Leserbrief zur zweiten Insolvenz
Karstadt - ein Trauerspiel

Symbolbild Karstadt | Foto: Fiedler/ Archiv
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Singen. Zur Insolvenzerklärung von Galeria Karstadtund der damit verbundenen Sorgen um den Standort Singen mit seinem Warenhaus in der Innenstadt wird uns geschrieben:

»Nach 1945 waren die Warenhäuser maßgeblich dran beteiligt, dass Innenstädte aufgebaut und zu neuem Leben erweckt wurden. Die Macher in den Warenhäusern, vorrangig bei Karstadt, waren engagierte und gut ausgebildete Männer und Frauen , die etwas von der Ware verstanden und vor allen Dingen, Wünsche der Kunden kannten und mit den Kunden in engem Kontakt standen. Dieses war die Grundbasis für den Erfolg der Warenhäuser und des gesamten Einzelhandels.

Ich hatte das Glück, auch in diesem hoch engagierten Team von Karstadt unter anderem in Bremen , Düsseldorf und Köln mitwirken zu können.

1973 wurde ich vom Vorstand der Karstadt AG mit der Neueröffnung der Filiale Singen betraut. Es war damals noch alles im Rohbau und ich hatte bis zur Eröffnung im März 1974 genügend Gelegenheit, mir ein Verkaufsteam von 450 Mitarbeitern ( !!! Heute sind es kaum noch 100 ) aufzubauen. Einsatz-Freude, gute Rhetorik und gute Fachkenntnisse waren meine Ansprüche an dieses Team.
Die Eröffnung im März war ein "Riesen Erfolg" und es mussten Mitarbeiter abgestellt werden, um die Kundenströme an den Rolltreppen zu lenken, damit die Rolltreppen nicht wegen Überlastung stehen blieben.

Kunden aus dem gesamten Hegau kamen täglich gerne zu Karstadt, da das Angebot breit und hochwertig war, die Bedienung freundlich und kompetent, und die gesamte Einkaufsatmosphäre stimmte. Somit war die Neueröffnung von Karstadt Singen sicherlich mit ein Grund, für die Initialzündung für den Handelsstandort Singen mit der höchsten Zentralitäts-Kennziffer.
Dann begann jedoch in den achtziger Jahren der moderne Trend, sich von Fachleuten zu trennen und diese Positionen mit Finanzkünstlern und und Quer-Einsteigern zu besetzen, die keinen Kontakt zur Ware und vor allen Dingen, kein Kontakt zu den Kunden hatten. Man hat sich von Werbeagenturen und von Gutachtern tolle Verkaufserfolge vorgaukeln lassen, die sich jedoch meistens nicht einstellten.

Fazit: Kosten mussten gesenkt werden. Das ging am Besten und am Schnellsten über den Personalabbau. Das wirkte sofort und schlug sich in positiven Renditezahlen schon im folgenden Monat nieder.

Was diese Damen und Herren "Da oben" aber nicht mitbekommen haben, war der fehlende Kontakt zu den Kunden, zur Ware und auch zu den Mitarbeitern. Die Mitarbeiter haben sich größte Mühe gegeben, den Personalabbau zu überwinden, aber dann im Laufe der Jahre, natürlich Motivation verloren. So hart wie es ist, das "klassische Warenhaus" hat leider seine Chance durch falsche Führungskräfte verloren.

Helmut F. Wessendorf
Singen, ehmaliger Filialgeschäftsführer

Autor:

Redaktion aus Singen

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