Apothekenstreiktag am 22. November
Schon wieder! Proteste in den Deutschen Apotheken

Stéphanie Haas-Komp, Inhaberin der Viola-Apotheke in Volkertshausen, unterstützte den ersten Protesttag der Apotheken am 14. Juni, indem sie die Türen verschlossen ließ. | Foto: Tobias Lange
  • Stéphanie Haas-Komp, Inhaberin der Viola-Apotheke in Volkertshausen, unterstützte den ersten Protesttag der Apotheken am 14. Juni, indem sie die Türen verschlossen ließ.
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Landkreis Konstanz/Baden-Württemberg. Im ganzen November schließen bundesweit Apotheken an mehreren Tagen Ihre Türen und treffen sich zu großen landesweiten Protestkundgebungen. Die Apotheken in Bayern und Baden-Württemberg und somit auch die Meisten in der Region werden am Mittwoch, 22. November ganztägig geschlossen bleiben, um mit ihren Teams in Stuttgart gegen die aus ihrer Sicht völlig verfehlte Politik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu demonstrieren.

Bereits im Juni hatten in ganz Deutschland über 90 Prozent der Apotheken geschlossen und damit öffentlichkeitswirksam für den Erhalt der Vor-Ort-Apotheken protestiert. Die Antworten der Politiker, insbesondere des Gesundheitsministers Karl Lauterbach, waren absolut ungenügend. Auch eine Einladung zum Gespräch beim Apothekertag in Düsseldorf wurde vom Gesundheitsminister nicht wahrgenommen. Eine solche Brüskierung dieses Berufsstandes ist beispiellos in der Geschichte des Landes. In einer Videoansprache präsentierte der Gesundheitsminister weitere Vorschläge, die das genaue Gegenteil einer Stabilisierung bewirken, wenn man diese fachlich prüft. Das von ihm im Juni eingebrachte Apotheken-Stärkungsgesetz erweist sich als völlig wirkungslos.
Das Land läuft jetzt schon wieder in einen Arzneimittelnotstand und Lauterbach behauptet einfach das Gegenteil. Wie kein anderer verkennt er die Lage völlig und brüskiert nahezu alle Berufsgruppen in der Gesundheitsversorgung. Auch verschiedene Ärztegruppen schlagen jetzt schon Alarm.

Gemeinsamer Beschluss zum Protesttag

Bei einer Versammlung am vergangenen Montag in Radolfzell, traf sich nun die Apothekerschaft aus der Region Konstanz, Hegau und Überlingen, um ein gemeinsames Vorgehen abzustimmen und den Protest zu koordinieren. Es wurde beschlossen, gemeinsame Flyer und Plakate zur Information der Bevölkerung und der Ärzteschaft zu produzieren, gemeinsam über die Presse zu informieren, Anzeigen zu schalten und auch ein Bustransfer nach Stuttgart zur großen Demonstration auf dem Schloßplatz ist angedacht, zu der über 5000 Menschen erwartet werden. Es ist wichtig zu betonen, dass sich dieser Streik nicht gegen die Apothekenkundinnen und Apothekenkunden, sondern einzig und allein gegen die derzeitige Politik aus dem Hause Lauterbach richtet.

Selbstverständlich wird die Versorgung der Bevölkerung über die Notdienstapotheken aufrechterhalten, über die mit einem gemeinsamen Flyer und über die Presse informiert wird, sodass eine reibungslose Versorgung der Notfälle in jedem Fall gewährleistet ist.

Aber worum geht es also in dieser Diskussion?

Seit 2013 haben die Apotheken keine maßgebliche Erhöhung ihrer Vergütung erhalten und der Mangel an Mitarbeitenden in der Apotheke liegt nicht zuletzt an der geringen Vergütung. Auch der überbordende Bürokratismus, der den Apotheken von der Politik und den Krankenkassen aufgedrückt wird, lenkt von den eigentlichen Aufgaben in der Versorgung der Menschen ab und lähmt die Teams. Viele Investitionen waren zwischenzeitlich nötig, um zum Beispiel für die flächendeckende Einführung des elektronischen Rezeptes vorbereitet zu sein. Jedoch verkündet die Politik, eine Verbesserung des finanziellen Ausgleichs dafür sei weiterhin nicht vorgesehen. Mit Recht steht auch für die Angestellten der Apotheken eine Lohnerhöhung oder zumindest ein Inflationsausgleich für die kommenden Jahre an. Die Gewerkschaften haben den Tarifvertrag bereits gekündigt und fordern mindestens 10,5 Prozent Lohnerhöhung für 2024.

Die daraus resultierende, finanzielle Belastung, wird für nicht wenige Apotheken das Aus bedeuten, da oft keinerlei finanzielle Ressourcen mehr in den Betrieben vorhanden sind. Für das Jahr 2023 rechnen Fachleute bereits mit weiteren 600 Apothekenschließungen in Deutschland, obwohl wir bereits eine der niedrigsten Apothekendichten in Europa aufweisen. Die von Karl Lauterbach vorgebrachten "Verbesserungsvorschläge", die eine Art "Apotheke light" ermöglichen sollen, also eine Apotheke ohne Apotheker, Labor und Notdienst, sind Nebelkerzen und nicht durchführbar. In der Region werden diese Vorschläge sicher nicht zu neuen Standorten, beziehungsweise dem Erhalt der alten Standorte sorgen, wie von Lauterbach in Aussicht gestellt.

Ideen, die keine Lösung bringen

Schon heute gibt es für die jetzt bestehenden Apotheken viel zu wenig Berufsnachwuchs. Außerdem wird kein Apotheker auf dem Land eine Filiale gründen, die weitere Kosten erzeugt und wenig Frequenz hat. Vielmehr werden in den Ballungszentren, wie zum Beispiel in gut frequentierten Bahnhöfen oder Innenstadtlagen, solche Pseudo-Apotheken entstehen; denn nur dort könnten sich die finanziellen Aufwendungen überhaupt rechnen. Gleichzeitig ist es eine Benachteiligung der ländlichen Bevölkerung, ihnen die qualitativ fundierte Expertise der Apothekerinnen und Apotheker in den Landapotheken vorenthalten zu wollen. Auch die Diskussion, ob durch verschiedene Dienstleistungen (wie gerade neu formuliert, Cholesterinmessungen, standardisierte Blutdruckmessungen oder aufwändige Medikationsanalysen) Gelder für die Apotheken frei werden können, sind wirtschaftliche Fallen und keine Hilfen. Oft ist der zeitliche Aufwand höher, als die Vergütung und das Apothekenpersonal kann diese zusätzlichen Aufgaben aufgrund des Fachkräftemangels derzeit gar nicht stemmen, da es mit den täglichen Aufgaben bereits völlig ausgelastet ist. Es entsteht der Verdacht, dass Lauterbach, mit diesen abstrusen Ideen, Keile zwischen die Heilberufe treiben will, indem er jeweils in die Kompetenzen eines anderen Berufsstands eingreift und diesen damit gegen den jeweils anderen aufbringen möchte.

Bleibt zu hoffen, dass die Gesundheit der Bevölkerung nun endlich von Bundeskanzler Olaf Scholz zur Chefsache erklärt wird, wie es erst kürzlich von den Vertretern der Apothekerschaft, Ärzteschaft und Zahnärzteschaft in einer gemeinsamen Presseerklärung gefordert wurde und er die hilflosen Bemühungen aus dem Gesundheitsministerium schnellstens in konstruktive und wirkungsvolle Bahnen lenkt. Dafür kämpfen die Apotheken jedenfalls!

Quelle: Michael Dohm (Scheffel-Apotheke, Radolfzell), Stéphanie Haas-Komp (Viola-Apotheke, Volkertshausen) und Ariel Wagner (See-Apotheke, Bodman-Ludwigshafen)

Autor:

Presseinfo aus Singen

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