Flüchtlingsunterbringung
Viel Gesprächsbedarf auf allen politischen Ebenen

Nach dem Gespräch ein kurzes Gruppenfoto. Mit dabei: Bundestagsabgeordneter Andreas Jung (von links), Landrat Zeno Danner, Bürgermeister Benjamin Mors, Justiz- und Migrationsministerin Marion Gentges, Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger, Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch und Landtagsabgeordneter Hans-Peter Storz. | Foto: Tobias Lange
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  • Nach dem Gespräch ein kurzes Gruppenfoto. Mit dabei: Bundestagsabgeordneter Andreas Jung (von links), Landrat Zeno Danner, Bürgermeister Benjamin Mors, Justiz- und Migrationsministerin Marion Gentges, Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger, Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch und Landtagsabgeordneter Hans-Peter Storz.
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Steißlingen/Kreis Konstanz. Das Thema ist nicht neu, aber brandaktuell: Bei der Frage nach der Unterbringung von Geflüchteten sehen die Kommunen mittlerweile die Grenze des Machbaren erreicht oder sogar überschritten. Der Gemeindetag Kreis Konstanz ist nun in Steißlingen zusammengekommen, um mit Marion Gentges, Landesministerin für Justiz und Migration, über diese Thematik zu sprechen.

Die Gemeinden befinden sich in einer Situation, in der sie für die Unterbringung von fast fünf Prozent der Einwohner - also beinahe jedem 20. Einwohner - verantwortlich sind, erklärte Bürgermeister Benjamin Mors, Vorsitzender des Gemeindetags Kreis Konstanz. "Das ist eine enorme Herausforderung." Es sei viel darüber geredet worden, was alles getan wird. Doch sei davon noch nichts bei den Kommunen angekommen. Die Zahl der Flüchtlinge müsse reduziert werden. Etwa durch schnellere Verfahren, damit weniger überhaupt in den Kommunen ankommen.

Landesministerin Gentges räumte ein, dass es sich um ein Thema handelt, "dass den Kommunen unter den Nägeln brennt". Die Zahl der ankommenden Menschen sei so groß, dass die örtlichen Kapazitäten ge- und überfordert werden. "Die Zugangszahlen sind zu hoch." Mit den Vertretern der Kommunen habe sie über Lösungsansätze gesprochen, wie diese Zahlen weiter gesenkt werden können. Ein Anfang sei bereits mit den Grenzkontrollen geschehen, die seit Ende Oktober im Vergleich zum Vorjahr zu einem Rückgang geführt hätten.

Sie zeigte zudem ein Problem bei Geflüchteten aus der Ukraine auf, bei denen es sich um Sinti und Roma handle: Eine "relevante Zahl" verfüge über "brandneue" Papiere aus der Ukraine. Gleichzeitig haben sie aber auch eine weitere Staatsangehörigkeit - oftmals die ungarische - und haben deswegen weder einen Schutzstatus noch eine Leistungsberechtigung in Deutschland. Aktuell ist das laut dem Landtagsabgeordneten Hans-Peter Storz in Gottmadingen ein Problem. Denn da sie sich frei bewegen dürfen, kommen sie zum Teil direkt dorthin, nachdem sie von Familienangehörigen angeschrieben worden sind.

Offene Diskussion in alle Richtungen

"Das System, das wir bislang haben, hat zwei Schwächen", meinte Marion Gentges. Einerseits führe es bei den betroffenen Stellen zu Überforderungen. Andererseits biete es nicht denen Schutz, die es brauchen, sondern denen, die es nach Deutschland schaffen. Es müsse offen darüber gesprochen werden, das System zu verändern. Abkommen mit Drittländern dürften nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Die entsprechenden Instrumente lägen dabei beim Bund.

Dieser habe in den letzten zwei Jahren geliefert, erklärte die FDP-Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch in einer schriftlichen Stellungnahme, die sie anlässlich des Besuchs gab. Sie zählte unter anderem das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, eine finanzielle Entlastung der Kommunen durch eine Pro-Kopf-Pauschale von 7.500 Euro pro Asylantrag, die Einstufung von Georgien und Moldau zu sicheren Herkunftsstaaten und mehrere Migrationsabkommen auf.
"Das Land muss aber auch seinen Beitrag zur Ordnung der Migration leisten, denn der Bund allein kann in einem föderalen System wie unserem nicht alles lösen. In Baden-Württemberg werden Asylbewerber unabhängig von ihrem Verfahrensstatus viel zu früh auf Stadt- und Landkreise verteilt – und das trotz teilweise 40 bis 50 Prozent freier Kapazitäten in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen."

Zudem sehe sie bei Abschiebungen Handlungsbedarf. "In Deutschland sind die Länder für Abschiebungen zuständig. Angesichts der Zahl von derzeit circa 4.500 Personen, die in Baden-Württemberg vollziehbar ausreisepflichtig sind und keine Duldung haben, ist die Erweiterung der Abschiebehaft- und Abschiebegewahrsamsplätze des Landes auf insgesamt 80 Haftplätze unerlässlich." Das Gebot der Stunde sei eine konstruktive Zusammenarbeit aller politischen Ebenen, um nachhaltige Lösungen für die aktuellen Herausforderungen zu finden.

Nach dem Gespräch ein kurzes Gruppenfoto. Mit dabei: Bundestagsabgeordneter Andreas Jung (von links), Landrat Zeno Danner, Bürgermeister Benjamin Mors, Justiz- und Migrationsministerin Marion Gentges, Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger, Bundestagsabgeordnete Ann-Veruschka Jurisch und Landtagsabgeordneter Hans-Peter Storz. | Foto: Tobias Lange
Autor:

Tobias Lange aus Singen

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