Leserbrief zur Kernenergie
»Setzen Sie nicht auf eine gefährliche Technologie wie Kernkraft«

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Singen. Zu unserer Berichterstattung zum Vortrag von Professor Michael Thorwart erreichte uns folgende Leserreaktion:

»Ich finde, drei Aspekte sollten Leser des Artikels wissen: Professor Michael Thorwart ist kein gewöhnlicher Windkraftgegner, sondern publiziert für Vernunftkraft, den Dachverband der Windkraftgegner. Er ist Mitglied der Bürgerinitiative Gegenwind Hohenzollern und bekämpft Windkraft aktiv. Seine Beiträge werden gerne zitiert von Klimaskeptikern wie dem Institut EIKE und rechten Blogs wie Tichys Einblick. Das sei zur Person von Prof. Dr. Michael Thorwart ergänzt. Er ist sicherlich kein neutraler Naturwissenschaftler in Bezug auf die Energieerzeugung. Energiewirtschaft ist aber auch nicht sein Fachgebiet. Er forscht zu Quantenphysik.

Zum Dual Fluid Reaktor, DFR. Bis heute gibt es keinen einzigen laufenden Prototypen. Es gibt derzeit auch keinen Investor, der bereit wäre, eine solche Demo-Anlage zu bauen. Das Konzept klingt überzeugend, ist aber eine Mischung aus drei Konzepten, die bereits seit vielen Dekaden entwickelt werden, sich aber bis heute wegen technischer Probleme nicht durchgesetzt haben. Es sieht auch nicht so aus, als stände in Bälde ein Durchbruch bevor. Wer sich zu den Problemen informieren möchte, dem empfehle ich den leicht verständlichen YouTube-Clip von Harald Lesch zum Thema.

Es bleibt also dabei: Kernkraftwerke sind eine Risikotechnologie, zu teuer in ihrer Erstellung, zu langsam im Bau und haben ein ungelöstes Abfallproblem. Das hat auch der DFR. Aber selbst wenn man das alles nicht ins Kalkül zieht, DFR-AKWs sind keine Alternative zu Wind und PV. Denn es gibt sie ja bis heute nicht. Selbst nach optimistischen Angaben der Entwicklerfirma Dual Fluid Inc. wird die Marktreife erst 2034 erwartet. Da ist dann immer noch kein Kraftwerk gebaut.
Der Bau modernster Kernkraftwerke dauert heute im Schnitt circa acht Jahre. Kurz: DFRs kommen selbst unter optimistischen Annahmen, Fertigstellung 2042, zu spät und sind kein Beitrag zur Lösung des Klimaproblems. Die schnelle Erderwärmung macht es nötig, dass wir weltweit spätestens 2050 klimaneutral sind. Das kann nur in Hinblick auf Energieerzeugung durch den Ausbau von Windkraft, Photovoltaik und anderer erneuerbarer Energien erreicht werden.

Zudem möchte ich Sie als Leser fragen: Sind Sie persönlich bereit, ihn im Hegau endzulagern? Selbst wenn der Abfall in 300 bis 500 Jahren sich halbiert, so strahlt er doch. Vergessen Sie das nicht. Würden Sie dem Bau eines Atomkraftwerks im Landkreis Konstanz Ihre Zustimmung geben? Falls nein, dann sollten Sie das auch nicht von anderen Menschen anderswo erwarten.

Es bleibt letztlich dabei: Erneuerbare Energien sind die risikoärmste, kostengünstigste und nachhaltigste Form der Energiegewinnung. Sie sind eine alte Technologie. Bereits in der Antike gab es Windkrafträder, wasserbetriebene Mühlen und auch die Sonne wurde solarthermisch genutzt. Meine Empfehlung: Sparen Sie Energie und vertrauen Sie auf bewährte erneuerbare Energien und setzen Sie nicht auf eine gefährliche Technologie wie Kernkraft.

Ich bedauere es sehr, dass in den Kreisen des CDU-Kreisverbandes und, wie ich hier an anderer Stelle lesen musste, bei Herrn Bumiller, FDP, solche fragwürdigen Vorschläge Anklang finden.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass sich eklatante Fehler in den zitierten Ausführungen von Professor Doktor Michael Thorwart finden. Ein Faktencheck: Die benötigte Fläche für Windkraft in Deutschland in dem geplanten Strommix schätzen Experten des Umweltbundesamtes auf 1,3 Prozent und nicht wie von Herrn Doktor Thorwart auf acht Prozent. Für Windenergie geht das Fraunhofer-Institut ISE für 2021 von vier bis acht Cent pro Kilowattstunde Gestehungskosten aus. Die von Professor Doktor Thorwart angesetzten Kosten von 14 ct/kWh für Windenergie sind deutlich zu hoch angesetzt.«

Dr. Mario Hüttenhofer, Singen

Leserbriefe müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.

Autor:

Redaktion aus Singen

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