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„Ich habe es als sehr dringend empfunden“

Elisabeth Müßig ist langjährig aktiv im bundesweiten Senior Expert Service (SES), aktuell als Ausbildungsbegleiterin von Shahin Mohammadi aus dem Iran auf deren Weg zur Erzieherin. | Foto: Bernhard Grunewald
  • Elisabeth Müßig ist langjährig aktiv im bundesweiten Senior Expert Service (SES), aktuell als Ausbildungsbegleiterin von Shahin Mohammadi aus dem Iran auf deren Weg zur Erzieherin.
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Singen. Elisabeth Müßig hilft seit 12 Jahren jungen Menschen, ihr Ausbildungsziel zu erreichen. Mit ihrer Unterstützung schaffen zwei Drittel die Abschlußprüfung.

Manchmal kommen die Anfragen vom Ausbildungsbetrieb, aber auch vom Lehrer oder der Schulsozialarbeiterin - kann Frau Müßig helfen, den Abbruch einer Ausbildung zu vermeiden? In schwierigen Phasen einer Lehrzeit ist Elisabeth Müßig aus Singen eine mittlerweile gefragte Expertin für regionale Betriebe und Berufsschulen - vor allem jedoch für Auszubildende, die sich fragen, ob und wie sie ihre Prüfung trotz Stress in der Schule, im Betrieb oder in der Familie oder schlicht wegen Prüfungsangst doch noch schaffen können? Angefangen hat alles vor 12 Jahren, als sich ihr Berufsleben in der Forschung als Molekularbiologin an der Uni Konstanz zu Ende neigte: „Ich habe es als sehr dringend empfunden, jungen Menschen bei ihrer Ausbildung zu helfen“. Gerade auch zu diesem Zweck wurde vor bereits 40 Jahren der Senior Experten Service (SES) als größte deutsche Ehrenamtsorganisation für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand als Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit gegründet.

Der SES hat rund 12.000 Expertinnen und Experten und fördert vor allem den Know-How-Transfer in der Entwicklungszusammenarbeit. In Deutschland kümmert er sich besonders um den Nachwuchs in Schule und Ausbildung: Etwa 3000 Engagierte unterstützen das SES-Projekt „VerA“ (Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen). Regionalkoordinator hierfür ist Alfons Greis aus Wollmatingen, zu dem Müßig Kontakt hält. Ziel der VerA-Ausbildungsbegleitung über regulär 12 Monate ist der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung. Im Kennenlerngespräch werden die Belastungen in der Ausbildungssituation erörtert, welche schulische, betriebliche, familiale oder finanzielle Ursachen haben können. „Aber auch Lernblockaden, Versagungsängste oder Minderwertigkeitserlebnisse belasten“, so Müßig.

In den monatlichen Gesprächen mit den Auszubildenden geht es gerade nicht um Nachhilfe oder Wissensvermittlung - „das muss in der Schule geschehen“ - sondern um die Vermittlung von Lernmethoden, oft auch um die Überwindung des Gefühls, alleine zu sein. Immerhin: In zwei Drittel aller Fälle trug Müssig’s Unterstützung nachweislich zum Erfolg bei der Abschlussprüfung bei. Waren es anfänglich eine weibliche deutsche Azubi-Chemielaborantin, Altenpflegerin, Floristin, Krankenpflegerin, so kamen im Laufe der Jahre unter anderem ein Tierpfleger-Azubi aus Syrien, eine russische Kindergärtnerin, Zahnarzthelferinnen aus Afghanistan und Syrien, ein Altenpfleger aus Eritrea und eine iranische Kindergärtnerin hinzu. “Ich helfe Deutschen und Ausländern, denn die haben es alleine wegen der Sprache noch schwerer“, so die Erfahrung von Müßig. Sie macht das ehrenamtlich ohne Honorar, es gibt lediglich eine kleine Aufwandsentschädigung zum Beispiel für Fahrtkosten - aber sie bleibt oftmals mit den jungen Menschen über jene 12 Monate hinaus verbunden. „Es war mir oft eine Ehre zu sehen, wie die Persönlichkeit wächst, wie Probleme bewältigt werden können“, resümiert Müßig, „man sieht ein anderes Leben, ein Fenster öffnet sich, vieles wird möglich“. Sie achtet dabei stets auf den nötigen Respekt, hilft bei der Selbstständigkeit und dämpft allzu hohe Erwartungen.

Aktuell begleitet sie die gebürtige Iranerin Shahin Mohammadi, selbst Mutter von zwei Kindern, bei ihrem Werdegang als Erzieherin. Mohammadi wohnt in Singen und steht in 3jähriger schulischer Ausbildung am Marianum im Kloster Hegne, wo sie in dieser Zeit auch praktisch 2.000 Stunden im Kindergarten arbeitet, zudem Praktikas in Kinderkrippen und Kinderhorten absolviert. Vor 6 Jahren nach Deutschland geflüchtet, hat sie bereits Sprachniveau B 2 erreicht, hofft auf einen guten Abschluss und gute Arbeit. „Ich liebe Kinder“, so die junge Frau, welche sich dankbar zeigt für das professionelle Marianum-Coaching hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen, wobei sie noch mehr und noch besser Deutsch lernen will. Das korrekte Schreiben für Schule und Praxis - Leistungsnachweise, Berichte und Protokolle - mitsamt Prüfungsvorbereitungen sind Schwerpunkte in jener Zusammenarbeit mit der SES-Expertin, für die Mohammadi nur ein Wort kennt: „Super!“ Längst ist ein guter persönlicher Kontakt entstanden, denn auch Müßig schätzt nicht nur Mohammadi‘s Offenheit, Freundlichkeit und Geduld im Umgang mit Kindern und Eltern, sondern auch ihre Stärke, strukturiert zu lernen und zu leben: „Shahin organisiert sich selbst“. So hoffen beide, dem großen Mangel an Fach- und Arbeitskräften in unserer Region etwas entgegenzuwirken.

Autor:

Bernhard Grunewald aus Singen

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