Sprechstunde: Gesundheitssystem
"Von unserer Seite spricht vieles für die HZV"

Das Pressegespräch der AOK Hochrhein-Bodensee zum 15. Jubiläum der HZV wurde hybrid veranstaltet. Im Bild von links: Dr. Jürgen Muthmann (Hausarzt in Schliengen), Cordelia Steffek (Moderation), Carlo Wolf (stellvertretender Geschäftsführer AOK) und Hansjörg Imhof (Leiter Gesundheitspartnerberatung AOK) | Foto: Anja Kurz
  • Das Pressegespräch der AOK Hochrhein-Bodensee zum 15. Jubiläum der HZV wurde hybrid veranstaltet. Im Bild von links: Dr. Jürgen Muthmann (Hausarzt in Schliengen), Cordelia Steffek (Moderation), Carlo Wolf (stellvertretender Geschäftsführer AOK) und Hansjörg Imhof (Leiter Gesundheitspartnerberatung AOK)
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Landkreis Konstanz. Egal ob Krankenhaus, Apotheke oder Hausärzteschaft: Das deutsche Gesundheitssystem und seine Sparten schaffen es immer wieder in die Schlagzeilen und Nachrichten. Der Ton ist meist kritisch. Doch die Hausarzt-zentrierte Versorgung (HZV) erweist sich als Erfolgsrezept.

Dabei steht, wie der Name sagt, der Hausarzt im Zentrum. Entschließt sich ein Patient, an dem Modell teilzunehmen, ist fortan der Hausarzt immer der erste Ansprechpartner im Krankheitsfall. Bei Notfällen und anderen Ausnahmesituationen gilt dies nicht zwingend. Der Hausarzt überweist dann den Patienten oder die Patientin an die richtige Stelle. Daraus folgen insgesamt weniger Facharztbesuche und diese auch weniger "unkoordiniert". Das heißt, der Patient entschließt sich nicht eigenständig dazu. Auch unnötige Krankenhausaufenthalte würden dadurch reduziert. Insgesamt könnten so die Kosten im Gesundheitssystem reduziert werden.

Vorteile für beide Seiten

Im Gegenzug soll der Patient auch eine bessere Versorgung bekommen. So nehmen beispielsweise die Hausärzte über die HZV regelmäßig an Schulungen teil und bleiben so auf dem neusten Stand. Weil der Hausarzt mit den Indikationen und Vorerkrankungen des Patienten vertraut ist, kann dieser zudem im Falle einer Überweisung zum Beispiel wichtige Informationen mitteilen. Das senkt die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen, zum Beispiel bei Medikamentenunverträglichkeiten.
Auch für den Hausarzt ergeben sich Vorteile durch das Programm. So empfindet Dr. Christoph Graf, Hausarzt mit einer Einzelpraxis in Gottmadingen, die Abrechnung bei der HZV als deutlich schneller und weniger komplex. "Bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) ist das ein Buch mit sieben Siegeln", findet er und geht sogar davon aus, dass diese ihr System nicht einmal selbst versteht. Das System der HZV sollte daher durchschaubarer werden, erinnert sich Graf an die Zeit, als der Hausarztvertrag erstellt wurde. Verglichen mit den Schwankungen beim KV-System, bieten die HZV-Pauschalen den Praxen mehr Sicherheit. Gerade Hausarztpraxen müssen viele Leistungen vorhalten können – von der Blutabnahme bis zum EKG -, die sich dort bei einer Einzelvergütung lange nicht rechnen. Bei einer Basisvergütung in Form einer Pauschale könnten diese Kosten aufgefangen werden. Während jede Krankenkasse die HZV anbiete, gebe es laut Christoph Graf mit der AOK nur eine, die die HZV "lebt". Statt Einzelleistungen aus der Pauschale auszugliedern, würde dort ein höheres Leistungsangebot ausgeglichen, indem der Sockelbetrag erhöht werde. Bei der AOK gebe es nur wenig separate Einzelleistungen, "die in meinen Augen sinnvoll sind, zum Beispiel bei der Palliativmedizin."
"Von unserer Seite spricht vieles für die HZV", so Graf, Nachteile sieht er darin keine.

Ein Rückblick zum 15. Geburtstag

Bereits 15 Jahre Hausarzt-zentrierte Versorgung feiert die AOK Hochrhein-Bodensee 2023. Zu diesem Anlass wurde am Montag ein hybrides Pressegespräch geführt, bei dem der aktuelle Stand des Modells reflektiert wurde.
Den Auftakt machte der stellvertretende Geschäftsführer der AOK Hochrhein-Bodensee, Carlo Wolf. Der Wandel im Gesundheitsbereich mache auch den Krankenkassen Sorgen, etwa dass in den kommenden Jahren schätzungsweise ein Drittel der Hausärzte in Rente gehen werden. Bei der Diskussion zu einer Lösung dieser Probleme lande man schnell bei der HZV und den zugehörigen Fach- und Hausarztverträgen. Diese sogenannten "Selektivverträge" gelten jeweils nur für einen medizinischen Fachbereich und werden durch die AOK jeweils mit Vertretern dieser Bereiche erstellt und weiterentwickelt.
Dass die HZV in Vergleich zu Regelversorgung Vorteile bringt, ergab lauf Wolf auch eine Auswertung der Universitäten Frankfurt am Main und Heidelberg. So gebe es bei der HZV rund 27.000 weniger Krankenhausaufnahmen, sowie rund 1,9 Millionen weniger unkoordinierte Facharztbesuche. Eine explizite Betrachtung von chronisch Kranken am Beispiel Diabetes ergab zudem, dass hier durch die HZV weniger schwerwiegende Komplikationen auftraten. "Das bedeutet eine Erhaltung der Lebensqualität der Erkrankten", unterstreicht Wolf. Auch weiterhin werde man im Modell der HZV "Dinge neu denken und Möglichkeiten nutzen".

Teil dieser Runde am Montag war auch Dr. Christoph Graf, als ein Vertreter der Ärzteschaft im Landkreis Konstanz. Die Versorgung im Landkreis sei im Stadtbezirk Konstanz noch ausreichend. "In anderen Bezirken, wie Radolfzell oder Singen nicht, das heißt, dort könnte sich noch ein Hausarzt niederlassen." Dramatisch sei es wiederum in kleineren Orten, wie in Gailingen, wo es aktuell nur noch einen Allgemeinarzt gebe. Er empfindet es als wichtig, umzudenken und bezeichnet die HZV hier als wichtigen Weg.

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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