Waldbegehung im Oberhölzle
"Wir müssen der Krise mit einer großen Artenvielfalt entgegentreten"

Während der Waldbegehung zeigte Revierförster Thomas Hertrich der Gruppe das Indische Springkraut, dass sich als invasive Art in den deutschen Wäldern stetig ausbreitet. | Foto: Anja Kurz
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Engen. Ein "Frauenschuh", die Spuren von "Forstmeister Sturm" und die inoffizielle "Moser-Sitzgruppe": All das gab es bei der Waldbegehung mit dem Gemeinderat am Donnerstag, 28. September zu sehen. Eingeladen hatte Bürgermeister Johannes Moser, um vor Ende seiner Amtszeit noch einen letzten Ausflug in einen Teil des Stadtwaldes zu machen.

Ziel war der Wald "Oberhölzle", der westlich von Engen zwischen Watterdingen und Zimmerholz liegt. Bevor es ins Detail ging, gab es von Kreisförster Walter Jäger einen Überblick. Der Engener Stadtwald gehöre mit aktuell 1.068 Hektar zu den größten im Landkreis, nach Radolfzell und Tengen. Aktuell seien Zuwachs und Nutzung des Holzes mit rund 90.000 Festmetern pro Jahrzehnt etwa im Gleichgewicht. Walter Jäger wies zudem auf die neue Zehn-Jahresplanung hin. Die wird ab 2025 gelten und beinhaltet vom Gemeinderat festgelegte Ziele, mit Rücksicht auf Faktoren wie Wirtschaftlichkeit und Naturschutz.

Arbeitsmittel der Förster "damals"...
In der Bildmitte: Thomas Hertrich, rechts Markus König | Foto: Anja Kurz
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.... und die Arbeitsmittel heute. | Foto: Anja Kurz
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Engen ist laut Jäger die einzige Stelle im Landkreis, die selbst Förster ausbildet. Sehr zur Freude des Engener Waldrevierleiters, Thomas Hertrich, denn so rücken im Team des Forstamts gerade drei Auszubildende nach, Sebastian Hengstler hat dort jüngst seinen Abschluss gemacht. Der Auszubildende Etienne Kinninger erklärte am ersten Abschnitt der Begehung, warum dort bewusst noch die 140 Jahre alten und faulen Fichten stehen. Grund ist die wildwachsende Orchideensorte "Frauenschuh", die zum Beispiel wegen zu intensiver Forstwirtschaft bedroht ist.

Die Fichten bieten ihr Halbschatten und so eine Voraussetzung zum Wachstum. Trotz der langfristig geringen Chance der Nadelbäume, hier im Wald zu überleben, werden sie weiterhin gepflanzt, in der Hoffnung den Frauenschuh zu halten. Kinninger hob hervor, dass auch der Schutz der umgebenden Arten und damit der Erhalt des vorhandenen Waldbiotops eine Aufgabe der Forstwirtschaft ist.

Wald der Gemeinderäte

Der nächste Zwischenstopp war für einige Gemeinderäte altbekannt: Im Jahr 2014 pflanzten dort der Gemeinderat und Johannes Moser ungefähr 50 Weißtannen. Einen Tag später kamen durch die Werkrealschule Engen nochmals 1950 Bäume dazu. Bis Juni wurden sie noch von alten Fichten mit Halbschatten versorgt. Dann wurden diese jedoch bei dem Sturm umgeknickt. Da die Tannen als nächste "Waldgeneration" in diesem Fall schon stehen, sind glücklicherweise keine weiteren Maßnahmen nötig. Da durch den Sturm auch der Zaun beschädigt wurde, könnten noch ein paar der Bäume durch Rehe beschädigt werden.

Gegenüber befindet sich eine Art Experimentierwiese, bei der allerdings gezielt vorgegangen wird. Hier wurden Bäume gepflanzt, die bislang eher in der Türkei oder Süditalien vorkommen, beispielsweise die Schwarzkiefer und die Libanonzeder. Alle kommen gut mit Trockenheit zurecht, sollten aber auch Frost tolerieren können. "Wir sind aktuell in einer starken Umbruchphase und wissen nicht, wo es lang geht", sagte dazu Jäger. Wenn die Menschen nicht mitwirken, sei mit einer Klimazonenverschiebung von rund 500 Kilometern zu rechnen. Weil die Forstwirtschaft sich über Jahrzehnte hinweg ausrichten muss, sei es schwer, auf Veränderungen zu reagieren. "Wir müssen der Krise mit einer großen Artenvielfalt entgegentreten", so Walter Jäger.

Thomas Hertrich vor der durch den Sturm im Juni zerstörten Fläche. | Foto: Anja Kurz
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Nach einem kleinen Fußweg querfeldein zeigte sich, welche Spuren "Forstmeister Sturm" im Juni noch im Wald hinterlassen hat. In erster Linie wurden dabei Fichten zerstört, die kurz vor der Erntereife standen. Danach standen die Forstwirte vor der Entscheidung, die langwierige und gefährliche Räumung selbst zu machen oder ein externes Unternehmen zu beauftragen. Letztlich wurde ein Unternehmen beschäftigt, das das Sturmholz herausgenommen hatte, dabei allerdings auch die bereits gepflanzte neue Generation zu einem großen Teil zerstörte.

An der neuen Sitzgruppe (von links): Markus König, Etienne Kinninger, Sebastian Hengstler, Thomas Hertrich, Bernd Wiggenhauser, Jacob Wittkowski (alle Forstamt Engen) und Bürgermeister Johannes Moser. | Foto: Anja Kurz
  • An der neuen Sitzgruppe (von links): Markus König, Etienne Kinninger, Sebastian Hengstler, Thomas Hertrich, Bernd Wiggenhauser, Jacob Wittkowski (alle Forstamt Engen) und Bürgermeister Johannes Moser.
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Zuletzt wurde das Auszubildenden-Projekt vorgestellt, das den "Bau von Erholungseinrichtungen" vorsieht. Die neu angebrachte Sitzgruppe wurde von Etienne Kinninger, Jakob Wittkowski und Sebastian Hengstler gebaut und ist inoffiziell dem scheidenden Bürgermeister Johannes Moser gewidmet. Damit wolle sich der Forstbetrieb laut Thomas Hertrich bei dem Rathauschef bedanken, der die Ausbildung in Engen mit ermöglichte. Moser findet die Sitzgruppe und ihre Platzierung "sehr gelungen". Er komme hier regelmäßig mit dem Rad vorbei und die Sitzgruppe erfreue sich bereits hoher Beliebtheit.

Etienne Kinninger stellte bei der Sitzgruppe seine selbst geschnitzte Figur vor: "Eigentlich sollte das ein Milan sein. Jetzt haben wir uns darauf geeinigt: Das ist einfach ein Vogel." | Foto: Anja Kurz
  • Etienne Kinninger stellte bei der Sitzgruppe seine selbst geschnitzte Figur vor: "Eigentlich sollte das ein Milan sein. Jetzt haben wir uns darauf geeinigt: Das ist einfach ein Vogel."
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Autor:

Anja Kurz aus Engen

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