Hilfsangebote für Traumatisierte
Das »Ankommen« bekommt immer mehr Form

Immer mehr aus der Ukraine Geflüchtete erreichen inzwischen den Landkreis Konstanz, wie die Städte und Gemeinden berichten, die ihrerseits darum bitten, dass Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, um die Menschen unterbringen zu können, möglichst mit Familienanschluss, um auch die Flucht besser verarbeiten zu können. Doch das klappt nicht ganz reibungslos, auch wenn die Hilfsbereitschaft überall als vorbildlich gelobt wird. Wie der Bürgermeister von Rielasingen-Worblingen, Ralf Baumert, in der jüngsten Gemeinderatssitzung berichtet, will der Landkreis in den nächsten Tagen die Unterkunft im ehemaligen Gasthaus Rosenegg an der Singener Straße reaktivieren, zur Unterbringung von Geflüchteten, die nach wie vor auch aus Afghanistan hier ankommen, wie auch als Puffer für Personen, die aus der Ukraine kommen und noch nicht woanders unterkommen können. Hier ist der Landkreis aktuell doppelt stark belastet.

Städte unterstützen

Um die Angebote aus der Bevölkerung zu forcieren, hat die Stadt Radolfzell nun aktuell ihr schon bestehendes Programm »Raumteiler« aktiviert, um die Menschen in guten Bedingungen unterbringen zu können. Das heißt, dass dafür die Stadt mit den Eigentümern in ein Mietverhältnis für die Räume eintritt, und diese dann den Geflüchteten zur Verfügung stellt.
Der Landkreis hat auf seiner Homepage www.lrakn.de über das Amt alle Informationen für Geflüchtete zusammengestellt, auch in russischer wie ukrainischer Schrift und Sprache, um hier direkt informieren zu können, welche Wege nun nötig sind. Viele der Geflüchteten kommen nämlich nicht über zentrale Aufnahmestellen hier an, wo schon eine ganze Menge geregelt werden kann über das Aufenthaltsrecht oder auch das Asylrecht, das den Geflüchteten zusteht und was mit Sozialleistungen verbunden ist.
Beim Landratsamt können sich auch alle Geflüchteten melden, die noch auf der Suche nach einer Unterkunft sind, im Amt für Migration (Ukraine@LRAKN.de), damit ihnen dort weitergeholfen werden kann. Die Behörde hat diese Aufgabe zentral übernommen und steht dafür wiederum mit den Gemeinden und Städten in Kontakt. Zur Bewältigung der Aufgaben hat der Landkreis in der letzten Woche einen Krisenstab gebildet, in dem auch Vertreter der Gemeinden mit dabei sind.

Tagesstruktur vermitteln

Die Organisation, die für die Zeit nach dem Ankommen nötig ist, läuft inzwischen an. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass die Geflüchteten doch längere Zeit hierbleiben müssen, obwohl ein Großteil schon wegen der geteilten Familien wieder in die Heimat zurück möchte. Angekommen in Baden-Württemberg, können geflüchtete Kinder und Jugendliche künftig die Schulen und Kitas im Land besuchen, wurde schon letzten Mittwoch in der Landeshauptstadt angekündigt. »Das ist das Mindeste, was wir tun können und sollten«, sagte KultusministerinTheresa Schopper (Grüne). Denn wichtig sei hier vor allem, den Kindern Tagesstruktur zu vermitteln, nachdem sie so jäh aus ihren alten Strukturen herausgerissen wurden.
Die Schulen und die Schulverwaltung sollen dabei pragmatisch handeln und den Kindern mit dem Schulbesuch wieder etwas Struktur und auch Ablenkung ermöglichen – allerdings sind sie gerade auch durch die hohen Infektionszahlen der fünften Welle in der Coronakrise selbst stark belastet. Die Sicherstellung der Behandlung durch Haus- oder Fachärzte ist durch einen Schnellbrief der Kassenärztlichen Vereinigung inzwischen auch sichergestellt worden – auch wenn die notwendige Registrierung der »ungeregelt« eingereisten Kriegsflüchtlinge durch landes-/bundespolizeiliche Erfassung von Fingerabdrücken/Fotos noch nicht erfolgen konnte, berichtet Bernhard Grunewald vom Singener Integrationsverein »InSi«. Damit der Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleistet ist, bekommen die Ärzte im besonderen Fall ihr Geld dann von der Kassenärztlichen Vereinigung. Trotzdem ist die Registrierung nötig, die dann auch über das Amt für Migration erfolgten könne.

Hilfe bei Traumata

Gerade Kinder sind durch die Zustände in ihrer Heimat wie die Kriegshandlungen, aber auch durch die Flucht oft traumatisiert. Sie sollten auch so schnell wie möglich in psychologische Betreuung kommen können. Im Kreis Konstanz gibt es dafür zum Beispiel das Netzwerk »Vivo International«  (www.vivo.org) in Kooperation mit der Uni Konstanz, die sich auf jugendliche, auch unbegleitete Geflüchtete wie junge Erwachsene spezialisiert haben. Kontakt über integrationsprojekt@vivo.org oder +49 152 077 923 27 per Telefon. Gesucht werden übrigens auch überall Sprachmittler, die die ukrainische Sprache beherrschen, um die Kommunikation zu vereinfachen. Sie können sich bei den Gemeinden wie eben im Amt für Migration des Landratsamtes Konstanz melden. Auch der Weg über die niedergelassenen Ärzte ist möglich, die Kontakt vermitteln.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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