Faktenchek zur Gäubahn am Freitag in Stuttgart
"Benötigen eine Planungsoffensive auf der ganzen Gäubahnlinie"

Symbolbild Gäubahn | Foto: of/ Archiv

Singen/ Stuttgart. Am Freitag fand der Faktencheck Gäubahn des Interessenverbandes Gäu‐Neckar‐Bodenseebahn (IV GNBB) in der Sparkassenakademie am Pariser Platz in Stuttgart statt. Außer den Mitgliedern des Interessenverbands nahmen die Deutsche Bahn, das Verkehrsministerium Baden‐Württemberg, der Verband Region Stuttgart und die Landeshauptstadt Stuttgart sowie der Verkehrsclub Deutschland, der Verband Pro Bahn, der Landesfahrgastbeirat und der Landesnaturschutzverband am Faktencheck teil, so eine gemeinsame Mitteilung der Stadt Stuttgart und den Verkehrsministeriums.

Der Faktencheck Gäubahn diente der transparenten Darstellung des Themas und der Versachlichung der aktuellen Diskussion. Deutsche Bahn und Landeshauptstadt Stuttgart stellten dar, welche Auswirkungen der Weiterbetrieb der bisherigen Bahnanlagen bis Stuttgart Hbf hätte. Deutsche Bahn und Verkehrsministerium Baden‐Württemberg erläuterten das von der Bahn vorgesehene Konzept eines Umstiegs in Vaihingen und einer vom Land geplanten zusätzlichen Weiterführung bis zu einem Nordhalt.

Zudem stellte die Deutsche Bahn die Ergebnisse der Prüfungen von alternativen Führungen der Gäubahn vor. Gezeigt wurden die Ergebnisse der Prüfung von Umleitungsstrecken über Tübingen oder Renningen. Dargestellt wurden auch Prüfungen über die Verlängerung von S‐Bahn Verbindungen über Herrenberg hinaus in Richtung Süden oder die Nutzung der S‐Bahn‐Stammstrecke für Intercity‐ Züge.

Für alle Mitglieder des Interessensverbandes ist der Bahnverkehr auf der Gäubahn ein wichtiges Anliegen. In der offenen Diskussionsrunde wurde deutlich, dass alle Teilnehmer an einer konstruktiven Lösung Interesse bekundet haben, die dem Bahnverkehr zwischen Landeshauptstadt und dem südlichen Landesteil nutzt.

Guido Wolf, Vorsitzender des Interessenverbandes Gäu‐Neckar‐Bodenseebahn und Mitglied des Landtags von Baden‐Württemberg: „Der Faktencheck war sinnvoll, um einmal mehr deutlich zu machen, dass sich die Gäubahnanlieger im Süden vehement gegen die Kappung der Gäubahn am Hauptbahnhof Stuttgart wenden. Die Solidarität des Südens innerhalb des Interessensverbandes darf nicht überstrapaziert werden. Deshalb brauchen wir eine Lösung, die nicht ausschließlich in einem Umstieg in Vaihingen liegen kann. Für mich hat sich heute die Option einer S‐Bahnverbindung in den Süden ergeben, deren weitere Untersuchung ich für notwendig erachte. Dabei muss auch eine S‐Bahnverbindung von Stuttgart bis Singen geprüft werden. Insofern muss der Faktencheck von heute fortgesetzt werden. Möglicherweise liegt uns bis dahin auch die Position des Eisenbahnbundesamtes vor, wo die Frage einer weiteren Betriebspflicht für die Panoramabahn, also des Verbleibs der alten Gleise bis zum Hauptbahnhof Stuttgart, derzeit rechtlich geprüft wird.“

Gerd Hickmann, Abteilungsleiter Öffentlicher Verkehr im Ministerium für Verkehr Baden‐Württemberg: „Das Verkehrsministerium bedauert die jahrelange Unterbrechung der Gäubahn sehr. Dies ist eine erhebliche Einschränkung für die Fahrgäste. Es behindert uns natürlich beim Ziel, die Fahrgastzahlen zu verdoppeln. Gleichzeitig müssen wir berücksichtigen, dass alle Partner des Projekts Stuttgart 21 in komplexe Verträge eingebunden sind und vielfältige Interessen zu berücksichtigen sind. Das Land versucht, die Einschränkungen für die Fahrgäste zu verringern und hat deswegen den Regionalhalt Vaihingen realisiert und finanziert. Außerdem arbeiten wir mit den S21-Projektpartnern an der Erhaltung der Panoramastrecke bis zu einem Nordhalt. Der Faktencheck hat gezeigt, dass eine Verlängerung der S‐Bahn nach Süden für einen Teil der Fahrgäste die Einschränkungen verringern kann. Das Verkehrsministerium wird sich stets dafür einsetzen, dass für Fahrgäste eine sachgerechte Lösung gefunden wird.“

Thorsten Krenz, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Baden‐ Württemberg: „Mit dem Pfaffensteigtunnel schwenkt die Gäubahn auf den Deutschlandtakt ein, das ist eine glänzende Perspektive. Während der Bauzeit bleibt die Gäubahn über den Regionalbahnhof Stuttgart‐Vaihingen sehr gut mit der Landeshauptstadt verknüpft. Von dort verkehrt dann im Schnitt alle drei bis vier Minuten eine S‐Bahn in Richtung Hauptbahnhof, zudem besteht dort Anschluss ans Stadtbahnnetz und an Buslinien. Sämtliche Varianten ohne Umstieg zum künftigen Hauptbahnhof hingegen bedeuten deutlich längere Reisezeiten und betriebliche Einschränkungen. Der teilweise Weiterbetrieb des Kopfbahnhofs wäre ein völlig neues Projekt mit einer Realisierungszeit von acht bis zehn Jahren und ist auch deshalb keine Option. Wir begrüßen, dass es nun ergebnisoffen Gespräche zu einer möglichen Verlängerung der S‐Bahn über Herrenberg hinaus geben wird.“

Thomas S. Bopp, Vorsitzender des Verbandes Region Stuttgart: „Eine große Baustelle, wie wir sie hier haben, bringt immer Einschränkungen mit sich, auch über mehrere Jahre. Die Landeshauptstadt und die Region Stuttgart haben damit ihre Erfahrungen. Auch auf der Gäubahn wird eine Verbesserung nur möglich, wenn während der Bauzeiten Einschränkungen akzeptiert werden. Der Verband Region Stuttgart trägt zu Verbesserungen in Richtung Gäubahn bei, indem er dafür sorgt, dass bis zum interimsweisen Gäubahnbetrieb die S5 von Bietigheim bis Böblingen verkehren kann. So fahren in Stuttgart‐Vaihingen vier S‐Bahnlinien im 15 Minutentakt, also alle drei bis vier Minuten eine S‐Bahn. Dadurch bieten wir allen Fahrgästen einen kurzen Umstieg. Die Reisezeiten sind dadurch kürzer als bei den im Faktencheck diskutierten Lösungen über Renningen oder Tübingen. Ich glaube, für die Zeit des Unterbruchs ist das eine sehr gute Alternative, die die Fahrgäste annehmen werden! Wir sind offen für weitere Verbesserungen, wie zum Beispiel die S‐Bahn bis Horb verkehren zu lassen. Diese Maßnahme bedarf einer genauen Überprüfung, bei der die Frage geklärt werden muss, wer die Kosten außerhalb der Region trägt.“

Dr. Frank Nopper, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart: „Ja, Stuttgart will baldmöglichst Wohnraum schaffen auf den bisherigen Gleisanlagen. Das ist von großer und größter Bedeutung für die vielen Wohnungssuchenden in Stuttgart und in der Stuttgarter Region. Aber selbst wenn man diesen wichtigen Aspekt und die völlig veraltete oberirdische Gleisinfrastruktur einmal außer Acht lässt, selbst wenn man eine reine Gäubahnperspektive einnimmt, ist der Umstieg in Vaihingen die bessere Übergangslösung. Wir alle sind Gäubahn. Die Gäubahn verbindet uns, sie sollte uns nicht trennen. Die Gäubahn ist für Stuttgart und die Stuttgarterinnen und Stuttgarter eine ganz wichtige Verbindungsachse. Deswegen setzt sich Stuttgart auch aktiv und mit großer Überzeugung für die Gäubahn ein. Nach Abwägung aller Fakten ist für mich der Umstieg in Vaihingen die beste Lösung. Ein kurzer Umstieg in Vaihingen ist besser als ein langer und beschwerlicher Weg am Hauptbahnhof. Ich plädiere deswegen für den Übergangsumstieg in Vaihingen und werbe im Interesse der Gäubahn und allen Gäubahnreisenden um Ihre Unterstützung.“

Hans-Peter Storz, MdL für den Wahlkreis Singen-Stockach und verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: „Die Bahn muss alle Möglichkeiten zur Reisezeitverkürzung nach Stuttgart ausnutzen, wenn sie die Fahrt zum Hauptbahnhof – wie während des Faktenchecks ausgeführt - übergangsweise nicht ohne Umsteigen anbieten kann.“ Durch den Ausbau des Regionalbahnhofs Vaihingen und durch den geplanten Nord-Halt können viele Fahrgäste ihre Ziele in Stuttgart gut erreichen. Dennoch sei es unbefriedigend, dass die Bahn einen Unterbruch der Gäubahn während der Bauzeit nicht vermeiden könne. „Die Bahn muss daher alles daran setzen, die eintretenden Verschlechterungen bei den Fernverkehrsanschlüssen so weit wie möglich zu kompensieren,“ sagte Storz.
Im nördlichen Teil der Gäubahn erfolge dies über eine geplante Verlängerung der S-Bahn über Herrenberg hinaus nach Horb und Rottweil. Storz fordert zu prüfen, ob die S- Bahn bis Singen verlängert werden kann. Auch die Potentiale für Beschleunigung der Bahn südlich von Horb müssten genutzt werden. Vorrang müssten die Maßnahmen haben, die schnell umgesetzt werden können. „Deswegen benötigen wir eine Planungsoffensive auf der ganzen Gäubahnlinie von Stuttgart bis Singen,“ sagte Storz.

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Presseinfo aus Singen

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