Harter Schnitt des Gesundheitsverbunds
Radolfzeller Krankenhaus soll auf 30. Juni Betrieb einstellen

Aus und Schluss für das Radolfzeller Krankenhaus: der Aufsichtsrat des Gesundheitsverbund des Landkreis Konstanz hat nur die Schließung auf den 30. Juni diesen Jahres beschlossen. Hohe Verluste durch Personalmangel, bauliche Mängel und auch ein riesiger Sanierungsstau hätten zu diesem drastischen Schritt gezwungen. | Foto: Archiv/ SWB
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  • Aus und Schluss für das Radolfzeller Krankenhaus: der Aufsichtsrat des Gesundheitsverbund des Landkreis Konstanz hat nur die Schließung auf den 30. Juni diesen Jahres beschlossen. Hohe Verluste durch Personalmangel, bauliche Mängel und auch ein riesiger Sanierungsstau hätten zu diesem drastischen Schritt gezwungen.
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Kreis Konstanz/ Radolfzell. Die Geschichte des Radolfzeller Krankenhauses soll zum 30. Juni dieses Jahres enden. Darüber informierten in einem Pressegespräch am Freitagnachmittag Landrat Zeno Danner und Verbunds-Geschäftsleiter Bernd Sieber im Konstanzer Landratsamt. Am Donnerstagnachmittag hatte der Aufsichtsrat des Gesundheitsverbunds diesen Entschluss gefasst, am Abend wurden die regionalen Politiker und Kreistagsmitglieder informiert, am Freitagmorgen im Rahmen einer Mitarbeiterversammlung über die anstehende Schließung informiert. Der Beschluss im Aufsichtsrat sei nach einer längeren Diskussion ohne Gegenstimme gefasst worden, sagte Landrat Zeno Danner in der Medienkonferenz. Danner hatte den Beschluss bereits in der nicht-öffentlichen Sitzung des Radolfzeller Gemeinderats angekündigt.

Gründe für diese Vorzeitigkeit der Schließung des Radolfzeller Krankenhauses gibt es aus Sicht der GLKN-Leitung eine ganze Reihe. Einer sei der Personalmangel, der aktuell nur noch den Betrieb mit 74 der eigentlich 154 Betten dort möglich gemacht habe. Des Weiteren ist der Sanierungsstau erdrückend, vor allem in den Bereichen Elektrik, Bau und Brandschutz. Er wird mit rund 92,5 Millionen Euro beziffert und dieser Stau sei eigentlich schon in den Fusionsverhandlungen zum Gesundheitsverbund im Jahr 2011 ausgesprochen. Geschehen sei in der Zeit seitdem aber so gut wie nichts. Betroffen sind nach Angaben von Klinik-Geschäftsführer aktuell 206 Mitarbeitende, darunter 22 Ärzte und 88 Pflegekräfte. Ihnen allen sei ein Angebot auf Weiterbeschäftigung im Gesundheitsverbund gemacht worden. Der 30. Juni ist dabei ein Stichtag, vermutlich werden die Bereiche der Klinik sozusagen fließend umgesiedelt und laufen vielleicht auch schon früher aus.

Der Klinikverbund erhofft sich durch diese Schließung Einsparungen von rund 4,5 Millionen Euro.
In Konstanz gibt es derzeit 70 unbesetzte Stellen, beim Hegau-Bodensee-Klinikums (Singen und Radolfzell) gebe es aktuell 56 offenen Stellen, so Bernd Sieber auf Nachfrage. Die Mitarbeitenden hätten auch schon gewissermaßen mit den Füßen abgestimmt: 73 Weggänge von Mitarbeitenden habe man seit Anfang letzten Jahres verzeichnet. 20 Zugänge waren es seither. Auch das war, neben dem Krankenstand, einer der Gründe, dass nur gut die Hälfte der Betten belegt werden konnten.

Der Bereich Geriatrie mit 30 Betten unter der Leitung von Dr. Gowin, der für Radolfzell ein Alleinstellungsmerkmal darstellte, soll nach den jetzigen Plänen ins Konstanzer Klinikum umziehen. Das Fußzentrum (Diabetologie) mit 40 Betten soll nach Singen wechseln. Durch den Personalmangel auch an diesen Kliniken können die in Radolfzell frei werdenden Arbeitskräfte rechnerisch spielend aufgenommen werden, wodurch auch insgesamt mehr Betten betreut werden können.

Gröger: wichtiger Teil von Radolfzell geht verloren

„Der Wegfall des Radolfzeller Krankenhauses schwächt die medizinische Grundversorgung vor Ort empfindlich. Ich bin bestürzt, dass eine Schließung nicht abgewendet werden konnte. Das Krankenhaus hat mit seiner über 100-jährigen Geschichte ganze Generationen von Bürgerinnen und Bürgern begleitet. Mit der Schließung des Hauses geht ein wichtiger Teil von Radolfzell verloren.“

Was die gesundheitliche Versorgung in Radolfzell betrifft, so hatte der Gemeinderat in Radolfzell schon vor der jetzt erfolgten Ankündigung klar ein medizinisches Versorgungszentrum gefordert.  Dafür will sich der Gesundheitsverbund auch jetzt zeitnah einsetzen, kündigte Verwaltungsleiter Bernd Sieber an. Offen ist freilich, wo ein solche MVZ platziert werden konnte. Es gibt aktuell auf dem Bedarfsplan der Kassenärztlichen Vereinigung zwei freie Hausarzt-Lizenzen, im Fachbereich aber keine. Offen ist auch, was mit den zwei im Krankenhaus angesiedelten Arztpraxen passiert, die dann in einem geschlossenen Haus residieren. Auch sie wurden erst am Freitagmorgen über den Schritt des GLKN informiert, hieß es auf der Medienkonferenz am Freitagnachmittag.

"Bis zum Neubau eines zentralen Klinikums muss die örtliche medizinische Grundversorgung für die Bürgerinnen und Bürger in Radolfzell gesichert sein", unterstreicht Gröger in der am Freitagabend publizierten Medienmitteilung.  "Der GLKN und die Beteiligten auf Kreisebene sind nun in der Pflicht, ein alternatives Versorgungsangebot in Radolfzell zu definieren. Ein Wegfall des Krankenhauses darf nicht ersatzlos bleiben."
Als Zwischenlösung befürworten Bürgermeisterin Monika Laule, der Gemeinderat und er selbst die Einrichtung eines Medizinischen Versorgungszentrums mit chirurgischer Notfallversorgung und Nachsorge-Versorgung (MVZ) in Radolfzell bis zum Neubau einer Klinik.

"In dieser schwierigen Situation fühle ich mich mit der gesamten Belegschaft des Radolfzeller Krankenhauses verbunden, die über Jahrzehnte großartige Arbeit geleistet und sich in den vergangenen Monaten stark für den Erhalt des Krankenhauses eingesetzt hat. Ihr möchte ich meinen großen Respekt aussprechen", betont Gröger in seinem Statement.

Kompliziert sind auch die Grundstücksverhältnisse. Besitzer ist die Spitalstiftung Radolfzell, mit der die gemeinnützige Fördergesellschaft Hegau-Bodensee-Klinikum einen Erbpachtvertrag bei der Fusion im Dezember 2012 abgeschlossen hatte. Von der hat der Gesundheitsverbund wiederum die Klinik gemietet.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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