Kreisparteitag wählt den Wechsel
Fabio Crivellari wird neuer CDU-Kreisvorsitzender

Keine Stab-, sondern eine Tuchübergabe gab es beim Vorsitzwechsel des Kreisverbands Konstanz der CDU, denn Nachfolger Fabio Crivellari (links) ermöglicht es seinem Vorgänger Willi Streit, ausgiebig in der „Bora-Sauna" zu schwitzen. | Foto: swb-Bild: of
  • Keine Stab-, sondern eine Tuchübergabe gab es beim Vorsitzwechsel des Kreisverbands Konstanz der CDU, denn Nachfolger Fabio Crivellari (links) ermöglicht es seinem Vorgänger Willi Streit, ausgiebig in der „Bora-Sauna" zu schwitzen.
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Steißlingen. Mehrfach musste er verschoben werden, der 62. Kreisparteitag der CDU, der wegen der wichtigen Wahl in der Nachfolge des langjährigen Kreisvorsitzenden Willi Streit auch unbedingt in Präsenz abgehalten werden sollte. Und so konnte die Weichenstellung in Richtung Zukunft nun am Freitagabend gelingen: Die 108 an diesem Abend anwesenden stimmberechtigten Mitglieder wählten Dr. Fabio Crivellari (54) mit 90 Stimmen (bei 95 gültigen Stimmzetteln) als der Parteitag schon vier Stunden alt war. Diese Wahl und auch die der stellvertenden Vorsitzenden Levin Eisenmann (JU) (88 Stimmen), Dominique Emerich (MIT) (82 Stimmen) und Marianne Guthoff (FU/CDA), die Crivellari als Team sieht, stellt einen markanten Wechsel in der Leitung des Kreisverbands dar. Elf der 26 Vorstandsämter galt es an diesem Abend neu zu besetzen, weshalb sich auch die Wahlen hinzogen.
„Das letzte Jahr hat uns schmerzhafte Erfahrungen gebracht, die wir nicht übergehen können“, machte Crivellari in seiner Bewerbungsrede klar. „Die Schuld liegt bei uns selber“, fügte er an. Und: Die Union werden in keinem Thema mehr als Lösungsinstanz gesehen. Die CDU stelle auf der anderen Seite die meisten Gemeinderäte im Land und man sei eigentlich die politische Mitte, die nun wieder Vertrauen in sich selbst brauche. Der 54-Jährige ist an der Uni Konstanz unter anderem als Geschäftsführer der „Binational School of Education“ tätig, aktuell auch Stadtverbandsvorsitzender der CDU in Konstanz und war auch schon mal 2016 als Landtagskandidat angetreten, hatte aber klar gegen die Grünen-Kandidatin Nese Erikli verloren.
„Wir haben einen tollen Kreisvorstand verabschiedet, aber einen neuen gewählt. Die Partei wird nur vorwärtskommen, wenn wir alle mitmachen."
Crivellari kündigte eine Vernetzungs- und Inhaltsoffensive an, um damit auf die Menschen im Landkreis zuzugehen und um diese in ihren Lebenswelten abzuholen. Er brenne für die inhaltliche Arbeit, die nun anstehe, mit Wirtschaft und Sozialem im Fokus auf die in zwei Jahren anstehenden Kommunalwahlen.
Willi Streit freute sich besonders, hier den Mitgliedern ins Gesicht schauen zu können nach so langen Zeiten von Vorstandssitzungen über den Bildschirm. Streit sah die Landtagswahl mit einem historischen Tiefststand verbunden: „Von der CDU erhielten wir im Land keinen Rücken-, sondern eher Gegenwind, was einen historischen Tiefststand beim Stimmenanteil wie bei der Wahlbeteiligung bedeutet hat." Ein gemeinsamer Brief aus dem Kreisverband nach diesem desaströsen Wahlergebnis habe nach seinem Ermessen inzwischen aber Wirkung gezeigt. Das zeigt für ihn, dass der Vorschlag für Erst- und Zweitstimme bei der Landtagswahl aufgenommen worden sei. Man arbeite tatkräftig an der Erneuerung des Landesverbandes mit.
Schlimmer noch sei es bei der Bundestagswahl geworden. Die CDU erhielt ein katastrophales Wahlergebnis, was wiederum aus dem Kreisverband mit einem Papier beantwortet wurde, damit die CDU wieder eine Mitglieder- und Mitmachpartei werde. „Man hat die Basis zum Stimmvieh degradiert“, kritisierte Streit. Die bundesweite Kreisvorsitzendenkonferenz, die auch Streit eingefordert hatte, ist für Streit ein Zeichen, dass die Basis wieder mehr mitwirken könne und gefragt werde, zum Beispiel bei der Wahl des neuen Vorsitzenden. Den Bundestagsabgeordneten Andreas Jung, der immerhin den Wahlkreis seit 17 Jahren in Berlin vertritt und den Streit eigentlich am liebsten als Umweltminister gesehen hätte, hob Streit hervor. Andreas Jung, der im Januar zu einem der stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt wurde, prophezeite Streit noch eine große Zukunft. Und auch hier im Kreisverband habe man maßgebliche Talente, die die Zukunft der Partei erfolgreich gestalten können, unterstrich Streit in seiner Abschiedsrede, deren Schluss er dem Gedenken an die von Putins Kriegsmaschine heimgesuchten Ukrainer widmete.
MdB Andreas Jung hielt die Würdigung auf Willi Streit, der nicht nur Parteifreund, sondern Freund sei, und den ausgezeichnet habe, dass er sich für die Gesellschaft eingesetzt habe, um diese positiv gestalten zu können. Streit habe sich für vieles mit sehr viel ehrlichem Engagement eingesetzt, als Gemeinderat seit 1994, aber auch als Kreisvorsitzender der Verkehrswacht, der es schaffte, ein fahrdynamisches Zentrum für eine ganze Region hier umzusetzen.
Dankbar sei er ihm, dass er damals vor elf Jahren seine Nachfolge angetreten habe als er Bezirksvorsitzender wurde. Streit sei dabei einer der ganz wenigen, die nicht sonst Abgeordnete seien. „Wenn du mit dem Willy redest, dann gibt es eine Basis des Vertrauens“, so Andreas Jung. „Willi hat das Amt als Mitgliedersprecher übernommen“, war von Jung als wirklicher Dank gemeint, auch weil vieles davon auch „ungeschminkt“ gewesen sei und immer auf einem „Wertefundament“ Bestand gehabt habe. Dafür stehe auch, dass ein neues Grundsatzprogramm auch auf den Einwürfen aus diesem Kreisverband basiere, das am Donnerstagabend in Berlin auf den Weg gebracht wurde. Ein Beispiel war für Jung auch die Aktion „Wo drückt der Schuh“, bei der sich jährlich die Vertreter der Ortsvereine der Bevölkerung stellten.
Europaabgeordneter Dr. Andreas Schwab als Vorsitzender der CDU Südbaden würdigte, dass sich Streit für die Belange seines Kreisverbands immer sehr konstruktiv eingesetzt habe. Der Bezirksverband habe sehr schwierige Zeiten in finanzieller Hinsicht hinter sich, weshalb er auch Wolfgang Reuther herzlich dankte, der ihm als Schatzmeister für den Bezirk sehr ans Herz gewachsen sei.
„Corona ist vorbei, aber das größere Problem liegt nun vor uns. Die Welt ist seit dem Angriff auf die Ukraine eine andere geworden“, und das werde jeden Arbeitsplatz hier im Land betreffen, so Schwab in Anspielung auf Energiepreise und Lieferketten. „Auch in Europa wird sich vieles grundlegend ändern.“ Seit 20 Jahren wüssten die Europäer, dass sie viel Geld für Verteidigung ausgegeben haben, aber sehr wenig herausgekommen sei. Das müsse sich ändern, forderte Schwab. Eine Krise, wie sie durch Corona ausgelöst wurde, dürfe sich in Europa nicht wiederholen, meinte der Europaabgeordnete. Die aktuelle Ukraine-Krise müsse nun zeigen, dass man aus der Geschichte lernen müsse, denn die Politik Putins ziele sichtbar darauf ab, dass die europäischen Staaten sich auseinanderdividieren ließen. „Europa darf jetzt nicht gespalten werden, denn die ganz schwierigen Aufgaben kommen erst noch.“
Singens OB Bernd Häusler drückte in seinem Bericht für die Kreistagsfraktion die Hoffnung aus, dass die aktuelle Einigkeit im Kreis auch halte, wenn das neue Berufsschulzentrum nun an die Umsetzung gehen soll, und auch halte, wenn die Kosten von 100 Millionen Euro sicher angesichts der aktuellen Entwicklung nicht gehalten werden können. Und mit der Neugestaltung des Gesundheitsverbundes stehe die ganz große Aufgabe jetzt noch bevor.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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