Heinrich-Weber-Platz
Schrankenloses Parken: Umstellung mit Hindernissen

Die fehlenden Schranken an der Garage Heinrich-Weber-Platz verlocken zur Ausfahrt, ohne zu bezahlen. Ein Schild weist darauf hin, dass ein Parkentgelt zu bezahlen ist. | Foto: Anja Kurz
  • Die fehlenden Schranken an der Garage Heinrich-Weber-Platz verlocken zur Ausfahrt, ohne zu bezahlen. Ein Schild weist darauf hin, dass ein Parkentgelt zu bezahlen ist.
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Singen. Schrankenloses Parken: Das heißt einfach in ein Parkhaus reinfahren, nach der Parkzeit am Automaten das Kennzeichen angeben, bezahlen und wieder rausfahren. Ohne Warten, ohne Schranke. Das funktioniert über Kameras, die die Kennzeichen der ein- und ausfahrenden Autos scannen. Solch ein System ist seit Februar auch am Parkhaus Heinrich-Weber-Platz in Singen in Betrieb.

So einfach wie es klingt, hat es allerdings bei Günter Marschall, der selbst in Singen wohnt, nicht geklappt. Er gibt im Gespräch mit dem WOCHENBLATT an, am 27. März im Parkhaus Heinrich-Weber-Platz geparkt zu haben. Als er bezahlen wollte, sei eine Kartenzahlung nicht möglich gewesen, weswegen er bar bezahlen musste. Anschließend, so fährt er fort, habe er noch einer verunsicherten Dame, die ihn zuvor beim Bezahlen beobachtet hatte, den Bezahlvorgang erklärt. Dann verließ er das Parkhaus. Etwas mehr als zwei Wochen später erhielt er allerdings eine Zahlungsaufforderung über knapp 50 Euro, wegen eines nicht bezahlten Parkvorgangs. Da Günter Marschall keinen Quittungsbeleg aufbewahrt hat, fehle ihm der Beweis, die Parkgebühr bezahlt zu haben.
Zu diesem Fall hat das WOCHENBLATT sowohl die Stadtwerke Singen, die die Parkgarage betreiben, als auch die Firma Avantpark, die das Parksystem verantworten, kontaktiert.

Firma aus München, Antwort aus Schottland

"Avantpark - Parking Solutions Deutschland" ist eine Firma mit Sitz in der Nähe Münchens. Auf die Anfrage des WOCHENBLATTs antwortete allerdings eine Kommunikationsfirma aus Glasgow in Schottland. Fragen, etwa wie viele Mahnungen die Firma seit Inbetriebnahme des Parkhauses Heinrich-Weber-Platz verschickt hat oder woher ein Fehler stammen könnte, wurden nicht beantwortet. Auf die Fragen wurde seitens der Redaktion während des Austauschs per Mail mehrfach hingewiesen.
Als Antwort lieferte die Firma eine Stellungnahme, die beispielsweise betont, die eingesetzte Technologie solle "sicherstellen, dass ein Bußgeldbescheid nur dann ausgestellt wird, wenn gegen die Regeln des Parkplatzes verstoßen wurde". Weiter heißt es, die Garage sei "mit gut sichtbaren Schildern ausgestattet", die darauf hinweisen, dass Parktarife gelten und diese an einem Automaten oder über eine App bezahlt werden könnten. Zu dem konkreten Fall äußerte sich der Sprecher schriftlich wie folgt: "Unsere Systeme zeigen, dass wir während der Parkzeit des Autofahrers keine Einnahmen in unserem System registriert haben, die nicht einem entsprechenden Fahrzeugkennzeichen zugeordnet sind." Der Einspruch von Günter Marschall sei abgelehnt worden, weil er die Zahlung nicht belegen konnte. "Wenn jemand mildernde Umstände hat, möchten wir ihn ermutigen, dies durch einen Einspruch deutlich zu machen."

Kooperation mit Startschwierigkeiten

Vonseiten der Stadtwerke äußerte sich deren Leiter Axel Blüthgen auf die Fragen des WOCHENBLATTs. Bei den bezahlten Vorgängen sei das Kennzeichen Günter Marschalls nicht gefunden worden, eine weitere Prüfung habe man bei der Firma Avantpark in die Wege geleitet. In Betrieb sei das schrankenlose Parksystem seit dem 6. Februar, "mit einem anschließenden Kulanzzeitraum von 14 Tagen, in dem keine Verstöße geahndet wurden", ergänzte Blüthgen. Im März habe es rund 7.000 Parkvorgänge gegeben, bei drei Prozent davon (etwa 210 Fälle) habe es eine Nachverfolgung wegen eines Verstoßes gegeben, "beschwert haben sich deutlich weniger". Bei den Stadtwerken seien insbesondere Beschwerden zu Vorgängen während des Osterwochenendes eingegangen. Hier habe es "technische Probleme" gegeben, die inzwischen gelöst seien. Die entsprechenden Zahlungsaufforderungen wurden storniert, so Axel Blüthgen, der außerdem ergänzt: "Beschwerden sind bei so einer Umstellung normal."
Die Kooperation mit Avantpark könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht wirklich bewerten, dazu sei es zu früh. Aber: "Bei der Zusammenarbeit gab es Anlaufschwierigkeiten. Gerade bei der technischen Umsetzung hätten wir uns einen reibungsloseren Ablauf gewünscht." Für Avantpark habe man sich unter mehreren Firmen "aufgrund ihres Angebots und ihrer Referenzen" entschieden.

Günter Marschall vermutet, dass sein Fall nicht der einzige ist, bei dem trotz Bezahlung durch Avantpark ein Verstoß angemahnt wurde. Eine kurze Recherche im Internet habe ihn zudem in der Vermutung bestärkt, dass es sich um eine Betrugsmasche handeln könnte. Dass viele Menschen in unterschiedlichen Parkhäusern negative Erfahrungen gemacht haben, bestätigt auch ein Blick in das Portal "Trustpilot" bei dem Nutzer verschiedene Unternehmen bewerten können. Unter den insgesamt 25 Bewertungen finden sich einige, die trotz Bezahlens ihrer Parkgebühr oder während der Bezahlautomat nicht funktioniert habe, wegen eines Verstoßes kontaktiert wurden. Einige Fälle konnten dort beigelegt werden, nachdem ein Zahlungsnachweis (zum Beispiel eine Quittung) vorgebracht werden konnte.

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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