Wie die Narrizella zum Domizil kam
„Man sollte dieses Türschloss niemals abschließen“

Martin Schäuble, Präsident der Narrizella Ratoldi | Foto: Dominique Hahn/Archiv swb
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Die Zeller Fasnet hat mittlerweile seit über 170 Jahren einen hohen Stellenwert in der Bodensee-Region. Doch wer die Stadt närrisch auch gut regieren will, braucht auch ein stattliches Quartier. Demnach war der Kauf des Kochhauses in der Kaufhausstraße 3 auch für den heutigen Narrizella-Präsidenten Martin Schäuble ein prägender Moment für das Radolfzeller Stadtgeschehen und die Fastnacht selbst.

„Dieser Moment hat im Nachhinein vor allem sehr viel bewirkt und wurde von der Bevölkerung sehr positiv aufgenommen“, sagt er. Man habe hiermit etwas geschaffen, was das Ganze auch insofern nachhaltig prägt, dass sich die Narrizella auch nach 20 Jahren noch immer sehr stark für dieses Haus engagiere. „Es ist und bleibt ein großer Gewinn für alle“, so Schäuble.
Dabei war der Weg dahin für alle „wie eine kleine Odyssee“, wie der Narrizella-Präsident verrät. „Wir wussten als Narrizella, dass wir eine Heimat brauchen, da wir uns damals im Verein ausschließlich in Gaststätten getroffen haben.“ Bereits Schäubles Vorgänger Lothar Rapp sowie Horst Zimmer hatten sich sehr stark dafür eingesetzt, dass die Narren nun endlich eine Heimat bekommen sollten. „Uns wurden zu Beginn Gebäude wie der Himmelreichsaal in der Löwengasse sowie die alte Schützentorschule vorgeschlagen.“ Schlussendlich kam Rainer Alferi auf die Narrizella zu und bot ihnen das alte Kochhaus in der Kaufhausstraße 3 an.
„Das Gebäude war allerdings in einem furchtbaren, baulichen Zustand, sodass bei uns Zweifel aufkamen, ob wir das überhaupt bewältigen können“, erinnert sich Schäuble. Neben dem baulichen Zustand erwies sich die Finanzierung als weitere, große Herausforderung. „Von Vereinsseite war zunächst der Gedanke da, dass die Stadt das Gebäude kauft und dies dann der Narrizella als Erbpacht weitergibt, sodass wir dann schließlich nur noch den Umbau hätten stemmen müssen.“

Doch der damalige OB Jürgen Schmidt war gegen diese Maßnahme, da mit der neuen Halle für die Teggingerschule andere Dinge für die Stadt wichtiger waren in diesem Moment. „Es war politisch einfach nicht durchzusetzen“, so Schäuble. Durch das Engagement von Christoph Stadler hatte man dann ein Sanierungsgebiet Stadtmitte umgesetzt, zu welchem neben dem Rathaus und dem Stadtmuseum auch das Gebäude in der Kaufhausstraße 3 gehörte. Nur dadurch war eine Finanzierung des heutigen Zunfthauses, welches nach langer Sanierungs- und Umbauzeit im Jahr 2009 eröffnet wurde, überhaupt möglich.
Auch heutzutage gehört das Zunfthaus laut Schäuble mit seinem Charme fest zum Stadtbild Radolfzells dazu, so war von Anfang an klar, dass die Radolfzeller dieses Projekt auch unterstützen. „Die Bürgerinnen und Bürger sehen es schon ein bisschen als ihr kleines Wohnzimmer an und viele können sich auch damit identifizieren, da das Haus, so wie es sich jetzt auch noch darstellt, sehr viel mit Alt-Radolfzell zu tun hat.“
Zudem werde es nicht kommerziell genutzt, sondern es finden Veranstaltungen für alle Radolfzeller Vereine und Institutionen statt. „Eigentlich sollte man dieses Türschloss niemals abschließen, sondern es jeglicher Nutzung zuführen“, gesteht Martin Schäuble. „Dieses Zunfthaus ist offen für alle. Jeder Radolfzeller kann sich im Zunfthaus durch diese Offenheit wiederfinden.“ Damals hatte man als Narrizella auch den Gedanken, sich nicht nur zur Fasnacht zu präsentieren, sondern das ganze Jahr über zum Anfassen sein. „Hierfür tut das Haus sein Übriges dazu.“

Portrait

Name: Martin Schäuble

Alter: 57

Wohnort: Radolfzell

Beruf: Gas-/Wasserinstallations- und Klempnermeister

Was verbinde ich mit der Region: Zum einen unser Geschäft, welches schon in der fünften Generation existiert und mich daher stark mit der Stadt Radolfzell verwurzelt. Zudem waren meine Großeltern sehr aktiv im Vereinsleben, womit es für mich ein Selbstverständnis ist, sich aktiv am gesellschaftlichen Leben in Radolfzell zu engagieren. Meine großen Lieben sind die Musik und die Fasnacht und darüber hinaus das Ehrenamt geknüpft mit meinem Beruf. Zudem hat Radolfzell eine überschaubare Größe, man ist noch stark miteinander, mit verschiedenen Familien verbunden dadurch und kommt durch die Größe der Stadt nicht so stark in die Anonymität hinein.

Was treibt mich an:
Die Tatsache, dass man hier durch die Größe der Stadt auch das ein oder andere verändern kann. Vor allem in den Vereinen kann man hier viel bewirken, um das Gemeinschaftsleben voranzutreiben.

Der Ort:

Foto: Narrizella Ratoldi

Werner Messmer (Ehrenpräsident), Martin Schäuble (Präsident) und der Notar Georg Ludwig nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags des Kochhauses in der Kaufhausstraße.

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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