50 Jahre Eingemeindung und verkaufsoffener Sonntag
Die Hans-Kuony-Stadt feiert den Auftakt zum Goldenen Jubiläum

Verfolgten gespannt die historischen Eindrücke der neun Stadtteile Stockach (von links): Altbürgermeister Franz Ziwey, Bürgermeisterin Susen Katter, Altbürgermeister Rainer Stolz mit seiner Partnerin Ursina Vaterlaus und der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung. | Foto: Philipp Findling
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  • Verfolgten gespannt die historischen Eindrücke der neun Stadtteile Stockach (von links): Altbürgermeister Franz Ziwey, Bürgermeisterin Susen Katter, Altbürgermeister Rainer Stolz mit seiner Partnerin Ursina Vaterlaus und der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung.
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Stockach. 50 Jahre ist es schon her, dass die neun Ortsteile zu Stockach als heutige Gesamtgemeinde vereinigt wurden. Neben diesen Feierlichkeiten konnten die BürgerInnen am verkaufsoffenen Sonntag auch durch die Gassen bummeln.

Dieser ganz besondere Anlass, den die Hans-Kuony-Stadt an diesem Tag unter anderem in Anwesenheit der aktuellen Ortsvorsteher sowie dem CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung feierte, begann um 14 Uhr mit einem offiziellen Festakt im Bürgerhaus Adler Post. Musikalisch untermalt wurde der Festakt mit einem "ad-hoc Ensemble" der Musikschule Stockach unter der Leitung von Helmut Hubov. Das Ensemble begann dabei mit den "Rathaus-Fanfaren", einem Stück, welches Hubov zu Ehren des 2022 verstorbenen Altstadtrat Hubert Kunicki komponierte.

"Auf einen Schlag waren es neun Stadtteile mehr", merkte Bürgermeisterin Susen Katter in ihren Grußworten an. Damals, berichtete Katter, wurden allen neun Ortsteilen mit den Gesetzen zur Stärkung der Verwaltungskraft aller Ortsteile ausgestattet und waren von 1974 an Teil von Stockach. Dabei war Hindelwangen der erste Ortsteil, welcher sich der Gesamtgemeinde anschloss, Wahlwies der letzte. Auch wenn sich damals viele Ortsteile noch nicht sicher waren, ob sie wirklich Teil davon sein wollten, war es laut Katter vor allem der Altbürgermeister und "Taktiker" Franz Ziwey, der den Ortsteilen in langen und harten Verhandlungen mit seinem Stellvertreter Heinrich Wagner vermittelte: "In der Gemeindeehe gehört auch viel Weiberei dazu." Neben der Wahrung der Eigenarten gehörten laut Susen Katter unter anderem auch die Beibehaltung der unechten Teilortswahl, die Entfaltung kulturellen Eigenlebens sowie der Erhalt örtlichen Brauchtums dazu. "Zizenhausen und Wahlwies bestanden darauf, die letzten beiden Aspekte  'unangetastet' zu lassen." 
Der Bürgermeisterin zufolge habe die Stadt beim Spagat, vieles gleichmäßig und gerecht zu verteilen, einen "guten Job" gemacht, wozu die beiden Altbürgermeister Franz Ziwey und Rainer Stolz maßgeblich beigetragen haben. "Daran möchte ich mich auch orientieren", bekräftigte Katter. Den großartigen Zusammenhalt zwischen den Ortsteilen und der Stadt Stockach finde man noch heute, die damalige Entscheidung sei für Katter aus heutiger Sicht "goldrichtig" gewesen. "Wenn wir zusammen stark bleiben, können wir auch in Zukunft Großes zu erreichen."

Neuordnung für die Kommunen

Folgend trat nun Rainer Stolz ans Rednerpult, um ebenfalls einen kurzen Rückblick auf 50 Jahre Eingemeindung zu geben. Dabei gab er zu Beginn einen Blick auf historische Hintergründe bis zurück ins 15. Jahrhundert, als die freien und Reichsstädte zahlreiche Selbstverwaltungsrechte erlangten. "Bürger sein wurde damals nicht für eine Ehre gehalten", zitierte Stolz aus der neuen Städteordnung, welche mit dem Zusammenschluss der süddeutschen Staaten mit dem norddeutschen Bund zum Deutschen Reich 1871 seinen damaligen Höhepunkt fand. 
Im Jahre 1973 reduzierte die Reform in Baden-Württemberg dann die Zahl der Kommunen von 3.300 auf 1.100 und stellte viele davon laut Stolz vor die Fragen: "Warum eine Neuordnung? Was geben wir auf? Was bekommen wir?" Denn: "Für viele Bürgerinnen und Bürger kleinerer Gemeinden war dies schließlich ein Rückschritt."
Eine Kommune, so der Altbürgermeister, musste damals mindestens 8.000 Einwohner haben, um unter anderem als Verwaltungsgemeinschaft zu gelten und eine "fachgerechte Aufgabenverwaltung" bewältigen zu können. Zudem mussten sich die Ortsteile schnell entscheiden, bis zum 31. Dezember 1974 gab es eine sogenannte "Freiwilligkeitsphase", nach welcher es jedoch keine staatliche Förderung mehr gab, um notwendige Investitionen zu realisieren.

Die Arbeit, welche Franz Ziwey damals kurz nach seinem Amtsantritt leisten musste, war daher auch keine einfache, wie Stolz betonte. "Die Bereitschaft der Ortsteile war entweder stark oder schwächer ausgeprägt." Einzig bei Zoznegg hatte Ziwey letztlich kein Glück, revanchierte sich jedoch beim damaligen Bürgermeister Hans Fröhlich, in dem er dessen Tochter heiratete. 
Darüber hinaus bekräftigte Rainer Stolz die anwesenden BürgerInnen, fleißig Geschichten aus dieser Zeit zu sammeln und an das Archiv weiterzugeben. "Seien Sie daran interessiert, gemeinsam mit uns unsere Stadtgeschichte nach und nach aufzuarbeiten." Für ihn sei es bemerkenswert, wie kraftvoll und zukunftsorientiert sich die Stadt bis heute weiterentwickelt habe. "Wir sind heute alle Teile eines großen Ganzen." Auch den mächtigen Herausforderungen der heutigen Zeit blickt Stolz zuversichtlich entgegen: "Wenn wir uns sinnvoll auf die Aufgaben konzentrieren, ohne Kirchtürme einzureißen, ist mir um die Zukunft dieser wundervollen Stadt nicht bange." 

"Nie große Probleme" mit Espasingen

Nach einem weiteren Musikstück des "ad-hoc Ensembles" trat nun Hauptamtsleiter Hubert Walk vor die versammelte Bürgerschaft, um stellvertretend für den ehemaligen Espasinger Ortsvorsteher (von 1973 bis 1989) Johann Kempter dessen Gedanken zur Eingemeindung vorzutragen. Espasingen war damals ein bäuerliches Dorf, welches zwar nicht verschuldet war, anfallende Bauprojekte hätten jedoch die Finanzen des Ortes gesprengt. "Alleine die Sanierung des Ortskerns hätte 1,7 Millionen D-Mark in Anspruch genommen", erzählte Walk. Eine Bürgerversammlung sprach sich Anfang der 70er Jahre dann im Gasthaus Adler zu zwei Dritteln für die Eingemeindung aus, gegen den Willen des damaligen Bürgermeisters, welcher sich eigentlich Bodman-Ludwigshafen anschließen wollte.
Ende November 1973 schließlich konnte die Eingemeindung erfolgen, zahlreiche Sanierungsmaßnahmen wie der Ausbau der Ortsdurchfahrt vollzogen werden. Seitens Kempter gab es bis heute "nie große Probleme" mit Stockach. "Aus meiner bisherigen Amtszeit kann ich für Stockach sagen: Für uns auch nicht", scherzte Walk. "Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Eingemeindung vorausschauend und richtig war", so die abschließenden Worte aus Kempters Feder. 

Stockach feiert 50 Jahre Eingemeindung der Ortsteile

Neben diesem Festakt, welcher mit einer Diashow von historischen Aufnahmen der Ortsteile endete, öffneten zusätzlich die Stockacher Einzelhändler für den verkaufsoffenen Sonntag ihre Tore. Dabei taten sich die BürgerInnen bei teils sehr bissigem Wind schwer, in die Stadt zu gehen. Diejenigen, die sich doch wagten, konnten neben musikalischer Unterhaltung des Musikvereins Winterspüren und dem Handharmonika-Orchester Wahlwies auch zahlreiche kulinarische Highlights wie die beliebten Dünnele der Stockacher Laufnarren kosten. Diese liefen nach Auskunft der Verkäufer auch während des Bürgerempfangs im Adler Post überraschend gut. Wer sich Kulinarik mit nach Hause nehmen wollte, konnte sich beim Imkerverein mit reichlich lokalem Honig eindecken. Auch zahlreiche regionale Dienstleister wie die Stadtwerke Stockach oder die AOK waren mit Aktionsständen vertreten.
Den Jüngsten war ebenfalls etwas geboten, so gab es unter anderem im Adler Post ein Kinderschminken der Gruppe Mariposa sowie bei der ZG Raiffeisen eine Hüpfburg.
Wer sich dem kalten Wetter entziehen wollte, hatte im Stadtmuseum die Möglichkeit, die aktuelle Sonderausstellung "Kunst & Kurioses" zu bewundern. Auch hier war der Andrang nach Auskunft des Stadtmuseums, welches um 17 Uhr zusätzlich noch eine Führung anbot, groß. Allgemein zeigte sich der Einzelhandel sehr zufrieden mit dem verkaufsoffenen Sonntag, wie auch ZG-Niederlassungsleiterin Doris Matt dem WOCHENBLATT erzählte: "Wir hatten vor allem aufgrund des Kaffee und Kuchen Angebots sehr viele Leute heute bei uns, es lief wirklich sehr gut."

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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