Gedanken zum Tod von GVV-Geschäftsführer Roland Grundler
Am Ende herrscht einfach Sprachlosigkeit

Es gibt Augenblicke, die endlos scheinen: Ein Ereignis lässt die betroffenen Menschen an nicht anderes mehr denken – und doch dennoch sind viele schon wieder mit ganz anderen Gedanken unterwegs. Was könnte mich in dieser Woche in meiner Kolumne anderes beschäftigen, als der Freitod von GVV-Geschäftsführer Roland Grundler? Sein Sprung vom Hegau-Tower wirft viele Fragen auf – vor allem die, wie wir miteinander umgehen! Was wissen wir voneinander im alltäglichen politischen Geschäft? Und am Ende herrscht einfach Sprachlosigkeit. Roland Grundler war für die Stadt Singen und deren Verwaltung stets ein Problemlöser, doch das wurde für ihn selbst letztlich zum Problem. Rund 25 Jahre lang hatten Roland Grundler und ich miteinander „zu tun“: Ein Handelnder im kommunalpolitischen Umfeld und ein Journalist. In den letzten Tagen habe ich mehrfach die 48-seitige Broschüre zum 25jährigen Bestehen der GVV durchgeblättert. Ich habe sie damals 2010 geschrieben, sie ist zum Dokument der Lebensleistung von Roland Grundler geworden.

Kennengelernt haben wir uns im Vorfeld der Volkszählung des Jahres 1887 im Singener Rathaus: Oberbürgermeister Friedhelm Möhrle stellte den jungen Mann vor, der für Singen die schwierige Aufgabe meistern sollte. Erster GVV-Geschäftsführer war dann allerdings Hans Veit, der die Bohlinger Eingemeindung glanzvoll bewältigt hatte und nun zum Bürgermeister in Hohenfels gewählt wurde. Und dann kam aus dem Umfeld der Kämmerei Grundler gleichsam „an die Front“. Er sollte sanieren, Probleme lösen, das Alte Dorf, die Erhaltung der Gems, das Schlachthof-Areal. Die GmbH war Neuland, die Stadt sollte beweglicher am Markt werden, wirtschaftlicher sein, Geld sparen. So genau definiert war das alles nicht, doch die GmbH setzte sich in Bewegung. 1995 wurden ihr die städtischen Wohngebäude überschrieben, die die Stadt aus eigenen Mitteln nie hätte zeitnah sanieren können.

Die GVV sollte mit den Gewinnen aus dem Bauträgergeschäft die städtischen Wohnungen sanieren. Irgendwie gelang es – mit Konflikten und manchem Ärger. Andere Bauträger waren sauer, weil die GVV städtische Grundstücke billiger bekam. Im Jahr 2001 drehte sich die Wiederwahl von Oberbürgermeister Andreas Renner fast ganz um die GVV. Die Nordstadtbebauung hatte für manchen Ärger gesorgt, geschossen wurde aus vielen Rohren. Eines war nicht begriffen worden, dass nämlich ein GmbH-Geschäftsführer anderen Prinzipien unterworfen ist als ein Bürgermeister. Er konnte freier Preise aushandeln und Aufträge vergeben. Es gab einen Aufsichtsrat und nicht mehr Dutzende Gemeinderäte, die Hausmeister hätten spielen dürfen.

Damals hatte ich nach der OB-Wahl ein Gespräch mit Roland Grundler, das wir in den letzten Jahren immer wieder durch den Kopf ging. Nachdem ich angemerkt hatte, dass er jetzt ja alles hinter sich habe, meinte er, er überlege gerade, sich auf eine ähnliche Stelle in Friedrichshafen zu bewerben. Und dann: Es gehe eben doch nicht alles ganz an ihm vorüber . . . Grundler machte in Singen weiter. Nach DAS I, DAS II und DAS III, kam die Polizei, das SinTec. Er löste Probleme, expandierte in die Nachbarschaft. Und es kamen andere Probleme. Im SinTec finanzierte das Land laborfähige Geschäftsräume, doch es gab keine Labors. Kam der Bedarf an seine Grenzen? War der Hegau-Tower am Ende doch ein Schritt zu mutig?

Grundler war - frei nach Goldoni - nicht etwa „Diener zweier Herrn“, er diente vier Oberbürgermeistern. Das Problem „Kunsthalle“ war bisher nicht zu lösen, ist deshalb eines. Schon wieder kommen die Konjunktive: „hätte“, „sollte“, „würde“ . . . Da beginnt bei mir die Sprachlosigkeit. Das alles darf nicht das Ende politischer Konflikte und Auseinandersetzungen sein! So darf – frei nach Heinrich Böll – das „Ende einer Dienstfahrt“ nicht aussehen. Dafür ist auch das Lebenswerk von Roland Grundler zu wertvoll! Er hat der Stadt in wesentlichen Teilen ein neues Gesicht gegeben. Das überlebt.

Von Hans Paul Lichtwald

- Redaktion

Autor:

Redaktion aus Singen

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