Wafrös alemannische Dialektik vom 10. Januar 2001

Ons vu däne Wörter, wo total in Verschiss kumme isch, des isch des Wort »Tradition«. Des isch eigentlich ebbes, wa im Lauf vu de Gschicht vu onere Generazion uf die ander wiitergäe wore isch, weil's sich bewährt hot oder weil's de Lüt gfalle hot und alleweil no gfallt. Etz giit's nadierlich Tradizione, die sott me am beschte uf d Mischte keie, weil se iber d Menschheit nu Elend brocht hond. Selle Mensche, wo all nu am Alte kläbed, zu däne saged se Tradizionalischte und ebber wo als Tradizionalischt verschriee isch, des isch ebber, wo it i die hütig Ziit passt. Uf de andere Siite isches etz grad so, dass se alles furtkeied, wa it vu hüt isch, weil angäblich all's, wa vu geschtern isch, noch Mottekugle schtinke dät. Do moß mer nu lang gnueg warte, no holed se sottige furtgworfene Tradizione wieder hindevüre. Des sieht me am beschte bi de Mode. Hüt hond d Mädle wieder Schueh an, wie se d Urgroßmamme trage hond und sie kummed sich firchtig modern vor. Drum sott me die alte Klamotte nie furtwerfe, sondern bhalte, weil se nochere gwisse Ziit wieder total in sind. Denn giit's no Tradizione, die sind ganz neu, weil mer se grad ersch agfange hot. Weil ebbes schä war, oder guet funkzioniert hot, ka ebbes iber Nacht zunere Tradizion wäre. Do gilt denn der Schpruch: »Omol gmacht isch Tradizion!« Wie so ä neie Tradizion ent-schtoht, kännt i ame Beischpiel deitlich erkläre. Des Ordensgremium, wo all Johr de Alefanzorde uf Schloss Langestein verleiht, des trifft sich immer am End vum Johr zunere Sitzung, wo denn der Obed vorbereitet wird und treffe duet me sich bim Franz, des isch scho Tradizion. Wenn denn alle Klarheite beseitigt sind, kännt mer eigentlich wieder hom goh, aber denn kummt de sogenannte gemütliche Teil und alle bliebed hocke. Erschtens weil's bim Franz dohom so gmüetlich isch und zweitens, weil im Franz sei Irm, des isch »die Sei«, weil die denn us de Kuche ä Veschper bringt und zwar ons, wo sich gwäsche hot. Dodezue giit's ä guet's Viertele und wer en Weiße it vertragt, der griegt en Rote. All Johr hot's zum Veschper ebbes anders gäe, bis selle Irm vor ä paar Jöhrle uf die Idee kumme isch, sie kännt doch au mol en Nudlesalot uf de Tisch bringe. Im Handumdrille war der Nudlesalot wegputzt und wo kon meh do war, hond die selle, wo no Hunger ghet hond, wieder s übliche Veschper esse mösse. S Johr druf hot d Irm wieder Nudlesalot gmacht und alle sind driber her, wie wenn se am Verhungere gsi wäred. Zwei große Schüssle sind leer wore und etz war uf omol klar, dass der Nudlesalot vu de Irm Tradizion wore isch. S hot des Johr wieder Nudlesalot gäe und wieder zwä Schüssle voll und wa fir Schüssle! »Mond eu it scheniere, s hot no meh i de Kuche«, hot d Irm gmont und mir hond gschauflet und i den Nudlesalot ine ghaue, wie d Wölf ine Schofherde. Mir isches schleierhaft vorkumme, wo die Irm den Nudlesalot her ghet hot, ob se den i de Badwanne aagmacht hot? Sie macht'en aber au verruckt guet, den Nudlesalot, im Franz sei Irm, und i hon mir gschwore, dass i näene meh Nudlesalot iss, usser am End vum Johr bi dere Sitzung bim Franz. Erschtens weil des etz ä echte Tradizion isch und zweitens, weil er näene so guet schmeckt, wie grad a dem Obed vu de Irm. Mir isch die ganz Neujohrstradizion so wurscht wie nu ebbes, aber uf die Nudlesalot-Tradizion am End vu dem Johr frei i mi etz scho und wie!

Von Walter Fröhlich

Autor:

Redaktion aus Singen

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