GVV-Geschäftsführer Roland Grundler wählte am Samstagmorgen den Freitod
Eine ganze Stadt ist fassungslos

Foto: Viele Menschen haben ihre Trauer um den Freitod von Roland Grundler am Hegau-Tower mit Kerzen und Blumen zum Ausdruck gebracht. swb-Bild: of
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Singen (of). Die Nachricht verbreitete sich am Samstagnachmittag in Windeseile über die ganze Stadt. GVV-Geschäftsführer Roland Grundler war im Laufe des Vormittags vom 18. Stockwerk des Hegau-Tower gesprungen und hatte dabei tödliche Verletzungen erlitten. Seine Frau hatte bei der Polizei Alarm geschlagen, nachdem er bereits früh das Haus verlassen hatte und nicht mehr zurück kam. Auf dem Dach des vor dem Hegau-Tower liegenden Hauptzollamts wurde der Leichnam schließlich am Mittag gefunden und von der Feuerwehr mittels Drehleiter geborgen.
Singens OB Bernd Häusler wurde als einer der ersten informiert und bekam die Bergung noch mit. Der Schock saß tief. »Es ist schrecklich....«, mehr brachte er am Nachmittag dieses Tages nicht über die Lippen.
Erst am Sonntag bestätigte die Polizei den Freitod per Pressemitteilung. »Ein Fremdverschulden ist auszuschließen« so die Meldung, denn der 52-Jährige habe offensichtlich schon mehrfach suizidale Absichten geäußert. Grundler habe schon länger an Depressionen gelitten.
»Wir haben es auf der Fahrt zum Auswärtsspiel in Denzlingen erfahren«, sagte der zweite Vorsitzende und Spielmanager des FC Singen, Frank Renz, auf Anfrage des WOCHENBLATTs. Die Spieler erfuhren es erst nach dem Spiel. »Viele kennen Roland Grundler schon seit vielen Jahren. Die Fassungslosigkeit und Bestürzung sind unermesslich«, so Renz. »Er wurde wegen seiner Eigenschaften bei den Spielern wie im Vorstand sehr geschätzt.« Und: »Die berufliche Anspannung war ihm in den letzten Wochen deutlich anzumerken«, so Renz weiter. »Wir hatten ihm dringend geraten, einen Arzt aufzusuchen und sich eine Weile auszuklinken«, so Renz noch sichtlich schockiert am Sonntagnachmittag.
Grundler sei aber weiter jeden Tag zur Arbeit gegangen. Roland Grundler hinterlässt seine Frau Christine und drei erwachsene Kinder.

Fassungslosigkeit

Schon am Nachmittag kamen Mitarbeiter der GVV am Hegau-Tower zusammen, um ihre Fassungslosigkeit über diese Tragödie zu teilen. Bis in die Nacht wurden immer mehr Blumen zwischen den beiden Türmen des Hegau-Tower abgelegt und Kerzen angezündet. Auch der ehemalige OB Oliver Ehret fuhr vor und zündete in Begleitung seiner Kinder eine Kerze an. Die tiefe Trauer und Bestürzung über diesen Freitod war auch am Montag in der ganzen Stadt zu spüren.
Am Montag veröffentlichte die Stadt Singen einen Nachruf. OB Häusler würdigte Grundlers Verdienste für die Stadt in fast drei Jahrzehnten: »Roland Grundler widmete seine ganze berufliche Energie dem Aufbau und der Weiterentwicklung der GVV. Dieser Einsatz hat unsere Stadt in vielen Bereichen nach vorne gebracht. Auch den in den vergangenen Monaten notwendig gewordenen Konsolidierungsprozess hat er offen und konstruktiv unterstützt«, so OB Häusler.

Von Anfang an die GVV

Roland Grundler war seit Anbeginn der Geschäftsführer der GVV Singen gewesen. Mit dem Parkhaus an der Julius-Bührer-Straße und der Sanierung des Alten Dorfes startete die GVV ihre Arbeit. Es kam im Laufe von über 25 Jahren eine riesige Menge an Projekten dazu. Das Schlachthof-Areal, viele gewerbliche Bauten. Unter OB Andreas Renner wurden an die GVV die städtischen Wohnungsbestände übertragen und der Auftrag vom Gewerbeunternehmen zum Wohnbau-Unternehmen erweitert. Im Wohnungsbestand herrschte Sanierungsdruck. Das Geld musste sich die GVV auf dem Markt verdienen. Die »Soziale Stadt« in Singens Süden, das Remishofer Zelgle, die »Sommerfrische« in Arlen, der Aachgarten in Rielasingen waren Marksteine. Unter Renner wurde südlich der Bahnlinie in die DAS-Gebäude viel investiert, und in das »sintec« als Gründerzentrum, das neben dem größten Werk der Gesellschaft, dem Hegau-Tower schon lange ein Sorgenkind ist. Letzteren hatte OB Oliver Ehret mit in die Tat umgesetzt. Die GVV wurde auch losgeschickt, um den Boden für ein Kunsthallen-Areal vorzubereiten.
Doch hier wurden die Grenzen des Städtischen Unternehmens überdeutlich.
Am gestrigen Dienstag hätte im Singener Finanzausschuss ein Nachtragshaushalt beraten werden sollen, der die Übernahme von Grundstücken und Immobilien von der GVV im Wert von 7 Millionen Euro vorsieht, um dort die finanziell angespannte Lage zu mildern. Die Sitzung wurde am Dienstag- morgen abgesagt.
Gerade im letzten OB-Wahlkampf wurde die Situation der GVV zum Zankapfel.
Auf dem Neujahrsempfang im Januar hatte der neue OB Häusler »einen langen und steinigen Weg zur Sanierung des städtischen Unternehmens« angekündigt.
In den letzten Wochen wurde die GVV von externen Prüfern durchleuchtet. Dieser Bericht liegt der Öffentlichkeit noch nicht vor.

Die nächsten Schritte

OB Bernd Häusler kündigte am Dienstag an, dass bis zum kommenden Dienstag, 8. April, gegenüber dem Aufsichtsrat und Gemeinderat eine Interims-Geschäftsführung vorgestellt werden solle. »Dieses rasche Handeln ist dringend geboten, um den Fortbestand der GVV zu garantieren und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu sichern«, so eine Mitteilung der Stadtverwaltung. Bis dahin werde es auch keine weiteren Informationen geben. Der FC Singen hatte auf Ende März eigentlich seine Hauptversammlung geplant. Sie wurde aus verschiedenen anderen Gründen aber schon im Vorfeld auf Mai verschoben. Eigentlich war man dort bis zum Samstag davon ausgegangen, dass Grundler den Verein weiter führen wollte. Jetzt muss erst ein Nachfolger gefunden werden.
Der für kommenden Samstag geplante »Ball des Sports« des FC Singen im Kulturpunkt Arlen wurde abgesagt.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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