Wafrös alemannische Dialektik vom 9. Mai 2007

D Maiandacht, sie isch nume des, wa se mol gsi isch, wo i no jung war. Eigentlich isch se im Mittelalter und im Barock entstande und hot sich im 18. Johrhundert entfaltet. War des als schä mit däne große Maialtär, bsunders i de große Kirche, wo efters a die hundert Kerze brennt hond und genauso vill Hortensiestöck die Mariefigur eigrahmt hond. Und i d Maiandacht isch me gange, suscht hot mers als Mädle oder Bue bim Herr Pfarrer verschisse ghet. Aber hüt, wo d Kirche leerer wäred, do wäred au d Maiandachte magerer. Mer hot au die so genannte Mariologie weng zruckdrillet. S giit au vill Leit bi de Katholike und bsunders bi de andere Chrischte, wo mit de Mariedogme ihre Schwierigkeite hond. Die unbefleckt empfangene, immerwährende Jungfrau, wo mit Seele und Leib i de Himmel ufgnumme wore isch, macht vill Mensche Probleme. I hon's miner Läbtag eifacher ghet, weil i vu minere Großmamme den Begriff »Himmelmamme« ibernumme und bis uf de heutig Tag bhalte hon. Mitere Mamme im Himmel ka i ebbes afange und vill ander Leut au. Ibrigens isch die Verehrung der großen Mutter oder der großen Göttin älter als de Eingottglaube in Israel. Sie schpillt bi de alte Germane und de Kelte ä Roll und i de Religione vu de Völker im Mittelmeerraum und im vordere Orient. Im Chrischtetum war und isch de Gekreuzigte de absolute Mittelpunkt. Etz hot mer aber im frühe Mittelalter den Christus so erhöht und als Pantokrator und Weltherrscher dargschtellt, wo nu druf wartet, dass'er die Welt richtet und die Schof vu de Böck scheidet. D Angscht vor dem Welterichter war größer, als dass'er Zuflucht fir alle Bloogete wore isch. Etz isch de Mensch mehner zu de Mamme. Die Muetter mit dem Kind ufem Arm war ä Zuflucht, wo se sich geborge und verschtande gfihlt hond. Weng schpäter hot mer d Himmelmamme als Pieta dargschtellt, mit ihrem dote Bue im Schoß. Des war denn ersch recht ä Bild, mit dem sich alle Fraue uf de Welt hond afreunde känne. Millione und Abermillione Müetter hot mer ihre Kinder verschosse, hond böse Krankheite ihne d Kinder gnumme, hond se durch Auto und Motorräder s Läbe verlore, oder hond se de Glaube vu Muetter und Vadder abglegt, wie dreckige Underwesch. Die Gnadebilder vu de leidende Himmelmamme sind zum Simbol vu de Müetter, vu allene Mamme uf de Welt wore. No ä bitzele schpäter hond die Künschtler die Schutzmantelmadonna entdeckt. Ä Bild, wo it nu jeder verschtoht, mit dem au jede Frau, aber au jeder Ma, wenn'er no it ganz verbockt isch, ebbes afange ka. Wa isch des fir ä schäs Bild, die Himmelmamme, wo de Mantel weng ufmacht und alle ihre Kinderle, quasi d Vertreter vude ganze Menschheit, gucked under dem Mantel vüre. Oh wa hot do it all's Platz! Wemer Maria, also d Himmelmamme so verschtoh ka, dass mer a se aneschlupfe ka, dass se uns i ihrem »weite und breite« Mantel verschteckt und uns mitnimmt zum Welterichter, no schpillt eigentlich die Dogmatik gar ko Roll meh, weil mer denn nu no dohom isch, bi de Mamme, und wa moß ä Mamme it all's zuedecke? Mer sagt, dass z Paris die Hure ufem Mont Martre bevor se uf de Strich gond no schnell i de Kapell ä Kerzle azinded! Wievill Lichtle brenned uf de ganz Welt i Kathedrale, Kirche und Kapelle, fir Verstorbene, fir Kranke, fir Liebende, fir Verlorene oder fir sottige, wo mer mont, dass se verlore sind? Gläubige und Ungläubige zinded Kerzle a, weil se irgendwo i ihrem Herz oder Kopf hoffed oder glaubed, dass des Herz bi dere Himmelmamme dehom isch. I mim Zimmer schtoht se au, die Himmelmamme und drunder lueget »die Mei« usseme Foto. I hon ä Gläsle mit Maiglöckle näbedra gschtellt, und wenn i devor hock, no kummt menkmol so ä Gfihl wo i glaub, des isch etz Maiandacht ...

Von Walter Fröhlich

Autor:

Redaktion aus Singen

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