Volkertshausen
Die Belastungsgrenze der Apotheken ist bereits überschritten

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Lina Seitzl (rechts) machte sich vor Ort in Volkertshausen ein Bild von der angespannten Situation der Apotheken und besuchte Stéphanie Haas-Komp in ihrer Viola-Apotheke. 

 | Foto: Ute Mucha
  • Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Lina Seitzl (rechts) machte sich vor Ort in Volkertshausen ein Bild von der angespannten Situation der Apotheken und besuchte Stéphanie Haas-Komp in ihrer Viola-Apotheke.

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Volkertshausen. Ihre Lage ist derzeit alles andere als rosig: Lieferengpässe, gestiegene Personal- und Energiekosten, Inflation und geplante Honorarkürzungen verschärfen die Situation der ApothekerInnen auch im Hegau. In einem offenen Brief bat Stéphanie Haas-Komp, Apothekerin der Viola-Apotheke in Volkertshausen, die Abgeordneten des Landkreises um Unterstützung, die Existenzgrundlagen der ApothekerInnen und die Medikamentenversorgung der Bürgerschaft vor Ort zu sichern. Dr. Lina Seitzl wollte mehr darüber wissen und stattete der Apotheke kürzlich einen Besuch ab.

Vor drei Jahren hat Stéphanie Haas-Komp die Apotheke von Rüdiger Balasus in Volkertshausen übernommen und diese Entscheidung trotz hoher Belastungen noch keinen Tag bereut. Doch mit den aktuellen Herausforderungen sieht sie die Belastungsgrenze der ApothekerInnen bereits überschritten.

Ein Grund dafür ist der Personalmangel. Denn der Fachkräftemangel betrifft auch diesen medizinischen Dienstleistungsbereich. Hierfür fordert die Apothekerin mehr Unterstützung von Seiten der Politik. „Es ist unglaublich schwierig, dass interessierte Fachkräfte aus dem Ausland hier anerkannt werden, besonders wenn sie aus einem Nicht-EU-Land kommen“, weiß Stéphanie Haas-Komp. Auch sei das Ausbildungssystem sehr kompliziert und der Beruf der Pharmazeutisch-Kaufmännischen AssistentIn zwar hoch anspruchsvoll, aber schlecht bezahlt.

Für sie selbst ist die Selbständigkeit als Apothekerin ein Traumberuf. Auch wenn dies bedeutet, dass sie bis zu 17 Mal im Jahr einen 24-Stunden-Notdienst leisten muss, auch an Samstagen arbeitet und ihre Kundschaft ganz individuell in Gesundheitsfragen begleitet und berät, besonders natürlich während der Corona-Pandemie. Dies spreche klar für die Apotheke vor Ort und gegen Online-Apotheken, die vieles nicht leisten können. „Ich übernehme gerne Verantwortung, aber momentan ist die Situation sehr schwierig“, so die Apothekerin. Dazu tragen auch die Lieferengpässe für Medikamente bei, die sich nach der Pandemie durch den Ukrainekrieg weiter verschärft haben. „Ich habe vor jedem Nachtdienst gezittert, weil Fiebersäfte für Kinder fehlten“, berichtet Stéphanie Haas-Komp. Um die Abhängigkeit von ausländischen Zulieferern zu verringern, hofft sie, dass künftig Produktionsstätten für Medikamente zumindest in der EU gefördert werden.

Auch die aktuellen Kostensteigerungen belasten die Apotheken, die wie kleine, mittelständische Unternehmen wirtschaftlich arbeiten müssen. Doch sie können wachsende Kosten aufgrund der Arzneimittelgestaltung und mit Rücksicht auf die PatientInnen nicht weitergeben, erklärt die Apothekerin. Sie sieht die Tariflohnerhöhung für Apothekenangestellte zwar als gerechtfertigt an, doch dadurch steigen die Personalausgaben in einer durchschnittlichen Apotheke um 23.000 Euro. Hinzu komme noch die gesetzliche Mindestlohnanpassung auf 12 Euro pro Stunde.

Den steigenden Kosten stehen auf der anderen Seite Honorarkürzungen gegenüber: Zum einen wurde der Fixzuschlag für verschreibungspflichtige Medikamente seit fast zehn Jahren nicht mehr erhöht und zum anderen soll der Abschlag, den die Apotheken den gesetzlichen Krankenkassen auf jedes verordnete Arzneimittel einräumen müssen, von 1,77 Euro auf zwei Euro steigen. Auch bei den Energiekostenzuschüssen bleiben die Apotheken außen vor, da sie dem ambulanten Bereich angehören.

Aufgrund all dieser Belastungen appellierte Stéphanie Haas-Komp eindringlich: „Wir brauchen Entlastung statt weiterer Einschnitte. Wir brauchen eine faire, an der Kostenentwicklung orientierte Vergütungsanpassung statt Stillstand. Wir brauchen Entbürokratisierung anstelle immer neuer aufwändiger Regelwerke, damit wir unsere Zeit dort investieren können, wo sie am nötigsten gebraucht wird: in der PatientInnen-Versorgung.“

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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