Singener Haushalt geht einstimmig durch
Ein gutes vor einem sehr angespannten Jahr

Auch ein Teil des Sparens: statt der großen Nordstadt-Kita gibt er erst mal einen zweiten Holzbau für die Nordstadt nach dem Muster des Waldorf-Kindergartens in der Südstadt. | Foto: of/ Archiv
  • Auch ein Teil des Sparens: statt der großen Nordstadt-Kita gibt er erst mal einen zweiten Holzbau für die Nordstadt nach dem Muster des Waldorf-Kindergartens in der Südstadt.
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Singen. Einstimmig hat der Singener Gemeinderat in seiner Sitzung am Dienstagnachmittag den Haushalt für 2023 verabschiedet.
Bei einem Volumen von rund 160 Millionen Euro erwartet Kämmerin Heike Bender ein Plus von zunächst 19,3 Millionen Euro, was aber nur bedingt Frohlocken auslöst. Denn wegen der schwankenden Gewerbesteuereinnahmen, die sich mit zweijähriger Verspätung dann auf Zuweisungen und Umlagen auswirken, stehe der Stadt für 2024 nämlich ein gewaltiges Minus von prognostiziert 27 Millionen an, das aus Rücklagen der Vorjahre gedeckt werden müsse. 2021 waren es 50,6 Millionen Euro Gewerbesteuer, 2022 mit 62 Millionen Euro schon viel mehr.

Die aktuellen Entwicklungen hatten einiges am Zahlenwerk auf den letzten Drücker verändert, wie in der Sitzung am Dienstag nochmals deutlich wurde, weil die Welt der Finanzen derzeit gewaltig in Bewegung ist. Deutlich wird das bei den Personalkosten, deren Anteil am Budget immer mehr ansteigt, für dieses Jahr um 20,5 Planstellen – von der Kinderbetreuung bis zu "immer mehr Bürokratie und Klimaschutz" und einem Plus von 4,85 Millionen Euro auf nun 49,2 Millionen Euro.

Wichtigster Part sind natürlich die geplanten Investitionen, bei denen nach wie vor auf die dreiteilige Sporthalle am Hohentwielstadion gewartet werden muss, wie OB Bernd Häusler in der Einbringung des Haushalts einräumte. Denn da fehlt weiterhin die langfristig stabile Perspektive für die Stadt, die die große Nordstadt Kita auch aus Kostengründen beerdigen musste, und stattdessen die viel günstigere Variante nach Vorbild des Waldorf-Kindergartens aus der Südstadt umsetzt, um den Engpass an Betreuungsplätzen zu entschärfen. Als weitere Investitionen sind der "Neubau" der Güterstraße mit einer ersten Rate nebst Planungskosten für einen neuen Praxedisplatz, der Start für die Erneuerung der Hohenkrähenstraße, der Start für den Ersatzneubau der Scheffelhalle, wie der Umbau weiterer Bushaltestellen und natürlich weiterer Vollzug von Grunderwerb, zum Beispiel für das anstehende Gewerbe-, Arbeits- und Wohngebiet "Tiefenreute 3" im Plan. Insgesamt 20,2 Millionen sollen da durch die Stadt an Investitionen umgesetzt werden, so die Planung der Kämmerei.

Klinik unabwägbar

Bei einem Vorabtermin wegen der Genehmigungsfähigkeit des Haushalts im Regierungspräsidium sei Zustimmung mit der Einschränkung signalisiert worden, dass man die anstehenden negativen Ergebnisse in der mittelfristigen Finanzplanung der nächsten Jahre mit Sorge sehe, so Kämmerin Heike Bender in ihrem Vortrag bei der Vorberatung im Verwaltungs- und Finanzausschuss. Sprich, dass der Sporthallen-Wunsch noch viele Jahre warten muss wie manch andere Großinvestition.

Stadt wird ärmer

Die Haushaltsreden gehören auch in Singen weiterhin zum Procedere vor der Abstimmung: "Die Stadt wird ärmer, weil wir in den nächsten Jahren mehr ausgeben müssen, als wir einnehmen", sagte Hubertus Both von den Freien Wählern. "Wir befinden uns auf sehr dünnem Eis", gab Kirsten Brößke für die FDP zu bedenken. SPD-Gemeinderat Walafried Schrott vermisst in der Planung auch den dringend nötigen Bau der Singener Zentralfeuerwache".

Hier ist die Haushaltsrede von Franz Hirschle (CDU): Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Coronakrise hat unsere Gesellschaft, Wirtschaft, ja unser gewohntes Leben in den Jahren 2020-2022 vor nie da gewesene Herausforderungen seit dem Ende des 2. Weltkrieges gestellt. Selbstverständlich haben wir dies auch hier vor Ort und in der kommunalen Verwaltung deutlich gespürt. Liebgewordene Gewohnheiten, Förderungen von sozialen und wirtschaftlichen Projekten mussten gestoppt oder verschoben  werden.
Durch die weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen kam es erstmalig nach vielen Jahrzehnten zu spürbaren Lieferengpässen für unsere Bürger aber natürlich auch für das Gewerbe und die Industrie mit bis zum heutigen Tage in vielen Betrieben negativen Auswirkungen.
Leider hat dies auch nicht jedes Unternehmen geschafft. Wir sind hier noch nicht am Ende angelangt, das macht mir insbesondere für unsere Stadt auch im Hinblick für die vielen vom Welthandel abhängigen Jobs große Sorgen. Aus dieser Erfahrung müssen wir alle schnell lernen, jeder an seinem Arbeitsplatz, in der Familie in der Gesellschaft allgemein. 
Vor allem die derzeit politisch motivierte und nicht immer wissenschafts- und faktenbasierte wirtschaftliche und energetische Transformation wird uns noch vor große Probleme stellen. Stichworte sind Dekarbonisierung, Energiesicherheit und – beschaffung, Nachhaltigkeit.
Also ob uns diese Krisen nicht gereicht hätten, beginnt Russland einen erbarmungslosen völkerrechtswidrigen Krieg gegen das Nachbarland die Ukraine. Auch dieser Krieg hat deutlich Auswirkungen für uns ganz konkret vor Ort. Die aufkommende Flüchtlingskrise mit über 1,5 Millionen Flüchtlingen nach Deutschland ist auch in Singen und im Landkreis spürbar angekommen.
Danken möchte ich allen Helfern und Spendern für die Unterstützung unserer Partnerschaftsstadt Kobeljaki in der Ostukraine.
Viele Flüchtlinge konnten hier in Familien aufgenommen werden, auch dafür recht herzlichen Dank.
Ein großer Teil musste in den kreiseigenen Sportstätten untergebracht werden, wir kannten das ja aus den Jahren 2015/2016, der letzten Flüchtlingswelle. Dem Landkreis als verantwortliche Institution blieb leider keine andere Möglichkeit. 
Ich darf an dieser Stelle nochmals an unsere Resolution von geflüchteten Personen aus der Ukraine und von Asylbewerbern vom 27.09.2022 erinnern. Mittlerweile haben die Kommunen ihre Kapazitätsgrenze erreicht.
Lassen Sie mich noch auf weitere wichtige Themen der Stadt, insbesondere auch der Pflichtaufgaben eingehen. Themen wie innere Sicherheit und Ordnung, Migration und notwendige gelingende Integration, ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung, Schulen und Kindertageseinrichtungen, Energieversorgung und Planung einer Transformation zu mehr erneuerbaren Energieformen, Handel und Industrie, Fachkräftemangel, Kultur und Tourismus.

Innere Sicherheit und Ordnung
Wir kennen alle die Probleme in den Innenstädten und die vorgefallenen Ausschreitungen auch bei uns mit teils für die Beteiligten lebensgefährlichen Verletzungen. Für die betroffenen Personen wurden Aufenthaltsbeschränkungen in der Innenstadt ausgesprochen, das war richtig und wichtig. Die Täterprofile und die Motive sind uns allen bekannt und müssen klar benannt und sanktioniert werden. 
Nur durch eine gelingende Integration und Einbindung in unsere Gesellschaft können solche verwerflichen Taten verhindert werden.
Die Stadt Singen leistet hier mit der Integrationsstelle und einem ganzen Team seit Jahren eine hervorragende Arbeit. Die CDU-Fraktion hat in einem Antrag im Gemeinderat einen Antrag zur Videoüberwachung an vulnerablen Stellen in der Innenstadt gestellt. Leider ist dies bisher nicht möglich durch entsprechende Vorgaben vom Land. Ich möchte an dieser Stelle heute nochmals betonen, dass wir weiterhin daran festhalten. Wir haben es erst kürzlich wieder an Silvester gesehen, was passiert, wenn vor allem junge Männer unsere Lebensweise und Werte nicht teilen und in Parallelgesellschaften leben. Das ist heute kein Phänomen von Großstädten mehr, das Problem der teils bisher missglückten Integration ist auch bei uns vor Ort angekommen. Wir müssen hier als Stadt und Bürger mit Argusaugen die Situation beobachten. Es geht hier nicht um einen Generalverdacht, sondern um die Identifikation vulnerabler Gruppen.

Ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung
Sie alle haben den Beschluss in der letzten Woche mitbekommen, dass das Krankenhaus in Radolfzell zum 30.06. 23 geschlossen werden soll. Technische und wirtschaftliche Probleme aber auch der eklatante Personalmangel haben letztlich zu diesem Entschluss geführt. An den beiden Standorten Singen und Konstanz haben wir ebenfalls massive Personalprobleme mit der Notwendigkeit von Bettenschließungen. Dies wiederum wird in der Zukunft zu weiteren massiven Finanzlücken im Gesundheitsverbund führen, die wir auch als Stadt mit der Kreisumlage mittragen müssen.
Wir favorisieren weiterhin eine kommunale Trägerschaft des Gesundheitsverbundes. Jedoch muss hier auch dringend vom Land und Bund gegengesteuert werden, sonst ist dies auch bei bestem Willen nicht möglich die Kliniken in der bisherigen Gesellschaftsform fortzuführen. Den Standort für einen eventuellen Neubau eines Klinikums sehen wir ganz klar in der Raumschaft von Singen als zentraler Versorger des westlichen und mittleren Landkreises.
Die ambulante medizinische Versorgung ist in der Zwischenzeit ebenfalls an seine Grenzen gestoßen. Bereits jetzt schon fehlen im Mittelbereich Singen 13-15 hausärztliche Arztpraxen. Eine wohnortnahe ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung schaffen wir nur, in dem sich auch die Stadt mit Nachdruck für die Etablierung eines medizinischen Versorgungszentrums in Singen einsetzt.
Bildungstandort
Bildung ist ein wichtiges Gut. Hier muss dafür gesorgt werden, dass für alle Schichten der Bevölkerung ein funktionierendes Angebot zur Verfügung steht. Die Stadt Singen ist auch als Schulstadt bekannt. Als Schulträger haben wir eine große Verantwortung für die Ausstattung der Schulen. Die Digitalisierung ist hier ein wichtiges Thema aber auch die bauliche Ausstattung. Recherchen zeigen auf, dass ca. 70 % der Schulen in Deutschland vor 1970 gebaut wurden. Das zeigt uns auch als Stadt und Schulträger, dass in den kommenden Jahren riesige Investitionen anstehen, obwohl wir in den vergangenen Jahren bereits etliche Millionen investiert haben. Trotzdem müssen wir Rücklagen bilden und Fördergelder einholen. 
Das Gleiche gilt für unsere Kindertageseinrichtungen. Hier haben wir es mit einem Fachkräftemangel zu tun, der uns zu Schließungen von Gruppen zwingt. Wir sehen Neubauten ohne qualifiziertes Personal kritisch. Hier müssen dringend neue Modelle der Kinderbetreuung angedacht werden, sonst werden wir dem Rechtsanspruch nicht mehr gerecht werden.
Energieversorgung
Durch den Ukraine-Krieg und die ausbleiben Gaslieferungen aus Russland ist es zu deutlichen Verteuerungen der Energie für jeden Bürger aber auch für die Kommune gekommen. Einsparungen wurden und werden vorgenommen. Dies alleine wird uns mittelfristig nicht ausreichen.
Hier finden wir es richtig, dass die Stadt auf allen möglichen städtischen Gebäuden eine PV-Anlage plant. Dies würde langfristig zu weniger Abhängigkeit führen. Auch die neue PV-Anlage in Beuren und die geplante Anlage in Bohlingen sind hier beispielhaft anzuführen.
Handel und Industrie
Seit der Coronakrise und nun dem Ukrainekrieg ist es zu einer massiven Belastung für unseren Einzelhandel, die Gastronomie aber auch für die Industrie gekommen. Die Lieferengpässe und die hohen Energiekosten haben viele Betriebe teilweise in eine existentielle Not oder sogar leider zum Aufgeben gezwungen. Als Stadt haben wir trotz der Krise noch enorme Gewerbesteuereinnahmen erzielt, was die Handlungsfähigkeit unserer Kommune noch sicherstellt. Ich warne, wie in den Jahren zuvor, sich hier im Gremium Gedanken über eine Gewerbesteuererhöhung zu machen. Das wäre ein falsches Signal in dieser Zeit und für die Betriebe eine zusätzliche Belastung. Wir als Stadt sollten den Betrieben auch bei Neuansiedlungen oder Erweiterungen den roten Teppich ausrollen und nicht wie gelegentlich mit übertriebenen auslegungsfähigen Vorgaben das Leben unnötig schwermachen.
Stellvertretend für alle Baumaßnahmen möchte ich das Gewerbegebiet Tiefenreute anführen. Wir müssen hier zügig zu einer für alle Beteiligten, vor allem auch der Investoren, zufriedenstellenden Lösung kommen, da es ansonsten zu Abwanderungen in die umliegenden Kommunen kommt, was leider teilweise schon der Fall ist.
Der Fachkräftemangel ist zwischenzeitlich in allen Bereichen der Gesellschaft angekommen und dies spürbar für uns alle. In einer Gesellschaft mit über 5 Millionen Empfängern von Transferleistungen ist dies eine Kapitulation des Staates. Wir müssen alle dazu beitragen, das jede und jeder Bürger dieser Gesellschaft seinen Teil zum Gelingen beiträgt. Die vielen Migranten sollten dringend in den Arbeitsmarkt integriert werden. Nur so ist ein Vermitteln von Werten und eine gelingende Integration möglich.

Auch in den kommunalen Verwaltungen wird es zunehmend schwierig Personal zu finden. Hier muss man konstatieren, das auch der Staat und die Kommunen ihren Workflow dringend überdenken müssen, um auch in dieser Situation die Leistungsfähigkeit des
Staates zu gewährleisten. Ich zitiere hier die Chefin des Institutes für Demoskopie in Allensbach: „Die Leistungsfähigkeit des Staates hält mit der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft nicht mehr mit“. Dies bedeutet auch eine dringende und seit Jahren versprochene Entbürokratisierung. Wenn ich im Verwaltungs- und Finanzausschuss gehört habe, dass für jede einzelne Schule ein
Medienentwicklungsplan und für jede Schule separat Fördergelder mit aufwendigen Anträgen gestellt werden müssen, anstatt der Stadt als Schulträger einen berechneten Gesamtbetrag nach Anzahl der Schüler und Schulformen zur Selbstverwaltung zukommen zu lassen., sind wir noch weit davon entfernt effektiv und ressourcenschonend zu arbeiten.
Kultur und Tourismus
Der Hegau ist eine beliebte Tourismusregion, das haben wir vor allem auch in den letzten Jahren in der Pandemie erlebt. Damit dies so bleibt sind wir für den Ausbau unserer touristischen Einrichtungen und Angebote. Die nach Jahren der Planung nun endlich aufgestellte Webkamera auf dem Hohentwiel ist ein weiterer wichtiger Baustein, nichtsdestotrotz müssen wir aufpassen, dass das
Land die kulturellen Feste auf unserem Hausberg nicht weiter einschränkt. Die Kulturszene hat in den letzten beiden Jahren der Pandemie schwer gelitten und kommt langsam wieder in Schwung. Dies muss weiterhin unterstützt und kritisch begleitet werden, damit unsere Häuser wieder voll werden.
Wir wünschen uns nach der Pandemie wieder unser Stadtfest, Weinfest und den Weihnachtsmarkt auf dem Rathausplatz zurück.
Unsere soziokulturellen Einrichtungen sind gut aufgestellt und erfordern eine sorgsame Weiterentwicklung bzw. den Ausbau an zentraler Stelle. 
Die CDU-Fraktion war für den Wiederaufbau der Scheffelhalle von Anfang an. Wir freuen uns, dass die Planungen nun soweit fortgeschritten sind, dass die Halle dann auch zum 100- jährigen Bestehen im Jahre 2025 bezugsfertig ist. Weitere Verzögerungen müssen dringend verhindert werden.

Die Haushaltsrede von Walafried Schrott (SPD): "Vor fast auf den Tag genau einem Jahr bei der Verabschiedung des Haushalts 2022 waren wir alle noch hoffnungsfroh, dass es nicht zu einem von Russland begonnenen und das Völkerrecht mit Füßen tretenden Krieg gegen die Ukraine kommen wird.
Wir mussten am 24. Februar aber fassungslos, ungläubig und mit stiller Wut mitansehen, wie Russland begleitet durch eine perfide auf Unwahrheiten beruhenden Propaganda den Krieg gegen die Ukraine begann. Alle Hoffnungen und Zuversicht waren von einem Augenblick auf den anderen wie weggeblasen, dass in Europa aufgrund der bitteren und blutigen Erfahrungen der beiden Weltkriege - gerade für Russland - keine Kriege mehr geführt werden würden.
Wir möchten all den Menschen, Hilfsorganisationen, Vereinen in Singen danken, die mit großem Einsatz geholfen haben, den Kriegsflüchtlingen zu helfen, unterzubringen, zu begleiten und das unendliche Leid etwas erträglicher zu machen. Unser Dank gilt auch all denjenigen, die sich für die Hilfstransporte in unsere Partnerstadt Kobeljaki engagiert haben.
Die Hoffnung, dass der Krieg mit einem Frieden beendet wird, der die Grenzen der Ukraine sowie ein Leben der Menschen in Demokratie und Freiheit garantiert, dürfen wir nicht aufgeben. Solange brauchen die Menschen und der Staat Ukraine unsere Hilfe und Solidarität, auch in Singen!
Dabei vergessen wir nicht die Menschen in Russland, die gegen den russischen Angriffskrieg demonstriert, gekämpft haben und noch kämpfen und jetzt im Gefängnis sitzen oder selbst flüchten mussten.
Wir vergessen auch nicht die Menschen in Belarus, die in so großartiger Weise für Freiheit und Demokratie gekämpft haben oder die Frauen und Männer im Iran. Sie erfahren eine brutale wie menschenrechtswidrige Unterdrückung und Verfolgung. Oder die Menschen in Afghanistan oder oder ..die Liste ließe sich noch um viele Länder erweitern.
!Nichtmehr_kommunikation!
Sorgen machen wir uns als SPD-Fraktion auch in Singen über die leider zunehmende „Nichtmehr-Kommunikation“ zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten. Die Sprachlosigkeit, gegenseitiges Unverständnis und Misstrauen nehmen leider zu. Hier sind wir alle gefordert, aufeinander zuzugehen und auch unangenehme wie schwierige Diskussion auszuhalten.
Gleichzeitig müssen wir von allen Menschen, die in Singen eine Heimat haben oder eine Heimat suchen – dauerhaft oder vorübergehend - einfordern, dass Sie die Regeln und Werte unserer toleranten, offenen, demokratischen, gleichberechtigten Gesellschaft beachten und respektieren. Bei uns gibt es auch eine klare Trennung zwischen Staat und Religion. Die Verfassung, das Grundgesetz, ist die Grundlage unseres staatlichen Handelns. Und das ist auch gut so!

In Singen und in Deutschland spüren wir bislang die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in deutlich schwächerer Form als von den Wirtschaftsforschungsinstituten vorhergesagt. Die Wirtschaft läuft bis auf wenige Branchen mit leichtem Wachstum auf hohem Niveau; gebremst hauptsächlich durch den Mangel an Fachkräften und durch Lieferproblemen.
Die Steuereinnahmen der Stadt sind weiterhin hoch. Wir können heute einen Haushalt 2023 für die Stadt Singen bei beachtlich hohen Investitionen ohne Kreditaufnahme verabschieden. Dies sollte Anlass zur Freude aber auch einer gewissen Demut sein! Die Zeiten sind unsicherer geworden und dies führt bei Menschen leider auch zu einem Rückgang an Vertrauen an eine stabile Zukunft und die Gestaltungsfähigkeit der Politik, auch der Kommunalpolitik!

Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird von uns allen immer wieder eingefordert. Ganz entscheidend sind hier Verlässlichkeit und Verbindlichkeit bei u.a. der Kinderbetreuung, in den Schulen und bei der Flexibilität von Arbeitszeiten. Frauen sind heute gut ausgebildet und wir brauchen sie in Zukunft noch stärker im Berufsleben.
Die Stadt Singen hat im Bereich Kinderbetreuung in den letzten Jahren sehr große Anstrengungen unternommen und die Angebote deutlich ausgeweitet, auch im Vergleich zu anderen Städten in der Region.
Trotzdem fehlen auch bei uns derzeit Kita-Plätze, auf die Eltern mit kleinen Kindern dringend warten. Und ja, es ist richtig, es wird zunehmend schwieriger Erzieherinnen und Erzieher zu finden. Wir brauchen kreative Lösungen! Ansonsten führt dies in einer noch nicht ganz gleichberechtigten Gesellschaft zu einer permanenten Überforderung besonders der Frauen.

Klimaneutrales Singen bis 2035
Wir möchten als SPD-Fraktion deutlich unsere Enttäuschung und auch Unverständnis zum Ausdruck bringen, dass das Klimaschutzkonzept immer noch nicht vorliegt. Es fehlen damit die Handlungsempfehlungen für ein zielgerichtetes, erfolgsversprechendes Vorgehen mit entsprechenden Meilensteinen, Messgrößen und Vorschlägen für Priorisierungen.
Dieses anspruchsvolle Ziel erlaubt kein Warten, ganz im Gegenteil, wir müssen bei der Umsetzung deutlich an Geschwindigkeit zulegen und auch mehr finanzielle Mittel bereitstellen.
Die Auftaktveranstaltung für das Reallabor von Wirtschaft und HTWG hat deutlich gezeigt. Die CO2 Neutralität bei Produkten wird für die Wirtschaft z. B. Fondium ein entscheidender Faktor für ihre Zukunftsfähigkeit und damit auch die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.
Dabei steht für uns außer Frage, dass wir dieses Ziel nur erfolgreich erreichen können, wenn wir die damit verbundenen sozialen Fragen ernst nehmen und berücksichtigen.
Die SPD-Fraktion hatte sich auch gewünscht, dass die Fortschreibung des Radwegekonzepts schon zu den Haushaltsberatungen vorgelegen hätte auch um daraus abgeleitete Maßnahmen schon in den Haushalt 2023 aufzunehmen.
Wir wünschen auch, dass die Stadt Singen, wie bereits andere Vorreiterstädte in Deutschland, eine verursachergerechte Aufteilung der Erträge und Aufwendungen im Bereich Verkehr nach den einzelnen Verkehrsmitteln (PKW, Rad, Fußgänger, ÖPNV etc.) erstellt. Eine wichtige Grundlage für eine bessere Schwerpunktsetzung im Hinblick auf die Mobilitätswende. Die Abstufung der Noch Bundesstraßen Ekkehard- und Freiheitstrasse muss uns endlich im Jahr 2023 gelingen. Die Blockade durch ein nicht nachvollziehbare Behördenzuständigkeitswirrwarr darf uns hier nicht länger bremsen.
Ich möchte hier an meine Aussagen aus der letztjährigen Haushaltsrede erinnern: „Umweltbewusste Mobilität kann cool sein, Spaß machen, tut der Gesundheit gut, schafft Lebensqualität. Die klassischen Statussymbole verlieren an Bedeutung. Der motorisierte Individualverkehr wird zwar auch in Zukunft ein Teil unserer Mobilität bleiben, aber in reduzierter Form und auch in anderer Prägung wie z.B. Car-Sharing, Feinmobilität.“

Wohnen
Die SPD-Fraktion sieht die Stadt Singen nach wie vor in der Pflicht, weiteren bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ein erster Schritt ist die Verabschiedung von baulandpolitischen Grundsätzen, wie in dem von der SPD-Fraktion vorgelegten Antrag, die eine Mindestquote von gefördertem Wohnraum beinhalten. Wir erwarten, dass der Gemeinderat nach der Diskussion hierüber im 1. Quartal 2023 auch entsprechende Beschlüsse fassen wird.
Wenn der Mietspiegel für Singen – ein Anliegen der SPD-Fraktion seit vielen Jahren - im Sommer vorliegen wird, erwarten wir eine deutlich größere Transparenz auf dem Mietwohnungsmarkt.

Scheffelhalle

Der Bau der Scheffelhalle nimmt nach dem Vorliegen der gelungenen Pläne der Architekten Fahrt auf und wir sind zuversichtlich, dass wir uns Ziel erreichen, rechtzeitig am besten zur Fasnacht 2025, die neue alte Scheffelhalle mit Panamakanal einweihen zu können.

Kultur

Bei all dem vielfältigen und für die Größe der Stadt Singen beeindruckenden Kulturangebot liegt der SPD-Fraktion die konzeptionelle Neuaufstellung der Stadtbücherei besonders am Herzen. Sie muss wieder eine attraktive und zeitgemäße Bücherei mit einer Vielzahl an neuen Angeboten/Medien werden, um ganz besonders Kinder und junge Menschen anzusprechen. In einer so vielfältigen Stadt ist der Bildungs- und Kulturauftrag unserer Bibliothek neu zu denken. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an unsere Forderung, als ersten Schritt interessante Bibliotheken vergleichbarer Größe anzuschauen.

Sport

Im diesjährigen Haushalt sind sie zwar nicht drin, der Bau der einer 3-teiligen Sporthalle und die Sanierung des „50jährigen Jubilars Hallenbad“. Wir sind in den HH-Beratungen 2024 bei all den finanziellen Randbedingungen aber gefordert, eine konkrete zeitliche Perspektive zu finden.

Feuerwehr
Dies gilt gleichermaßen für eine Überplanung „Feuerwehrhaus in der Hauptstrasse“ aber auch in den Ortsteilen. Hier unterstützen wir alle Bestrebungen die Kräfte über Ortsteile hinweg zu bündeln auch im Interesse des Erhalts bzw Erhöhung der Einsatzfähigkeit.

Krankenhaus und Gesundheitsversorgung
Das oberste Ziel von uns bleibt eine gute und starke Krankenhausversorgung im Landkreis in öffentlicher Trägerschaft. Im März haben uns die Lohfert&Lohfert die Ergebnisse des Strukturgutachtens vorgestellt. Die erste Entscheidung mit der Festlegung auf ein 2- Standort Modell ist gefallen.
Es ist richtig, dass durch Gutachter außerdem geprüft wird, ob eine Sanierung am bestehenden Standort in Singen eine sinnvolle und umsetzbare Alternative zu einem Neubau sein kann. Aber jede Lösung bedeutet einen finanziellen Kraftakt! Wir müssen daher zügig, die Entscheidung Neubau oder Sanierung herbeiführen im Interesse der Patienten, der Mitarbeiter, effizienter Strukturen, der Flexibilität für zukünftige Entwicklungen und eines hohen medizinischen Niveaus.
Es war daher wichtig, dass die Stadt Singen ein attraktives und verkehrlich sehr gut gelegenes Grundstück für einen möglichen Neubau anbietet, das sowohl mit Bahn, Bus, Rad und Auto sehr gut erreichbar ist.

Schlussbemerkungen
Ich habe heute nicht gesprochen über die Sanierung und die Ausstattung der Schulen, Förderprogramme im Umweltschutz und bei erneuerbaren Energien, dem Bau und der Sanierung von Spielplätzen, dem Bau der Teestube, dem Baugebiet Tiefenreute zur u.a. Sicherung des Wirtschaftsstandorts Singen, dem Erhalt der Attraktivität und Identität der Ortsteile und, und, und .. sie sehen wir haben noch viel zu tun. Die SPD-Fraktion wird dies auch in diesem Jahr mit Kraft, kritischem Blick und Kreativität begleiten und vorantreiben. Wir freuen uns darauf!
Die SPD-Fraktion stimmt dem vorliegenden Entwurf für den Haushalt 2023 zu.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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