Wafrös alemannische Dialektik vom 13. Dezember 2007

Neilich hon i wieder mol mei kläne Freundin troffe. Etz wäred wieder ä paar sage, wa intressiert uns des, wenn der alte Kerle sei Freundin trifft. Fir mi isch des aber ebbes Bsunders, weil se ersch, i glaub wenigschtens, vierezwanzge isch und des isch denn scho weng merkwürdig, wenn on mit achtzge so ä junge Freundin hot.Also, känneglernt hon i se bi de Sozialschtazion St. Elisabeth, am "Tag der offenen Tür", wo in weng gläse hon. Do isch se ufs Mol näbe mir gschtande und hot ufeme Babierle ä Underschrift vu mir welle. Des isch denn scho weng ä erhebendes Gfihl, wenn so ä jungs Fräulein ä Autogramm vu om will. Nadierlich hon i glei underschriebe, aber ufeme bessere Babierle. I glaub, s war sogar ä Foto ufere Poschtkarte vu mir, i wosses nume g'nau, aber des Mädele war richtig glicklich und hot gsagt, dass se "Michaela" heißt. Sie war mit ihrene Freund und Freundine und ihre Betreuerin kumme, denn d Michaela isch behinderet und zwar nenned se die Art vu Behinderung Down-Syndrom. Früener hot mer gsagt, des seied mongoloide Kinder, aber etz heißt des äbe nume so, sondern Down-Syndrom. Do woss zwar niemerd meh, wa des isch, aber s klingt besser. Also mei Freundin Michaela hot so ä Down-Syndrom und wohnt inere Caritas-Wohngemeinschaft und do hond se mich eigalde und i hon derfe mol luege, wie d Michaela und die andere Behinderte wohned und läbed.Do hon i aber gschtaunt, wie schä die Zimmer wared, wo jedes ä eiges hot, wo's eirichte derf, wie's ihm gfallt. Und die Aufenthaltsräum und wie alles blitzblank isch und wie se schtolz sind uf ihre Zimmer, die Behinderte, und vor allem, wie unglaublich heiter und fröhlich se sind. Sofort isch durch mei Hirn mei verschtorbene Tante Fine gschosse, wo iber vierzg Johr in Herten Behinderte pflegt hot, achtedreißg i om Saal! I hon se nie jommere ghört, mei Tante Fine, nu omol, wo se kumme sind, mit däne große Omnibus und ihre Kinder abgholet hond! Sie hot nie meh ebbes vunene ghert und die brave Lüt im Land hond denn nu gmont "mer heb se erlöst!" So wiit ka me ä Volk bringe, dass se am End zu Mord Erlösung saged.Denn isch mer eigfalle, dass i mit minere Oma mol ufem Heuberg war, bi ihrne Verwandte. I dem Baurehus gegeniber, wo d'Oma und i fir ä paar Täg gwohnt hond, war en Schwerbehinderte und der war im Schtall eiquartiert und zwar Tag und Nacht. Uf allne viere hot er sich miteme Schemel im Schtall bewegt, als Vieh under Viecher. Durch ä Fänschterle hon i als Büeble all des komische Tierle säne welle, wo zwei Füeß ghet hot, wie i au, aber bi de Küeh gläbt hot ...Alles des isch mer durch de Kopf gschosse, wo i hon derfe d Michaela und ihre Mitbewohner bsueche, und denn hon i mer halt so denkt, dass bi aller Sauerei, wo de Mensch ringsum all wieder aarichtet, dass es doch au ganz kläne Lichtblick giit, dass die Menschheit wengele vürse goht, z'mindescht bi uns i dere weschtliche Welt. S giit Fürchterlichs no gnueg, aber mer sotted doch au all wieder mol säeh, dass'es do und dirt nume so isch, wie's früener mol war. Wievill hunderttaused Fraue und Männer wirked rund um d Welt zugunschte sellene, wo's liederlich goht. Wievill Mensche derfed ohne Schmerze schterbe, weil unsere Wisseschaftler fir die Humanidät wirked? Nei, Liebe isch ko leers Wort, s giit se, mer mueß se nu säne welle.D Michaela isch grad vum Schaffe, vu de beschützende Werkschtätte fir Behinderte kumme. Lachend und fröhlich hond se enand a de Händ ghebt und wo'nere i us em Auto gwunke hon, isch se glei a mei Fänschter kumme und hot mer ihre Händle vugege gschreckt. S wared nu ä paar Sekunde, no isch se wieder zuegjuckt und i bi zuegfahre. Nu woss i etz it, wer vu uns zwei iber die kurze Begegnung glicklicher war, d Michaela oder i?

Von Walter Fröhlich

Autor:

Redaktion aus Singen

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