75 Jahre Grundgesetz
"Es ist wichtig, dass Kirchen Position beziehen"

Pfarrer Andreas Sturm (von links), Franz Segbers, InSi-Vorsitzender Bernhard Grunewald, DGB-Gewerkschaftssekretär Hans-Peter Menger und DGB-Kreisvorsitzender Klaus Mühlherr in der St. Thomas Kirche in Singen. | Foto: Tobias Lange
  • Pfarrer Andreas Sturm (von links), Franz Segbers, InSi-Vorsitzender Bernhard Grunewald, DGB-Gewerkschaftssekretär Hans-Peter Menger und DGB-Kreisvorsitzender Klaus Mühlherr in der St. Thomas Kirche in Singen.
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Singen. "Ein ungewohnter Anblick", war es für Pfarrer Andreas Sturm: "Fast alle Reihen voll." In der St. Thomas Kirche in Singen versammelten sich am Donnerstag, 23. Mai, zahlreiche Menschen in dem Gotteshaus der altkatholischen Gemeinde, um den 75. Geburtstag des Grundgesetzes zu feiern.

Eingeladen hatte der Arbeitskreis christlicher Kirchen, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Verein InSi. Als Hauptredner war der Kirchenethiker und Theologe Franz Segbers zu Gast, der über seine Sicht auf die Unvereinbarkeit von christlicher Kirche und AfD sprach:

Wie könne das Grundgesetz gefeiert werden, fragte er in die Runde. Indem verhindert wird, dass sie denen in die Hände fällt, die sie zerstören wollen. Dabei könne er eine gute Nachricht verkünden: Mit ungewohnter Einstimmigkeit und Klarheit hätten alle Kirchen Position bezogen gegen Rechtsradikalismus und die AfD. Darauf könne man stolz sein, meinte Segbers. "Diese Entscheidung hat ihren Grund. Alle Kirchen sind 1933 in die Irre gegangen." Daraus seien Lehren gezogen worden. Kern der christlichen Überzeugung sei die unantastbare Würde jedes Menschen, die in der Gottesebenbildlichkeit gründe, argumentierte Segbers. Er warf die Frage auf, wie sich eine Partei christlich nennen könne, die Migranten generell als Verbrecher ansieht.

Deutliche Kritik äußerte Franz Segbers an der Haltung der AfD zum Islam. "Der Islam wird in eins gesetzt mit dem politischen Islamismus." Zudem werde er nur als Bedrohung wahrgenommen. Die AfD fordere, das Recht auf Religionsfreiheit dort einzugrenzen, wo muslimische Überzeugungen und christlich-jüdische nicht kompatibel sind, meinte er. Doch der Staat sei nach dem Grundgesetz weltanschaulich neutral, dürfe keine Religion bevorzugen oder hineinreden, wie sich eine Religion zu verstehen habe. "Es gibt nur eine Grenze und das sind die Grundrechte in der Verfassung."

Er betonte aber auch: "Deutschen und Menschen, die nach Deutschland kommen, muss klar sein, dass jegliche Form von Antisemitismus in unserem Land nicht akzeptabel ist." Doch der Vorwurf der AfD, dass der Antisemitismus importiert sei, sei falsch. "Solange ich mich erinnern kann, stand immer vor den Synagogen in Deutschland Polizeischutz." Der Antisemitismus sei demnach kein Ergebnis der Einwanderung. "Er hat Wurzeln im Rechtsradikalismus. Das wissen wir insbesondere in Deutschland nur zu gut."

"Rechtspopulisten grenzen aus", fasste der Redner zusammen. "Sie grenzen bestimmte Menschen aus aufgrund bestimmter Merkmale." Der Kern der christlichen Religion und der christlichen Ethik sei dagegen das Dasein für andere. "Nächstenliebe ist keine Christenliebe." Sie gelte für alle Menschen. "Rechtsextremisten bestreiten den Kern der christlichen Überzeugung, nämlich dass alle Menschen Gottes Ebenbild sind, in gleicher Würde von Gott geschaffen."

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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