Verabschiedung von Johannes Moser
Engens Dirigent legt (bald) den Stab nieder

27 Jahre lang stand Johannes Moser am Kopf der Stadt, führte ihr Belange und Geschicke, ließ allerdings auch selbst von ihren BürgerInnen führen. | Foto: Anja Kurz
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Engen. 27 Jahre lang hat Noch-Bürgermeister Johannes Moser in Engen den Takt mitbestimmt, am Freitag, 17. November, wurde er nun verabschiedet - auch wenn er danach außerplanmäßig bis Ende des Monats im Amt verbleibt. Weil sein Nachfolger Frank Harsch selbst noch als Bürgermeister der Gemeinde Braunsbach eingespannt war und ist, wurde der Wechsel von November auf Dezember verschoben.

Den Start des Abends markierte die Engener Bürgerwehr, die zum Abschied Mosers drei Salutschüsse abfeuerte. In Anlehnung an einen Fehler auf der Einladung wurde dann auch noch ein angeordneter "Salatschuss" mit der Kanone abgefeuert, was für Lacher unter den Gästen und Anspielungen der Redner später in der Stadthalle sorgte.

Das Gymnasium als Mosers Paradeprojekt

Nachdem die "Salut- und Salatschüsse weisungsgemäß durchgeführt" worden waren, verabschiedete sich der erste Bürgermeisterstellvertreter und Gemeinderat Bernhard Maier von Johannes Moser. Dessen Werdegang begann laut Maier 1981 mit seiner Ausbildung bei der Stadt Singen, wo er auch einige Jahre Wirtschaftsförderer war. 1996 kandidierte Moser in Engen als Bürgermeister, setzte sich "in einer hochspannenden Stichwahl" durch und konnte in den 27 Jahren seither viele Projekte realisieren.

Beispielhaft hob Maier den Bau des Gymnasiums Engen hervor, was einiges an Überzeugungsarbeit von Moser bei der Landesregierung gefordert habe. Der Einsatz habe sich ausgezahlt, laut Maier wurde die Stadt dadurch stark aufgewertet und zum "Vollsortimenter" bei der Schulbildung. Etwa 99,2 Millionen Euro habe Moser während seiner Amtszeit investiert. Trotzdem hinterlasse er eine schuldenfreie Stadt mit rund 19 Millionen Euro an Rücklagen. Ausgezeichnet habe sich Johannes Moser etwa durch seinen Einsatz im Kreisrat und auch dadurch, dass er wenn nötig Wogen glätten, aber auch "Tacheles reden" konnte.
Um sich gebührend zu verabschieden, hatte Maier noch eine Überraschung parat: Als erste Person im 21 Jahrhundert wurde Johannes Moser die Ehrenbürgerwürde verliehen.

Die Ehrenbürgerwürde wurde Johannes Moser als erste Person im 21. Jahrhundert verliehen. Die letzte auf die Weise geehrte Person war vor 47 Jahren Hans Ludwig Steffen, Chefarzt des ehemaligen Krankenhauses Engen. | Foto: Anja Kurz
  • Die Ehrenbürgerwürde wurde Johannes Moser als erste Person im 21. Jahrhundert verliehen. Die letzte auf die Weise geehrte Person war vor 47 Jahren Hans Ludwig Steffen, Chefarzt des ehemaligen Krankenhauses Engen.
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Harter Knochen und guter Partner

Landrat Zeno Danner stieg in seine Worte an den scheidenden Bürgermeister mit der Erinnerung an ein Wahlplakat aus 1996 ein. Darauf zu sehen: Ein schnauzbärtiger Moser und die Worte "Der richtige Mann für Engen und seine Ortsteile". Was hier noch gefehlt habe: "... und n richtig harter Knochen". Denn laut Danner müsse man genau das sein, um 27 Jahre lang an der Spitze einer nach wie vor schuldenfreien Stadt zu stehen.

Auch habe er erlebt, wie hart Johannes Moser diskutieren kann - zum Beispiel beim Thema Kreisumlage. Dabei schätze er besonders, dass Moser stets zwischen Funktion und Person unterschied und so nicht nachtragend war. Weil er seine Zeit im Amt verlängert hat bis Frank Harsch übernimmt, sei Moser zudem der bisher einzige, dem Danner bereits zum zweiten Mal eine Entlassurkunde übergeben konnte.

Andreas Jung, Mitglied des Bundestags für die CDU, sprach an dem Abend stellvertretend auf für seine Kolleginnen, Dr. Lina Seitzl (SPD) und Dr. Ann-Veruschka Jurisch (FDP), die wegen einer Abstimmung noch in Berlin sein mussten. Auch zählte er frühere Abgeordnete auf, für die er ja ebenfalls spreche. Der Grund: Die vorgegebene Redezeit von rund fünf Minuten dürfte sich dadurch deutlich multiplizieren.

Jung spielte unter anderem auf ein Bild aus dem Jahr 1996 an, bei dem die damaligen Bürgermeister in einem Schwimmbad ihre Not verdeutlichten: Uns steht das Wasser bis zum Hals. Auch Moser war dort zu sehen. Auch aktuell stehen Kommunen vor großen finanziellen und sozialen Herausforderungen. "Da besteht die Gefahr, dass etwas ins Rutschen kommt", findet Jung. Es brauche ein gutes Miteinander. Die Harmonie der Verantwortlichen im Landkreis sei da ein Glücksfall. 

Engagement auf vielen Ebenen

Die drei Bürgermeister der Partnerstädte Trilport, Moneglia und Pannonhalma hatten sich ebenfalls eingefunden. Jean-Michel Morer, Bürgermeister von Trilport, hob hervor, welche Veränderungen Moser mit den Partnerschaften für alle Städte auf den Weg gebracht hatte. Der Bürgermeister aus Moneglia, Claudio Magro, zeigte sich überzeugt, dass sein Nachfolger die partnerschaftliche Arbeit Mosers weiterführen werde: "Wir brauchen in diesen schwierigen Zeiten ein Europa, das zusammenhält." Vas Gábor, Bürgermeister in Pannonhalma, wandte sich auf Deutsch zum Abschied an Johannes Moser: "Unsere persönliche Freundschaft hält. Du bist ein Vorbild für unser Europa."

Nahe Trilport liegt die Stadt Meaux, in der sich eine Bruderschaft für den Erhalt des Rohmilchkäse "Brie de Meaux" engagiert. Auch zwei Vertreter der Bruderschaft waren am Freitag da. Seit 2005 ist Moser selbst Mitglied und nehme dieses Amt sehr ernst: Überall hin bringe er den Brie mit. | Foto: Anja Kurz
  • Nahe Trilport liegt die Stadt Meaux, in der sich eine Bruderschaft für den Erhalt des Rohmilchkäse "Brie de Meaux" engagiert. Auch zwei Vertreter der Bruderschaft waren am Freitag da. Seit 2005 ist Moser selbst Mitglied und nehme dieses Amt sehr ernst: Überall hin bringe er den Brie mit.
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Jörg Frey, Vizepräsident des Baden-Württembergischen Gemeindetags
, hob hervor, dass Moser auch im Gemeindetag in Stuttgart viel mitgewirkt habe. Die Mitglieder schätzten demzufolge sein Wissen und Können. "Steffen Jäger hat deinen Rat explizit geschätzt", richtete Frey in Vertretung des Präsidenten aus. "Wir wünschen dir eine stabile Gesundheit und viel Zeit für das, was auf der Strecke geblieben ist."  

Laut Mosers Nachfolger als Gemeindetags-Kreisvorsitzendem, Benjamin Mors, habe Moser sich in verschiedenen Bereichen des Gemeindetags eingebracht, immer mit einem "Blick über den Tellerrand". In den letzten sechs Jahren auch offiziell als "Chef", Jahre mit vielen Besonderheiten: Die Auswirkungen der Flüchtlingskrise 2015 etwa oder die des Klimawandels. Dass es noch kein neues "Schwimmbad-Bild" gibt, liege laut Mors daran, dass die Schwimmbäder entweder wegen der Pandemie geschlossen oder das Wasser durch die Energiekrise zuletzt zu kalt gewesen sei. Dabei sei die Lage aktuell mindestens genauso schwierig wie vor 27 Jahren.

Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Patrick Stärk, der als Bürgermeister der Gemeinde Mühlhausen-Ehingen am Freitag stellvertretend für die Verwaltungsgemeinschaft (VG) mit Engen und Aach sprach, konnte bereits auf eine 25-jährige Zeit mit Moser zurückblicken: Zwei Jahre als Stadtrat, rund 20 Jahre als Hauptamtsleiter in Engen und weitere zwei Jahre als Bürgermeister der Gemeinde Mühlhausen-Ehingen. Während seiner Amtszeit habe Moser viele Verfahren geleitet, die auch die umliegenden Gemeinden betrafen, darunter etwa neue Wohn- oder Gewerbegebiete. Den kleineren Gemeinden habe er dabei, trotz einer Stimmmehrheit in der VG, stets "die Luft zum Atmen gelassen". Den "größten Wurf" sieht Patrick Stärk in der 2018 errichteten Baurechtsbehörde.

Der katholische Dekan Matthias Zimmermann stand für die Kirchen bei der Verabschiedung vor dem Publikum und bedankte sich für die gute Zusammenarbeit, auch im Namen des evangelischen Pfarrers Michael Wurster. Einmal im Jahr hätten sich die Kirchen mit Moser besprochen, gemeinsam mit ihm auch darüber hinaus während des restlichen Jahres, um "auf dem kurzen Dienstweg" BürgerInnen unbürokratische Hilfe zukommen zu lassen. Moser zeichne sein großer Respekt aus - etwas, das heute oft zu kurz komme. So habe man gemeinsam auch kontroverse Themen diskutieren und eine gemeinsame Lösung finden können.

Mehr Bilder zu dem Abend der Verabschiedung gibt es hier:

Verabschiedung von Johannes Moser in der Stadthalle

In Vertretung für die Vereine bedankte sich Werner Bezikofer, Vorstandsvorsitzender der TG Welschingen, für die vergangenen Jahre. Wenn sich auch Moser später wunderte, dass er immer von 130 Vereinen ausgegangen war, rechnete Bezikofer vor: Bei nach seiner Rechnung 143 Vereinen in Engen, seien für Johannes Moser rund 3.861 Jahreshauptversammlungen in den 27 Jahren zusammengekommen. Moser könne zwar selbst viel reden, aber auch zuhören, sei ein Brückenbauer und habe die Vereine in ihren Belangen stets unterstützt.

Im Namen aller städtischer Mitarbeiter verabschiedete sich der Personalratsvorsitzende Berthold Leiber. Mit dem "Kapitän der MS Engen" gehe ein großes Vorbild von Bord. Aber: "Gesundheit steht vor allem." Johannes Moser habe gezeigt, wie wichtig ein gutes Miteinander sei: "Jeder war wichtig und du hattest für uns alle ein offenes Ohr, egal welche Position." Ganz nach seiner Devise: Wir sitzen alle im selben Boot.

Zwischen den einzelnen Programmpunkten spielte die Engener Stadtmusik Lieder wie "Viva la Vida" von Coldplay oder "Skandal im Sperrbezirk" von der Spider Murphy Gang. | Foto: Anja Kurz
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Moser sieht sich als Teil des Erreichten

Als Johannes Moser dann schließlich vor die Gäste trat, war dieser noch immer sprachlos, angesichts der Ehrenbürgerwürde, die ihm verliehen wurde. Außerdem brauche es scheinbar einen "harten Knochen wie mich", dass es zu seinem Ruhestand gleich zwei Entlassurkunden brauche: "Dabei bin ich doch nie an meinem Stuhl geklebt." Auch wenn er in wenigen Tagen aus dem Amt scheide, wolle er weiterhin helfen, die Stadt gut zu entwickeln, ohne jedoch Frank Harsch ins Geschäft zu pfuschen.

Zusammen mit dem Gemeinderat, den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und der Bürgerschaft habe er in den letzten Jahren einiges geschafft und erschaffen. Beispielhaft nannte er vier Punkte: Das Krankenhaus ohne Betten als Medizinisches Versorgungszentrum des GLKN zu erhalten. Den Bau des Gymnasiums. Das Durchhalten angesichts des Dauerkrisenmodus seit 2015 im Krisenmodus. Und dass die Stadt Engen, wie schon 1996 nach der Amtszeit seines Vorgängers Manfred Sailer, schuldenfrei ist. Das liege einerseits an einer sorgfältigen Haushaltsführung, er führt das aber auch auf die gute kommunale Selbstverwaltung im Land zurück. Die gelte es "mit Zähnen und Klauen" zu verteidigen.

Eine ausgestreckte Hand

Es folgten die umgekehrten Dankesworte Mosers an die Engener Bürger, sowie an die Funktionäre in sämtlichen Organisationen, von Vereinen und dem Ehrenamt, über Stadtverwaltung und -rat bis zum Landkreis und darüber hinaus. Den Unternehmen dankte er für eine Rekordgewerbesteuer von weit über acht Millionen Euro als "Abschiedsgeschenk" in diesem Jahr.

Weiterhin sei es ihm ein Bedürfnis, allen BürgerInnen die Hand zu reichen, denen er Unrecht getan habe. Er bat um Entschuldigung, denn es sei nicht leicht, an vorderster Front zu stehen. Dennoch sei es ihm stets eine Ehre, den Menschen und der Stadt zu dienen.
Einen besonderen Dank richtete er an seine Familie, speziell an seine Frau und seine Kinder. Ohne deren Verständnis hätte er seine Aufgaben nicht erfüllen können. Dafür versprach er: Künftig stehen sie an erster Stelle.

Wie er ihnen beim Altstadtfest versprochen hatte, "herzte" Johannes Moser die Trachtendamen allesamt, nachdem er die Bühne verlassen hatte.   | Foto: Anja Kurz
  • Wie er ihnen beim Altstadtfest versprochen hatte, "herzte" Johannes Moser die Trachtendamen allesamt, nachdem er die Bühne verlassen hatte.
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Autor:

Anja Kurz aus Engen

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