Wafrös alemannische Dialektik vom 15. November 2000

Bi manche Mensche isch s Läbe iberhaupt ko Läbe, sondern ä onzig's Elend, so wie bi sellere Katharina, zu dere wo se aber nu Kathi gseit hond. S ischere all's, aber au gar all's degege gloffe, denn isch se trüebsinnig wore und hot au no ä Lungeentzündung kriegt. De Dokter hot se welle is Krankehus eiweise, aber sie hot sich gweigeret und isch nu no im Bett gläge, hot nume g'esse und trunke. Sie hot nu no schterbe welle, suscht nint meh. Vum Bett us hot se us em Fenschter luege känne, a die Häuserwänd gegeniber und dezwische isch ä verkimmerets Ahornbömmle gschtande, dem de Herbschtluft grad Blätter gnumme hot. Etz hot se Blättle fir Blättle zellt, wo abekeit isch, und zmol war nu no oe Blättle a dem Bömmle. Ihrer Freundin, wo se bsuecht hot, dere hot se sich avertraut und gmont: »Wenn des letschte Blatt abekeit, no goht's au z'End mit mir!« Die Freundin isch ganz verschrocke und die Kathi hot sich it tröschte losse. Wo se denn gange isch, die Freundin, ischere im Parterre de Kinschtler iber de Weg gloffe. Unde im Hus hot'er gwohnt und kon Mensch hot so richtig gwisst, wie'ner heißt, der komische Maa. Sie hond ihm nu de Kinschtler gseit, weil er all nu gmolet hot, wenner it grad bsoffe war. De See mit Segelschiffle und em Säntis im Hindergrund war sei Lieblingsmotiv und er hot ganz deitlich gmolt und it emol schlecht. Mit some Motiv und wenn de au no deitlich molesch kummsch nadierlich nie ine Ausstellung und kriegsch au nie ä Vernissasch. No mosch halt elei sufe und des hot er au fleißig, de Kinschtler. »So kummed se vu de Kathi« hot er die Freundin gfrogt und denn hot ihm die Freundin ganz verschtört verzellt, wie schlecht's de Kathi goht und dass se schterbe will, wenn de Luft s letscht Blättle vum Ahornbömmle furtblost. De Kinschtler hot nu de Kopf gschittlet und isch i sin Glasabschluss nei und d Freundin vu de Kathi isch homzues. Früener hett mer gset, es sei'ere schwer ums Herz gsi, aber hüt hond se do defir andere Wörter. Am andere Tag isch die Freundin wieder zu de Kathi, aber des Blatt a dem Ahorn war alleweil no am Bom. »Wenn hüt Nacht de Luft kunnt, isches morge nime do«, hot d'Kathi gmont, denn hot d Freundin wieder de Vorhang zuzoge. Am andere Tag war des Blättle all no am Bom und d Kathi isch im Bett gsesse und hot sogar ä Süpple glöffelet. »Mir kummt's so vor, als wett mir des Blatt a dem Bom sage, es sei no'it Zeit fir mi zum Schterbe,« hot d Kathi zu de Freundin gseit. Nochere Woch war des Blatt all no am Bom, grüen und gäl, aber s isch no dane ghanget. D Kathi hot wieder agfange mit Schtricke und d Läbensgeischter sind ganz langsam wieder kumme. Die Sach mit dem Blättle hot'ere z mol wieder Hoffnung gmacht. Ä Woch druf hot ä Beschtattungsfirma en Sarg brocht und de Kinschtler abgholet. Er hot sich mit eme Fläschle Obstler en schäne Obed gmacht und z Nacht isch sei Herz schtill gschtande. A sinere Staffelei isch en Pinsel gläge, der war no weng nass und grüene und gäle Farb war a de Palette und näbedra isch ä Ahornblatt gläge. Des hot er naturgetreu abgmolet uf en Zeichneblock. Denn hot er sei Ahornblatt uusgschnitte und mit eme Dröhtle a den Bom bunde. Kon Mensch hot gmerkt, dass des letschte einzelne Blatt a dem Ahorn garit echt, sondern vum »Kinschtler« gmolt war. Mit sim letschte Werk, dem Ahornblättle, hot selle Kathi weiterläbe känne. Debei war de Kinschtler gar kon richtige Kinschtler, weil nie ä Galerie vunim ä Bild uusgschtellt hot...

Von Walter Fröhlich

Autor:

Redaktion aus Singen

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