50+1 Jahre Städtepartnerschaft
Die Freundschaft "lieber zweimal, als einmal" gefeiert

Nach dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Stockach: links Pierrick Ducimetiere (Bürgermeister La Roche sur Foron) und rechts Rainer Stolz (Bürgermeister Stockach) | Foto: Anja Kurz
  • Nach dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Stockach: links Pierrick Ducimetiere (Bürgermeister La Roche sur Foron) und rechts Rainer Stolz (Bürgermeister Stockach)
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Stockach. Die Feier in Frankreich ist fast ein halbes Jahr her, nun wurde das Jubiläum zu 50 Jahren Städtepartnerschaft (Jumelage) zwischen La Roche sur Foron und Stockach am Samstag, 30. September, in der Jahnhalle ein zweites Mal gefeiert. Denn das sollte man "deux fois plutôt qu'une", auf Deutsch "lieber zweimal, als einmal" feiern, wie der französische Bürgermeister Pierrick Ducimetiere in seiner Ansprache unterstrich.

Doch ehe mit ihm und Bürgermeister Rainer Stolz die politischen Köpfe der Partnerstädte auf die Bühne traten, spielten der Musikverein Stockach und die Harmonie de La Roche sur Foron zum Auftakt ein Stück gemeinsam. Stolz blickte dann zunächst zurück auf die erste Feier in Frankreich Ende April, wo er in einer kleinen Geschichtsstunde betrachtete, wie nach dem Zweiten Weltkrieg das gegenseitige Vertrauen der beiden Länder wiederaufgebaut wurde. Am Samstag kam er "auf die lokale Dimension unserer Freundschaft zurück". Die Verbindung zwischen den beiden Städte könne wie jede andere Freundschaft nur dann leben, wenn dies auch im Alltag geschehe. Besonders bedeutend sei der Schüleraustausch zwischen dem Nellenburg-Gymnasium und den Schulen in La Roche, bei dem Sprache, Kultur und auch die Mentalität der Nationen kennengelernt werden könne.

Zusammen feiern und voneinander lernen

Eine für Rainer Stolz persönlich bedeutsame Erinnerung sei die zentrale Gedenkveranstaltung zum Ende des Ersten Weltkriegs 2018 in La Roche sur Foron, wo er zu den Anwesenden sprechen durfte: "Das hat mit sehr geehrt und auch sehr bewegt." Doch auch "zünftig zusammen feiern" könnten die Städte, was die vielen Teilnehmer aus La Roche am Narrengericht zeigen.
Doch sieht der Stockacher Bürgermeister auch "eine ganze Reihe von Problemen", die auf die europäischen Staaten warten, mit daraus folgenden Voraussetzungen für ein künftiges Gelingen der Partnerschaften.

So würden sich zwar Frankreich und Deutschland viele Werte teilen, im ganzen Bund der 27 Länder sehe das anders aus. "Das Gemeinschaftsgefühl in und für Europa muss sich erst noch vertiefen", findet deshalb Rainer Stolz. Neben einigen weiteren Punkten zeige sich die Unterschiedlichkeit auch bei den klimatischen Veränderungen, mit sehr unterschiedlichen Reaktionen in Europa, von "dramatischen Aktionen wie der Ausrufung kommunaler Klimakatastrophen" bis hin zur "Negation jeglicher Veränderungen". Die von ihm genannten Probleme zeigen die Gemeinsamkeiten, aber auch die unterschiedlichen Lösungsansätze der Länder: "Wir sollten und könnten daher viel voneinander lernen."

Bürgermeister Pierrick Ducimetiere stieg mit einem "Dankeschön" an Rainer Stolz und Stockach ein und betonte in seiner Rede die Ehre, die langjährige Freundschaft der beiden Städte zu feiern und die Pflicht, sie fortzuführen. Dies sei auch Anlass gewesen, sie "lieber zweimal statt einmal" ("deux fois plutôt qu'une") zu feiern, eine Formulierung, die seine Rede prägen sollte. Noch ein Grund seien die Erinnerungen, die die Pflege der Freundschaft zwischen einander geschaffen habe. Dem vorausgehe die Erinnerung an das "was unsere beiden großen Nationen entzweit hat", wenn er es auch vorziehe, an den "nachfolgenden Frieden" zu erinnern.

Über die letzten 50 Jahre hätten sehr viele Kinder die befreundeten Städte kennengelernt, was zu deren Verbundenheit beitrage, "ich selbst gehöre dazu". Zum Abschied von Rainer Stolz könne er leider nicht erneut anreisen. Es sei daher richtig gewesen, den 50. Jahrestag "zweimal statt einmal zu feiern". Statt wie im April die Geschichte der europäischen Einigung zu betrachten, wolle er darauf schauen, was diese hervorgebracht habe: Schöne und festliche Momente oder legendäre, wie dank der Stockacher Stadtmusiker am Festabend in La Roche.

Die Freundschaft lebt von den Bürgern

Während bei den beiden Bürgermeistern jeweils die Übersetzung der Rede über eine Leinwand verfolgt werden konnte, wandte sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung in beiden Sprachen an die Gäste. Der war vor einigen Jahren selbst Austauschschüler in der französischen Stadt und konnte mit entsprechenden Anekdoten aufwarten, von denen er in der 50-jährigen Partnerschaftsgeschichte noch mehr vermutet. Diese Freundschaft sei nicht selbstverständlich, nachdem es zuvor in jeder Generation Krieg zwischen den beiden Staaten gegeben habe. "Das dürfen wir dankbar an solche einem Abend vergegenwärtigen."

Weiter spielte Jung auf die Krise zwischen den beiden Staatschefs Olaf Scholz und Emmanuel Macron an: Eine Harmonie wie an diesem Abend zwischen den Musikern aus Stockach und La Roche würde den Regierungen guttun, um die Länderpartnerschaft zu erhalten. Denn etwa um die unter Druck stehende Demokratie zu verteidigen, brauche es ein starkes Europa. Um die deutsch-französische Freundschaft zu erhalten, seien Kanzler und Präsident sicher wichtig, doch vielmehr käme es auf die Bürgermeister und Bürger der Gemeinden an.

Aufgelockert wurden die Reden durch Stücke des Musikverein Stockach und der Harmonie des La Roche sur Foron. Nachdem Rainer Stolz, Pierrick Ducimetiere und Andreas Jung im Goldenen Buch der Stadt Stockach unterschrieben, wurden zudem die beiden Nationalhymnen gesungen und gespielt.

Nach dem offiziellen folgte dann auch der unterhaltsame Teil des Abends. Hier zeigten die Showkünstler Gernot und Wolfram Bohnenberger drei Performances aus ihrem Repertoire, darunter "An Englishman in New York". Mit der Show-Turngruppe Phönix gelang ein eindrucksvoller Abschluss des Programms.

Bilder, unter anderem von den Showacts, gibt es in der Bildergalerie:

Goldenes Jubiläum zum zweiten Mal gefeiert
Autor:

Anja Kurz aus Engen

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