„Willkommenskurs“ gestartet
„Schnelle Hilfe ist die beste Hilfe“

„Großer Bahnhof“ im Raum B07 der Ten-Brink-Schule Rielasingen-Worblingen – Dolmetscherin Elena Sheptytska übermittelt Grüße von Bürgermeister Ralf Baumert und Alt-Landrat Frank Hämmerle (Rotary Clubs Konstanz).  | Foto: swb-Bild: Grunewald
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  • „Großer Bahnhof“ im Raum B07 der Ten-Brink-Schule Rielasingen-Worblingen – Dolmetscherin Elena Sheptytska übermittelt Grüße von Bürgermeister Ralf Baumert und Alt-Landrat Frank Hämmerle (Rotary Clubs Konstanz).
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Rielasingen-Worblingen/Kreis Konstanz. Erwartungsvolle Gesichter und schlussendlich dankbarer Beifall von zahlreichen ukrainischen Eltern prägten am Freitagmittag im Raum B07 der Ten-Brink-Schule die von Dolmetscherin Elena Sheptytska übersetzten Willkommensgrüße von Bürgermeister Ralf Baumert und dessen „alten Kameraden“ Frank Hämmerle, der mit Prof. Erdal Yalcin als Botschafter der drei Konstanzer Rotary Clubs dem offiziellen Start des erstmaligen „Willkommenskurses“ beiwohnte.

Denn die Rotarier haben nach einem Spendeneingang von über 50.000 Euro den „Willkommenskurs“ ins Rollen gebracht und finanzieren ihn auch. Begleitet von zwei Lehrkräften plus Übersetzer/Übersetzerin vermittelt der vierwöchige Pilotkurs Grundlagen der Deutschen Sprache sowie Kenntnisse über Alltagsthemen wie Einkaufen, Mobilität, soziale Kontakte, Gesundheit/medizinische Versorgung und die Orientierung über Hilfsangebote vor Ort.

„Wir haben kein starres Curriculum entwickelt, sondern folgen den Anliegen und Fragen der Betroffenen und ihrer Familien“, fasste Mareike Binder als Geschäftsführerin der Beschäftigungsgesellschaft des Landkreises das pädagogische Konzept zusammen: „Wir bieten Struktur gegen das Zuhause-Rumsitzen, haben starke Partner Richtung Arbeitsaufnahme und können Bedarfe schnell klären und darauf reagieren.“

Der bewusst „niedrigschwellige und kurzfristig verfügbare Sprach- und Willkommenskurs“ stieß auf große Nachfrage, so ihre Kooperationspartnerin Anja Marosits, Leiterin des Referates Integration im Landratsamt. „Wir hatten mit 25 Plätzen gerechnet, nun sind es 33 und auch ein Folgekurs ist bereits ausgebucht.“ Alles wurde mit der Gemeinde eng abgestimmt und bekommt Unterstützung vom lokal tätigen Integrationsmanagement, dem Jugend- und Kinderförderteam unter Jenny Frankenhauser sowie von der Ten-Brink-Schulleitung um Christian Keller.

„Unglaublich, fast großstädtisch, was die Gemeinde hier leistet“, so ein sichtlich dankbarer Alt-Landrat Hämmerle, „denn die schnelle Hilfe ist die beste Hilfe“, so seine Lehre aus 2015/16, als viele Schutzsuchende „viel zu lange“ auf Sprachangebote und Integration, insbesondere durch Arbeit, warten mussten. Deshalb finanzieren die Rotary Clubs Konstanz auch noch einen Folgekurs in Rielasingen-Worblingen sowie demnächst zwei weitere in Konstanz.

Yalcin kündigte darüber hinaus die Gründung des Vereins „Ukrainehilfe Konstanz“ an, der auch im Kreis tätig sein will und sich schwerpunktmäßig unter anderem mit erkennbar seelischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen und zudem mit Dolmetschertätigkeiten befassen will, neben der Stärkung eines Netzwerkes der gut 100 ukrainischen Familien in der Bodenseemetropole. Auf der Agenda stehen auch Schifffahrten, die Förderung von Ferienprogrammen, die Unterstützung Studierender sowie die Einrichtung einer WhatsApp-Gruppe und einer Website.

Auch Frankenhauser weist auf die besondere Bedeutung eines freundschaftlichen Umfeldes, aber auch seelischer Belastungen hin: „Die Stabilisierung der Eltern bedeutet eine Stabilisierung der Kinder.“ Das Jugendcafé 60 hat sich nach ihren Worten „zu einer Schaltzentrale“ entwickelt, zudem gibt es künftig psychologische und musikpädagogische Unterstützung, auch bei der Familienberatung sowie einem Übergangskindergarten.

Schulpflichtige Kinder und Jugendliche brauchen Vorbereitungsklassen, um Deutsch zu lernen, Regelunterricht und Sportangebote, können auch schon die Turnhalle benutzen, „um sich wieder zu spüren und gute, wichtige Momente zu erleben“. Schulleiter Keller hat nicht nur einen Raum zur Verfügung gestellt, sondern berichtet von erleichterten Anmeldungen in nur zwei Tagen, der Versorgung der Schulkinder, auch in der Vorbereitungsklasse, und der Gewinnung einer ukrainischen Lehrkraft.

Bürgermeister Ralf Baumert hat auf Nachfrage des Wochenblattes bereits Bewerbungen auf die 70-Prozent-Stelle einer/eines Integrationsbeauftragten erhalten. Angesichts der Lage, freue er sich auch über mittlerweile gut 20 lokale Ehrenamtliche und „die Gunst der Stunde“, dass man auf die Gemeinschaftsunterkunft Roseneggstraße beim ersten Bus zurückgreifen konnte. Eine „tolle Sache“ sei auch die Spendenverteilung mittwochnachmittags in der Pfarrscheuer. 35 Wohnungen konnten bereits nach Prüfung durch das Ordnungsamt zur Verfügung gestellt werden, neue kommen hinzu, Kostenübernahmen konnten geregelt werden – „ein ganz tolles Miteinander!“, so Baumert.

Freuen können sich auch bis zu 50 ukrainische Eltern und Kinder, wenn es am 16. April um 10 Uhr auf Einladung der Rotarier mit dem Bus zum Freizeitpark Bodanrück geht. Weitere Ausflüge Richtung Hohentwiel, Mainau und Hegauberge seien geplant, so Hämmerle, der den Eltern auch sagte, er hoffe, „dass Sie bald wieder nach Hause kommen – solange sind Sie uns aber herzlich willkommen!“ Er kritisierte im anschließenden Pressegespräch das aktuelle, „unwürdige Gezerre“ zwischen Bund und Ländern um die Übernahme der Kosten für schutzbedürftige Menschen aus den Kriegsgebieten.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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