Laudatio statt Bürokratiebekämpfung vom Ehrengast
Narrengericht macht den Ehrenbürger noch zum Ehrenlaufnarr

Fürs Publikum überraschend wurde der Stockacher Altbürgermeister Rainer Stolz zusätzlich zur Ehrenbürgerschaft noch zum Ehrenlaufnarr gekürt in der Dreikönigksitzung des Narrengerichts am Samstagabend. Mit im Bild sein Laudator Dr. Dieter Salomon, Narrenrichter Jürgen Koterzyna, rechts im Bild Narrenschreiber und Archivar Marcel Reiser, ganz links Laufnarrenvater Michael Zehnle.
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  • Fürs Publikum überraschend wurde der Stockacher Altbürgermeister Rainer Stolz zusätzlich zur Ehrenbürgerschaft noch zum Ehrenlaufnarr gekürt in der Dreikönigksitzung des Narrengerichts am Samstagabend. Mit im Bild sein Laudator Dr. Dieter Salomon, Narrenrichter Jürgen Koterzyna, rechts im Bild Narrenschreiber und Archivar Marcel Reiser, ganz links Laufnarrenvater Michael Zehnle.
  • hochgeladen von Oliver Fiedler

Stockach. Die Fastnacht ist kurz in 2024. Auf gerade mal 39 Tage kommt Narrenrichter Jürgen Koterzyna, der aber eine sehr intensive Narrenzeit ankündigtebis zum Aschermittwoch, an dem auch in Stockach fast alles wieder vorbei sein wird. 
Mit ihrem rituellen Dreikönigspätschoppen, der nunmehr zum 10. Mal im Saal des Bürgerhauses Adler-Post zelebriert wurde, feierten die Narren des Stockacher Narrengerichts ihren traditionellen Fasnetsauftakt, bei dem einiges schon anders war als sonst. Denn die Gerichtsnarren müssen sich nun für die Zeit unter weiblicher Herrschaft sortieren, wovon schon die Titelseite des diesjährigen Narrenbuchs mit "Habemus Mamam" Bände spricht, auf der Bürgermeisterin Susen Katter gar schon zur "Marianne" im Stile von Delacroix durch den diesjährigen Narrenbuch-Künstler Thomas Warndorf stilisiert wurde.

"Habemus Mamam" und ein neuer Ehrenlaufnarr

Nese Erikli statt Helene Fischer

Und dann kündigte Narrenrichter Jürgen Koterzyna eine weitere Frau auf der Bühne an: Helene Fischer habe man hier engagiert, aber dann merkten die Gäste bald, dass sich unter der Verkleidung die Grüne Landtagsabgeordnete Nese Erikli verbarg, die hier "atemlos" durch die aktuellen Dauerkrisen war, und feststellte, dass man bei der letzten Wahl eigentlich "Führungsstärke" bestellt habe, aber offensichtlich den falschen Lieferdienst erwischt hatte, was das Publikum nicht nur als Narretei wertete.

Beklagten als Duett präsentiert

Die Bekanntgabe des diesjährigen Beklagten, kein geringerer als Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach, machten der Kläger Wolfgang Reuther (es wird seine letzte Verhandlung in dieser Funktion) und Fürsprech Michael Nadig zur gemeinsamen Show und Bürgermeister Rainer Stolz, der überraschenderweise nach einer Laudatio des Freiburger Ex-OBs und jetzigen IHK-Geschäftsführers Dieter Salomon unter großem Applaus im Saal zum erst sechsten Ehrenlaufnarren des Narrengerichts gekürt wurde, kündigte schon seine Interventionen gegen den Beklagten in Sachen des Stockacher Krankenhauses an.

Bekanntgabe des Beklagten am Narrengericht Stockach im Duett

Eine besondere Überraschung war die Würdigung von Iris Laible mit dem bronzenen Verdienstorden - allerdings von der Vereinigung Schäbisch-Alemannischer Narrenzünfte im Jubiläumsjahr - für 25 aktive Jahre bei den Marketenderinnen. Sie war freilich in dieser Zeit auch die Büroleitung von Bürgermeister Stolz und da wurde auch gelobt, dass sie da manchen "Druck aus dem Kessel" im Verhältnis zwischen Stolz und den Gerichtsnarren nahm. Zumal Stolz in manchen Jahren durchaus die Wahl der oder des Beklagten aus einer Sicht beeinflussen wollte, wie hier Spitz bemerkt wurde.

Bürgermeister zum Ehrenbürger entsorgt?

Einen speziellen Auftritt hatte an diesem Abend der ehemalige Freiburger OB Dr. Dieter Salomon, dessen Band nach Stockach auch über seine junge zweite Frau gegeben ist, welche auch schon mal im Stockacher Rathaus gearbeitet hat. Von Jürgen Koterzyna wurde er als der heilige Georg der Bürokratiejäger angekündigt. Salomon sinnierte in seiner Rede aber über die Rolle des Bürgermeisters nach und wie man diesen am einfachsten, also unbürokratischsten loswerden könnte.

Ein Raunen ging da durch den Saal bei der Schilderung der sizilianischen Variante, also den Bürgermeister beim nächsten Spatenstich einfach im Beton der Bodenplatte verschwinden zu lassen. Da spare man sich sogar noch die Abschiedsfeier und Rente brauche er auch nicht mehr. Eine Variante war die, den Bürgermeister einfach immer wiederzuwählen, bis der selbst keine Lust mehr habe, womit Salomon aufs "Wegloben" umschwenkte und auf seinen Vorschlag, dass so einer wie Stolz doch die Würde des Ehrenlaufnarren verdient habe, eine Ehrung, die laut seinen Schilderungen erst sechsmal in der Geschichte des Narrengerichts vergeben wurde, unter anderem auch an den Vorgänger von Stolz, Franz Ziwey.

Neue Gerichtsnarren leisten den Schwur

Im Rahmen der Sitzung wurden auch zahlreiche personelle Änderungen vorgenommen. Verabschiedet wurde aus dem Gericht Siegfried Endres nach bald 20 Jahren Mitgliedschaft in allen Ehren. In der Nachfolge wird das Gericht durch Christoph Stetter (42) und Matthias Stoll (36) verjüngt und gestärkt. Veränderungen stehen für das kommende Jahr bereits an, denn Kläger Wolfgang Reuther wie Helmut Lempp haben ihre Kündigung eingereicht, wie Jürgen Koterzyna bekannt gab.

Lempp trat auch als Pritschenmeister zurück, seine Rolle wird nun von Michael Kempter übernommen, der die Pritsche auch gleich übergeben bekam. Den Schlag zum Laufnarren bekamen der neue Bürgermeister von Bodman Ludwigshafen Christoph Stolz, der neue Museumsleister Julian Windmöller und in Vertretung seiner Frau auch André Katter, da das Narrengericht auch bei der neuen Bürgermeisterin noch keine Ausnahme dahingehend macht, eine Frau zum Laufnarren zu machen oder ihnen Orden zu verleihen.

Und viele Ehrungen wurden vollzogen: Die "Hans-Kuony-Medaille" des Narrengerichts bekam Stephan Glunk, Zunftmeister der Singener Poppelezunft, an die Brust geheftet und der bedankte sich dafür mit der Gitarre und zwei Liedern aus der Singener Fastnacht.

Den "Erlebnisorden" in Gold bekamen 50 Jahre nach ihrem Laufnarrenschlag sieben angereiste Narren auf der Bühne. Wie Ordensmeister Markus Vollmer erklärte, war 1974 auch für das Stockacher Narrengericht ein bedeutendes Jahr, in dem der damals junge Landrat Robert Maus vor das Narrengericht zitiert wurde, und es hieß, er "sei nun in der Falle". Maus konnte aber nicht zur Verleihung kommen. "Kuony"-Darsteller Roland Drews war auch derselbe Jahrgang mit dem Laufnarrenschlag. Insgesamt 113 Personen bekamen damals den Schlag mit der Pritsche zur Fastnacht, aber viele finde man heute aus den verschiedensten Gründen nicht mehr.

Im Jahr 1999 seien 83 Laufnarren geschlagen worden, 22 alleine aus dem Raum Waghäusel. Weshalb das so war, konnte nicht geklärt werden, da es auf Anschreiben keine Resonanz gab. Acht davon konnten ihren silbernen Erlebnisorden persönlich auf der Bühne abholen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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