frau Bürgermeisterin sei. Seine intensive Bitte war, dass man hier doch ein "Reservat" dem Narrengericht gewähre, bei dem man wenigstens über die Fasnetzeit noch eine Illusion der Macht habe. Es sei an der Zeit, das Narrengericht unter Artenschutz zu stellen. Dafür brauche es nur genug Schorle, denn eine solche erhalten einen Gerichtsnarren eine Stunde lang am Leben.

Dass Nachschub an Wein und Schorle ziemlich sicher ist, konnte Tobias Keck als Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Hagnau versichern, der aber den Anspruch der Männerrunde hier in Stockach noch manifestierte: Denn wenn ein Kind in Stockach geboren werde, werde das dem Stockacher Narrengericht gleich gemeldet, falls es einen "Zipfel" habe, eben formal erst mal ein Junge sei. Als Laufnarr gebe es zwei Zipfel, als Gerichtsnarr drei Zipfel, den Frauen fehle halt immer von Anfang an ein Zipfel, bemerkte er zu Narri-Rufen der Versammlung.

Vera und Lea Ossola schilderten dazu die Geschichte der "Alt-Stockacherinnen" zu deren 90. Geburtstag in diesem Jahr und dass der Männerclub da anfangs schon seine Probleme hatte, denn der Narrenrichter war in den ersten Jahren der Chef gewesen. Die Gründung sei wohl auch nur möglich gewesen, weil unter den Gründerinnen die Frau des damaligen Narrenrichters August Richter gewesen sei. Und erst 1948 gabs mit Lina Spiegelhalter eine weibliche Leitung und erst 1976 sei eine eigenständige Gliederung innerhalb des Narrengerichts daraus geworden. "Jetzt hoffen wir auf 100 Mitglieder zum 100. Geburtstag", so die beiden.

Der ehemalige evangelische Pfarrer Rainer Stockburger versicherte seine Verbundenheit zur Stockacher Fastnacht, auch wenn er gerade zwischen Steißlingen und Konstanz pendelt und mit den Narrenrufen etwas durcheinander kommt. Er hatte zudem entdeckt, dass selbst Baron von Münchhausen mit seiner Story vom Flug auf der Kanonenkugel bei Hans Kuony wohl abgeschaut habe, mit der Weisheit, dass man nicht nur wissen müsse, wie man in die Schlacht reinkomme, sondern auch wie man wieder rauskommen könne.

Die Bänkelsänger besangen das "Damenkränzchen Tarantula", im Anschluss gab es für Claus Birmele aus der Gruppe aus den Händen von Narrenrichter Jürgen Koterzyna das bronzene Ehrenzeichen der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte angesteckt.

Was die Vorurteile betreffs der geistigen Kapazitäten der Zimmerer angeht, so stellte Wischenmeister Ralf Maier klar: Sie treffen zu. Sämtliche akademische Titel seien erschlichen, die Meisterbriefe der Handwerker gefälscht. Zusammen mit Thomas Drews und Jannis Zimmermann aus der Gruppe präsentierte der eindrücklich eine "Holz-her-Rest-weg-Entspannungstasche", mit der man alle äußeren Einflüsse wie sehen, riechen, hören oder reden ausschalten könne. Die Gilde wolle so blöd bleiben, wie sie ist.

Und zum krönenden Abschluss der vormittäglichen Schnitzelbank durfte der frisch gebackene Altgerichtsnarr Siegfried Endres noch einige seiner staubtrockenen Witze zum Besten geben, bevor Karl Bosch mit dem Akkordeon zum Mitsingen einlud, unter anderem das wieder neu arrangierte "Z‘Stocke bliebt mer hocke“.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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