Hunderte dabei bei der "Alarmstufe Rot"
Gesundheitsversorgung ist akut gefährdet

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Singen/ Konstanz. Im Rahmen des Protesttags "Alarmstufe Rot" der Kliniken in ganz Deutschland, zeigten auch die Mitarbeitenden des Gesundheitsverbunds klar Flagge. Im Rahmen einer "Aktiven Mittagspause", protestierten vor dem Hegau-Bodensee-Klinikum in Singen rund 250 Mitarbeiter, in Konstanz am Klinikum 100 Mitarbeitende. Zusätzlich fuhren 130 Personen nach Stuttgart zur zentralen Kundgebung nach Stuttgart, wo tausende Demonstranten die aktuelle Problemlage der Kliniken zur Sprache brachten, unterstützt von vielen Trillerpfeifen und Ratschen.

Den Ernst der Lage brachte in Singen Rebecca Sellmann, als kaufmännische Leiterin des Klinikums zur Sprache. 60 bis 80 Prozent der Kliniken im Land würden Ende des Jahres rote Zahlen in der Bilanz haben, 30 Prozent seien akut insolvenzgefährdet, weil sich die chronische Unterfinanzierung durch die Inflation, Energiepreise und die Tarifabschlüsse dramatisch verschärft hatte. "Das Finanzierungssystem der Krankenhäuser lässt nichts zu, die Mehrkosten können nicht weiter gegeben werden. Dazu kommt, dass die Bundesregierung seit Jahren die Augen vor unseren Problemen verschließt und uns den Alltag durch immer mehr Bürokratie erschwert", so Sellmann weiter. "Wir sind heute hier, um ein Zeichen zu setzten, dass die Zustände im Gesundheitssystem unhaltbar sind und wir sie nicht länger hinnehmen wollen. Aber vor allem, weil wir uns um die Zukunft unseres Klinikwesens sorgen."
Die Bundesregierung müsse jetzt tätig werden, die Finanzierung vor der geplanten Krankenhaus-Strukturreform zu stabilisieren, um hier einen kalten Strukturwandel zu vermeiden. Man fordere eine Krankenhausfinanzierung, die auch Investitionen ermögliche, eine bedarfsgerechte Personalplanung, eine Vereinfachung der Verwaltung und einfachere Abrechnung und auch mehr Mitwirkung der Krankenhäuser bei den Entscheidungen, sagte sie von einem Konzert der Trillerpfeifen und Ratschen begleitet. "Wir sind viele, wir sind laut, und wir sind stark", schloss sie ihre Rede.

Die Betriebsratsvorsitzende Christa Bartuschek sprach von einer nie gekannten Stresssituation der Krankenhäuser in den letzten drei Jahren durch Corona und die Folgen. Der Krieg gegen die Ukraine habe nicht nur die Kosten für Energie und Lebensmittel drastisch steigen lassen, sondern auch für Medikamente. Dazu kämen die Tariferhöhungen für die Beschäftigten. Gegenüber der angekündigten Krankenhausreform steht sie sehr skeptisch gegenüber. Zwar sollen die Fallpauschalen (DRG's) nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, doch nach ihrem Wissensstand gehe es dann doch um Fallzahlen, die darüber entscheiden, was ein Krankenhaus anbieten könne. Da werde ein neuer Verteilungskampf stattfinden, befürchtet sie.  Für die Probleme des Gesundheitssystems sind die Zentralen Notaufnahmen für sie Indikator: Sechs Stunden Wartezeit für Notfälle seien keine Seltenheit, viele landeten auch dort, weil sie auf manche Operationen oder auch auf Termine bei Fachärzten zuweilen drei bis sechs Monate warten müssten, bleibe er Weg in die Notaufnahme oft die einzige Alternative. Perspektivlosigkeit beim Personal sieht sie als Folge, weil sich die Zustände eben nicht verbessern. Eine vom Bundesgesundheitsminister gedachte "Ambulanzierung" könne nicht funktionieren, wenn nicht die Struktur der Krankenhäuser gestärkt werde. "Eine Problemverlagerung ist keine Heilung einer Mangelkrankheit", sagte sie. Damit meinte sich auch den aktuellen Personalmangel. Die Personaluntergrenzen ließen aus ihrer Sicht gar keinen wirtschaftlichen Betrieb der Kliniken mehr zu.  Sie forderte eine "schnelle Eingreiftruppe", die die Kliniken vor dem drohenden Kollaps schütze.

Die roten Luftballons der Kundgebung wurden danach in den Himmel entlassen - in Richtung Berlin war der Wunsch.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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