Sommerinterview mit Manfred Jüppner
»Mein erster Ruhestandstag wird ein Feiertag«

Manfred Jüppner | Foto: Manfred Jüppner hat schon konkrete Pläne für seinen Ruhestand. swb-Bild: Archiv/ml
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Mühlingen. Im Sommerinterview mit dem WOCHENBLATT spricht der scheidende Bürgermeister von Mühlingen, Manfred Jüppner, über das schwierige Jahr und den anstehenden Ruhestand.

WOCHENBLATT: Wie erlebten Sie die letzten Monate in denen das Corona-Virus unser Leben veränderte? Was waren die größten Herausforderungen?

Manfred Jüppner: Die erste Coronaverordnung am 17. März war schon Tage vorher zu erwarten, dann aber doch ein heftiger Schlag, der das ganze Gemeindeleben und auch das Private urplötzlich völlig veränderte. Es entstand eine absolute Unsicherheit, was kommt alles auf die Einwohner, auf die Gemeinde und die Ortspolizeibehörde zu und wie können wir adäquat reagieren.

Noch vor Veröffentlichung der Verordnung musste ich sämtliche Hallen, Säle und Veranstaltungsräume per Ortspolizeiverordnung schließen und sämtliche Veranstaltungen untersagen. Das gesamte öffentliche Leben kam sofort zum Erliegen. Auf einmal fanden keinerlei Sitzungen und Versammlungen mehr statt. Es gab so gut wie keine Baustellen- und Besprechungstermine. Wir waren völlig darauf fokussiert, welche Ereignisse eventuell auf uns zukommen könnten und welche Maßnahmen dann zu ergreifen wären. Zu meiner Überraschung reagierte unsere Bevölkerung sehr gefasst und äußerst verständnisvoll.

WOCHENBLATT: Was für konkrete Folgen hat Corona mit all seinen Einschränkungen und Auswirkungen für die Gemeinde Mühlingen, auch im Hinblick auf den Haushalt 2020?

Manfred Jüppner: Von Gewerbesteuereinnahmen sind wir nicht stark abhängig. Wir haben sehr viele kleine Betriebe, so dass hier kaum Einnahmeausfälle zu verbuchen sind. Die Gebührenausfälle für erlassene KITA-Gebühren treffen uns da schon stark. Dafür entlastet uns das Land zum größten Teil. Die coronabedingten Aufwendungen liegen darin, wir mussten schnell und völlig überteuert Schutzmasken in großer Zahl für unser gesamtes Personal im Rathaus, KITAs und für die Grundschule besorgen, genauso händeringend nach plötzlich überteuerten Desinfektionsmitteln und -spendern Ausschau halten und versuchen Lieferanten zu finden, was nach kurzer Zeit auch gelang. Gespannt sehen wir den endgültigen Finanzprognosen für dieses und das Jahr 2021 entgegen. Wir erwarten 2021 einen starken Einbruch beim Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen. Wir müssen versuchen, uns antizyklisch zu positionieren. Hoffentlich kann das Land die Einnahmeeinbrüche ausgleichen.

WOCHENBLATT: Welche kommunalen Vorhaben haben in der nächsten Zeit oberste Priorität und welche müssen gegebenenfalls geschoben werden?

Manfred Jüppner: Wir haben keine Maßnahmen verschoben. Nachdem aber einige Wochen keine Besprechungen und Gespräche stattfinden konnten, verzögern sich alle unsere Planungen und Projekte. Auch finden notwendige Gemeinderatssitzungen nicht mehr im gewohnten Rhythmus statt. Alle Behörden waren abgetaucht, auch viele Firmen. Besonders davon betroffen ist die Bauleitplanung, der Breitbandausbau und das Legen der Erdgasleitungen. Überraschend gut geht es auch ohne viele überflüssigen Besprechungen. Leider kriegen wir manche dringend notwendigen Stellungnahmen von Behörden oft sehr spät oder werden weiter vertröstet. Ich denke dabei insbesondere an den Flächennutzungsplan unserer Verwaltungsgemeinschaft. Wir planen unabhängig von etwaigen Einnahmeeinbrüchen weiter. Deren Umsetzung hängt dann natürlich davon ab, ob unsere Einnahmen stabil bleiben.

WOCHENBLATT: Das Gemeinschaftsprojekt interkommunales Glasfasernetz mit der Gemeinde Eigeltingen befindet sich auf der Zielgeraden. In Mühlingen kam es zu Verzögerungen. Was waren die Gründe und wie geht es jetzt weiter?

Manfred Jüppner: Gleich nach der ersten Coronaverordnung gingen zur Vermeidung von Ansteckungen bzw. Infektionen keine Monteure mehr in Wohnhäuser. Es kam zu heftigen Lieferengpässen für technische Ausrüstungen. Corona hat uns um ein paar Wochen zurückgeworfen. Über 40 Glasfaseranschlüsse dürften bereits geschaltet sein in Neubaugebieten, wo sonst nur Leerrohre für Lichtwellenleiter, aber keine Kupferleitungen der Telekom lagen, und auch im Außenbereich. Der eine oder andere Hof ist bereits am Netz. Der offizielle Betrieb soll erst Anfang Oktober starten. Davon unbenommen kann man bei der NetCom BW seit längerer Zeit Telekommunikationszugänge beantragen.

WOCHENBLATT: Am 20. September wählen die Mühlinger ihren neuen Bürgermeister. Dabei finden die Wahlen im »Corona-Jahr« unter besonderen Bedingungen statt. Was halten Sie davon?

Manfred Jüppner: Der Wahlkampf wird völlig anders verlaufen als sonst gewohnt. Große Veranstaltungen sind unmöglich. Die Bewerber stellen sich bereits darauf ein und reagieren entsprechend und sind für die Einhaltung der Hygienevorschriften ihrer eigenen Veranstaltungen selbst verantwortlich. Die größten Veranstaltungen sind nur mit maximal 120 Teilnehmenden möglich, während sonst mit weit mehr als 400 Teilnehmenden zu rechnen gewesen wäre. Ich hoffe, die Wähler können die Kandidaten trotzdem im ausreichenden Umfang kennenlernen, um sich für den Besten entscheiden zu können. Die Zahl der Briefwähler wird erheblich zunehmen.

WOCHENBLATT: Im November feiern Sie Ihren 68. Geburtstag und gehen in den wohlverdienten Ruhestand. Sie haben bereits angekündigt, dass Sie Ihre Ehrenämter weiterhin ausüben wollen. Haben Sie schon weitere Pläne für Ihren Ruhestand?

Manfred Jüppner: Zunächst einmal erkläre ich den 1. Dezember, meinem voraussichtlich ersten Ruhestandstag, zum jährlichen Feiertag. Meine Ehrenämter - Vorsitzender Nachbarschaftshilfe Mühlingen, Rotes Kreuz Stockach, Kreistag Konstanz und Fraktionsvorsitzender der CDU im Regionalverband Hochrhein-Bodensee - werde ich intensiver wahrnehmen können. Darüber hinaus habe ich nun Zeit, meinen Hobbies nachzugehen und werde versuchen, mich weiterzubilden und mich physisch und geistig fit zu halten. Die Gitarre ist seit Corona wieder ausgepackt und das Mountain-Bike stärker genutzt. Natürlich werde ich allgemein einen Gang zurück- schalten, die Naturlandschaft genießen und mehr Zeit für die Familie und entfernt wohnende Verwandtschaft haben.

- Graziella Verchio

Autor:

Redaktion aus Singen

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