Hermann Kratt über den Corona-Schock von 2020
Der Tag an dem plötzlich nichts mehr gehen sollte

Hermann Kratt (links) war immer auch Vordenker für den Handelsstandort Radolfzell.  | Foto: Archiv
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  • Hermann Kratt (links) war immer auch Vordenker für den Handelsstandort Radolfzell.
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Viele haben das Thema Corona längst schon wieder verdrängt, für den Radolfzeller Kaufmann Hermann Kratt waren die Tage und Wochen der Lockdowns ab dem März 2020 eine so einschneidende Erfahrung, dass die ganz oben auf seiner Liste der großen Ereignisse in einem doch auch sehr ereignisreichen Leben stehen. Damals im März ging da alles sehr schnell, an einem Dienstag ausgesprochen mussten die Geschäfte am Mittwoch schon geschlossen bleiben.

„Das gab es in meinem ganzen Arbeitsleben noch nie und es hat mich physisch unglaublich getroffen, auf einmal Kurzarbeit anmelden zu müssen und den Laden voller Ware fürs Frühjahr zu haben – ohne zu wissen, wie das weiter geht“, blickt Hermann Kratt auf diese Zeit zurück. „Manche haben damals gewitzelt, dass ich mich da hätte wunderbar erholen könne, aber ich habe nie mehr gearbeitet als in dieser Zeit, schon weil jeder Tag, jede Woche zur neuen Herausforderung wurde.“

Da gab es Treffen mit Kunden auf Parkplätzen, wo Ware gegen Geld getauscht wurde, das war schon ein sehr sonderbares Gefühl für den Kaufmann, der sonst so viel Wert darauflegte, die Kunden herzlich in seinem Geschäft zu begrüßen und mit den Mitarbeitern Fachkompetenz zu vermitteln.

Dann kam eine sonderbare Phase, in der Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von über 800 Quadratmetern geschlossen bleiben mussten, was beim Kaufhaus Kratt der Fall war. „Das Kuriose daran war, dass das Seemaxx ja viel größer war, aber aus vielen einzelnen Shops bestand, aber dann öffnen durfte und ich nicht. Das bedeutete, mit meinem Problem bei den Handelsverbänden wie auch in der Politik vorstellig werden zu müssen, um auf diesen Irrsinn hinzuweisen, der unser Geschäft mehr in Gefahr brachte, als das eigentliche Virus.“

Dem folgten dann Zeiten, in denen plötzlich Click & Collect angesagt wurde, und die Kunden bestellte Waren in der Garage abholen sollten, wo sie doch lieber in den Laden wollten, um sich da einfach etwas auszusuchen, was ihnen ins Auge springt. „Das war auch für unsere Mitarbeiter richtig heftig, denn die wussten damals ja auch nicht, wie es mit ihnen weitergehen soll.“ Da ist Hermann Kratt dann wieder stolz, dass es doch gelungen ist, alle zu halten, bis auf zwei, die sich aber von sich aus für einen anderen Beruf entschieden hatten

„Dann kam ja schließlich auch noch eine Zeit, in der wir zwar wieder öffnen durften, aber nur für geimpfte oder getestete Kunden. Können Sie sich vorstellen, was das für ein Gefühl war, da am Eingang des Geschäftes zu stehen und zu kontrollieren? Und sie wieder wegzuschicken, wenn sie nicht geimpft waren“, sagt er wieder mit ernster Miene. Dazu kam der Kampf um Desinfektionsmittel, um Tests, um Masken, um Scheiben für die Kassen als Infektionsschutz in einem quasi von einem auf den anderen Tag leergefegten Markt. „Wir waren ein tolles Team, alle zusammen“, ist die andere Seite der Erinnerung von Hermann Kratt.
Bleibt die Frage: Was hätte er anders gemacht, wenn er damals die Entscheidung hätte treffen müssen? „Die Politik war damals natürlich überfordert, weil sie so etwas einfach nicht kannte. Wahrscheinlich hätte ich manches nicht so hart umgesetzt, weil sich im Nachhinein bei vielen Maßnahmen herausgestellt hat, dass die eigentlich kontraproduktiv waren.“

Portrait:

Name: Hermann Kratt

Alter: 66 Jahre

Beruf: Einzelhändler und Kaufhausbesitzer

Wohnort: Radolfzell

Mich verbindet mit der Region: Immer auf die Kundenwünsche reagieren zu können, ist uns einfach in den 104 Jahren immer wieder gelungen.

Der Ort:

Das Kaufhaus Kratt ist in der Region ein Alleinstellungsmerkmal als familiengeführtes Kaufhaus mit einem überraschen breitem und guten Sortiment für die Kunden. | Foto: Oliver Fiedler
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Hermann Kratt (links) war immer auch Vordenker für den Handelsstandort Radolfzell.  | Foto: Archiv
Das Kaufhaus Kratt ist in der Region ein Alleinstellungsmerkmal als familiengeführtes Kaufhaus mit einem überraschen breitem und guten Sortiment für die Kunden. | Foto: Oliver Fiedler
Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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