Das geschah eben „Hier, Da und Dorten“
LaGa-Kunst im Bauhof vergessen?

Sollten seit der Landesgartenschau des Jahres 2000 noch weitere Kunstwerke im Bauhof neuer Standorte harren, so sei hiermit die neue Bewerberliste eröffnet. Man weiß ja nie! Dass die 15 Jahre dort gehortete „Ballannahme“ von Olaf Metzger jetzt als Dauerleihgabe im Garten der Galerie Vayhinger eine neue Heimat fand, war auch nicht das Ergebnis einer Ausschreibung. Wer konnte schon ahnen, wo der Rest des LaGa-Projekts „Hier, Da und Dort“ in Sicherheit gebracht worden ist. Von Sicherheitsproblemen hatte Oberbürgermeister Bernd Häusler im Zusammenhang mit der Unterbringung im Bauhof gesprochen. Kinder waren darauf herumgeklettert, andere hatten die Körbe für Basketbälle genutzt. Deshalb mussten sie umgehend in Sicherheit gebracht werden. Und der Rest des Kunstprojekts wurde eben wenig transparent aufgelöst. Das hatte natürlich auch seinen Grund.

Die Endabrechnung der Landesgartenschau hatte sich verzögert. Stadtkämmerer Michael Lucke war inzwischen Bürgermeister in Tübingen geworden. Dass Singen bei der LaGa mit einem „blauen Auge“ davonkam, war mit sein Verdienst. Das Wetter hatte die Besucherzahlen in die Höhe katapultiert. Die Bevölkerung nahm die LaGa als ihren Treff an, so trafen sich Rentner fast jeden Tag zur vereinbarten Stunde. Mit dem Kunstprojekt war die Reaktion gemischt. Die Kinderprojekte mit Frau Grimm kamen gut an, zahlreiche Künstler machten hier mit. Gegenwind bekam Tom Leonhardt mit seinem Gartenprojekt in Schaufenstern. Druck war auf Einzelhändler ausgeübt worden, die spontan mitmachen wollten. Ihre Botschaft: „Hier, Da und Dort“ sollte es mit dem Engener Altbürgermeister Manfred Sailer und den Vayhingers sein!

Dann war die Landesgartenschau vorbei – und Kunst war übrig! Ich hatte gehört, Oberbürgermeister Andreas Renner würde mit einer Forderung nach Nachfinanzierung des Kunstprojekts in den Gemeinderat gehen! Dabei hätte doch alles kostenneutral für die Stadt werden sollen! Hinter den Kulissen rumorte es. Und an einem Freitag kam die Wahrheit auf den Tisch. Mittags hatte ich ein Arbeitsessen mit OB Renner, am Abend hielt ich eine Vernissage-Rede im Krankenhaus. Rundum, ein Tag der Kunst. Viele regionale Künstler waren sauer, weil sie nicht zu einer LaGa-Ausstellung eingeladen worden waren! Dabei hätte sich der Bürgersaal am LaGa-Eingang den ganzen Sommer über für regionale Kunst bestens geeignet. Das hätte doch alles nicht viel gekostet. Und nun sollte Manfred Sailers Projekt auch noch nachfinanziert werden?!

Das Gespräch mit Andreas Renner hatte es an diesem Freitag in sich. Wie war also der Rechtsstatus der Arbeiten von „Hier, Da und Dort?“ Unterschiedlich! Die Stadt hätte für manche Käufer und/oder mehrere Sponsoren oder Käufer finden müssen. Zudem war nicht alles auf Dauer am bestehenden Ort vorgesehen. Waren die Verträge überhaupt klar? War Manfred Sailer nicht noch LaGa-Geschäftsführer, als er das Kunstprojekt anlaufen ließ? Jetzt war Andreas Renner plötzlich im Zugzwang. Ein Gedanke der Problemlösung war, LaGa-Kunstwerke schlicht nach Ausstellungsende zurückzugeben. Man müsste ja nicht alles ankaufen! OB Andreas Renner wollte den Spielraum überprüfen. Das war das Ergebnis unseres Mittagessens. Die Stadt werde den Rest auf jeden Fall nicht aufkaufen. Das könnte ich am Abend bei der Vernissage im Krankenhaus auch in Renners Namen verkünden.

Hektik herrschte am Abend schon vor meiner Laudatio, bei der es natürlich um Kunst im Öffentlichen Raum ging. Dr. Inge Kley sprach mich gleich auf eine mögliche Nachfinanzierung des Kunstprojekts an. Offiziell wisse sie noch nichts, aber da käme wohl etwas auf den Gemeinderat zu! Dazu würde ich nachher noch etwas sagen, beruhigte ich sie. Hinterher waren auch viele anwesende Künstler mit der Aussage zufrieden, dass nichts nachfinanziert werden müsse, denn letztlich ging es um „Kunst als Markt“! Damit war erst einmal die Luft heraus. Bis letzte Woche begannen 15 Jahre Schweigen für mich, bis die Meldung aus Vayhingers Garten kam, wo die „Ballannahme“ als Leihgabe der Stadt bejubelt wurde. Die Botschaft überzeugt: Warum sollte LaGa-Kunst im Bauhof in Vergessenheit geraten? Wie sie dorthin gekommen war, bleibt erst einmal offen: Wer hat sie bezahlt? Bezahlt, damit sie von der Bildfläche verschwindet? Das darf ja nicht wahr sein!

Wahr ist inzwischen, dass LaGa-Kunst nicht unbedingt wetterfest war. Einiges an Kunst im Öffentlichen Raum musste nachbearbeitet werden. So war das mit dem Schriftzug „Singen“ am DRK-Haus in der Hauptstraße. „Fronteerland“ auf der alten Offwiese musste standsicher werden, nachdem die roten Holzpflöcke im Boden angefault worden waren. Fans des akustischen Wandelgangs hatten jubiliert, für manche war es der Inbegriff der Laga-Kunst. Verwaschen war plötzlich das Wandbild am früheren Eisen-Fischer. Die Holzbrücke im Westen des Geländes hatte Feuer gefangen. Die Lichterkette oben am Rathaus musste noch einmal wachgekitzelt werden, andere suchten die goldenen Eier im Stadtgarten. Gut, dass es ein Kunstbuch unseres Museumsleiters gibt! Ja, drei OB-Wahlen später sieht eben manches in der Stadt anders aus – und wird vergessen?

Plötzlich war dann die „Ballannahme“ weg! Wer hatte sie vermisst? Überhaupt jemand? Da kommt meine alte Position wieder her: Singen brauchte zur Landesgartenschau 2000 keine neue Kunst! Es hätte gereicht, den auswärtigen Besuchern Singen von C. G. Becker bis Otto Dix samt dem Umspannwerk-Projekt zu präsentieren. Unser eigenes Spannungsfeld in Sachen Kunst hätte gereicht. Deshalb zeigte ich zum Klemenzenfest in Steißlingen Werke von Ingeborg Osswald-Lüttin und Tom Leonhardt, die Köpfe der Hilzinger Kunstausstellung und des Umspannwerk-Projekts. Sie beide sind unvergessen, haben keine Kunstwerke im Bauhof vergessen. Ich fabulierte damals darüber „Hier, Da und Dorten“ - Und manches findet man dann an anderen Orten . . .

Von Hans Paul Lichtwald

- Redaktion

Autor:

Redaktion aus Singen

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