Die Unterkünfte sind voll im Landkreis
Weitere Sporthallen müssen für die Flüchtlinge belegt werden

Acht Männer – von denen nur vier aufs Bild passten – sind hier seit zwei Monaten zusammen in einer Kabine in Doppelstockbetten untergebracht. Die Enge zerrt an den Nerven. Im Bild Oleksandr Makovetskyj, Vitalij Solonynko, Oleksandr Meresnichenko und Andrej Rubanov. | Foto: swb-Bild: Oliver Fiedler
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  • Acht Männer – von denen nur vier aufs Bild passten – sind hier seit zwei Monaten zusammen in einer Kabine in Doppelstockbetten untergebracht. Die Enge zerrt an den Nerven. Im Bild Oleksandr Makovetskyj, Vitalij Solonynko, Oleksandr Meresnichenko und Andrej Rubanov.
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Kreis Konstanz. Derzeit sind 1.596 Geflüchtete in den Sammelunterkünften des Landkreises, die gesamt Kapazität liegt aktuell bei 1.640 Plätzen, berichtete Monika Brumm, Leiterin des Amtes für Migration und Integrationdes Landkreises, bei einem Medientermin am Freitagmorgen in der Gemeinschaftsunterkunft in Radolfzell am Mettnaustadion, die für 180 Personen konzipiert ist und derzeit mit 158 Personen belegt. „Das entspricht einer Auslastung von 97 Prozent und ist schon ganz schön knackig“, so Brumm weiter. Und der Zustrom an Geflüchteten steigt durch den fortwährenden Ukrainekrieg weiter an. 328 Personen seien im Juli im Landkreis über die Landeserstaufnahmestellen zugeteilt worden, immer montags würden die Zahlen für die Woche vermittelt, in diesem Monat sei man schon vor Monatsende bei 376 angekommen, davon sind 277 Geflüchtete aus der Ukraine, wie Brumm weiter informierte.

Weil der Umbau weiterer Unterkünfte in der Region, wie etwa in der ehemaligen Schule Gottmadingen oder erneut in einer Industriehalle im Radolfzeller Gewerbegebiet, in der Engener Stadthalle oder in der ehemaligen „Sonne“ in Engen bis Oktober, zum Teil sogar bis November dauere, werde man nun erst mal auf weitere Kreissporthallen zugreifen müssen, kündigte Brumm an. Schon ab kommender Woche wird das für die Sporthalle der Wessenberg-Gewerbeschule, dann die Halle des BSZ Stockach und dann noch für die Uhlandhalle in Singen der Fall sein, wo die große Sporthalle an der Gerwig-Schule schon als Flüchtlingsunterkunft dient. Die Sporthalle des BSZ-Radolfzell ist ebenfalls zur Unterbringung von rund 80 Flüchtlingen vorgesehen, wurde weiter informiert. Mit den betroffenen Vereinen seien schon Gesprächsrunden vereinbart, ergänzte Jens Bittermann als Referent des Landrats im Mediengespräch. Denn gerade für die Trainingsmöglichkeiten von Vereinen sieht es nach dieser Ankündigung nicht rosig aus. Gerade jetzt seien auch Kooperationen zwischen Gemeinden nötig, um die Reduzierung der Sportflächen ausgleichen zu können. „Wir wollen natürlich nicht, dass der Hallensport durch die aktuelle Lage stark behindert wird“, wurde am Freitagmorgen beim Medientermin deutlich gemacht.
Zusätzlich richtet der Landkreis ein Gebäude in der Singener Fittingstraße ein, um dort Corona-Fälle isolieren zu können. 40 Personen sollen dort unterkommen können.

Grundstück für Leichtbauhalle gesucht

Auch werde man möglichst schnell eine Leichtbauhalle erstellen, sei hier aber noch auf der Grundstückssuche und habe einen Rundruf an die Städte und Gemeinden geschickt. In einer solchen Leichtbauhalle würde man immerhin rund 400 Personen unterbringen können und angesichts der aktuell weiter steigenden Zahlen brauche man einen „großen Wurf“, so Monika Brumm. Auch wegen weiteren Immobilien in den Gemeinden oder auch von Privatleuten oder in Gewerbegebieten sei man weiterhin intensiv auf der Suche. Allerdings sollten dort mindestens 50 Personen unterkommen können, wegen des Personalaufwands dafür.

Welle kommt auf Kommunen zu

Gefordert werden dabei auch schon sehr bald die Gemeinden: denn die Geflüchteten aus der Ukraine müssen spätestens nach sechs Monaten raus aus den Gemeinschaftsunterkünften in eine Anschlussunterbringung, wenn sie bis dahin nicht anderweitig selbst untergekommen sind. Und die ersten Flüchtlinge waren ja vor einem halben Jahr angekommen, sodass nun eine zweite Welle für die Gemeinden beginnen dürfte. Nach sechs Monaten beginnt auch die Schulpflicht offiziell. Freilich werden viele der Kinder noch aus der Heimat per Fernunterricht versorgt.

Dankbarkeit und langes Warten

Ein Rundgang durch die Radolfzeller Mettnauhalle und Gespräche mit Geflüchteten, die dort zum Teil schon zwei Monate in durch Tücher abgetrennten „Kabinen“ mit je acht Betten verbringen, einerseits in den Gedanken bei Angehörigen, anderseits in der Orientierung in der „neuen Heimat“, auf der Suche nach Arbeit, vor der Frage, hier nun einen Neustart zu versuchen. Eine Mutter schickt ihren Sohn zur Besuchsdelegation nach vorne, der einen Dank auf Deutsch gelernt hat. Vier Männer, die aus den unterschiedlichsten Regionen kommen und sich hier mit vier weiteren Personen die Kabine teilen, würden gerne arbeiten, denn die Zeit wird da einfach lang und dadurch gebe es auch so manche Spannung. Ein Vorteil der Mettnauhalle ist dabei noch, dass die Pächterin des Clubhauses, die das Catering für die Geflüchteten in der Halle macht, vom Balkan kommt und die Sprache der Geflüchteten sprechen kann, was vieles einfacher macht.
Ein anderes Problem sei die ärztliche Versorgung, auf die die Geflüchteten ein Recht haben. In Radolfzell habe sich glücklicherweise ein Arzt bereit erklärt, in die Halle zur Sprechstunde zu kommen, was aber besonders mangelt, sind Frauenärzte für alle Unterkünfte. Auf Ärzte im Ruhestand könnte man nicht zurückgreifen, weil die kassenärztliche Zulassung Bedingung ist.
Ganz am Schluss gabs noch ein Lob für die Security, die geräuschlos, aber doch wachsam schaut, dass auch niemand reinkommt, der da nicht hingehört. Auch die Amtsleiterin Monika Brumm musste sich erst mal ausweisen.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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