Jürgen Palmtag mit „Retrospektive“ in Singen
Kunst, die sich immer wieder neu erfindet

Museumsleiter Christoph Bauer, Jürgen Palmtag und OB Bernd Häusler bei der Vernissage im Singener Kunstmuseum. | Foto: swb-Bild: Oliver Fiedler
  • Museumsleiter Christoph Bauer, Jürgen Palmtag und OB Bernd Häusler bei der Vernissage im Singener Kunstmuseum.
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Singen. Mit einer bemerkenswerten Vernissage inklusive Performance des ausgestellten Künstlers Jürgen Palmtag selbst, konnte kürzlich die Ausstellung „Panorama produktiver Abschweifungen“ im Kunstmuseum Singen eröffnet werden, die sich zwar Retrospektive nennt, aber doch durch den Künstler mit sehr aktuell gesetzten Werken der letzten 20 Schaffensjahre bestückt wurde, und die ihn als einen der interessantesten Vertreter der konzeptuellen Zeichenkunst im Obergeschoss des Museums vorstellt, der in Singen hier auch im Großformat arbeiten kann, mit seiner Lust am Zitat und dessen eigener Auslegung.

Die Ausstellung, die bis zum 20. November in Singen zu sehen ist, wurde durch eine Kooperation mit dem Kunstmuseum Albstadt möglich, wodurch ein gemeinsamer „Katalog“ möglich wurde, der aber auch die üblichen Normen sprengt.

Singens OB Bernd Häusler betonte in seiner Begrüßung, dass das Museum nach der sehr erfolgreichen Sommerausstellung mit den Fotos von Toni Schneiders nun wieder zum Ort der Gegenwartskunst werde. Eine erstaunlich hohe Anzahl recht junger Gäste bei der Vernissage zeigte auch auf, dass Palmtag in der jungen Kunst auch durchaus einen Fanclub hat – das war schon mal ein ganz wichtiges Signal für diese „Retrospektive“. Palmtag hat indes schon mehrere Auftritte hier in Singen gehabt, 1996 zum Beispiel mit seiner Schau „Trombendenken“. Letztes Jahr wurde dem Singener Museum durch das Land das Bild „silence sometimes can be like“ zur Verfügung gestellt, das fast wie ein Herz in dieser sehr farbigen Bilderwelt schlägt. Vor 25 Jahren war die damals noch in Möggingen beheimatete Galerie „Vayhinger“ Partner für die Ausstellung gewesen, inzwischen ist sie wichtiger Pfeiler im Singener Kulturleben geworden, freut sich OB Häusler.

"Panorama produktiver Abschweifungen" im Kunstmuseum Singen

Museumsleiter Christoph Bauer outete sich in seiner Laudatio auf die Ausstellung und den Künstler als Fan der wilden Malerei Palmtags. Die Ausstellung sei keineswegs ein Blick zurück, Palmtag habe diese ganzen Werke fast wie um sich versammelt, um vielleicht schon den nächsten Haken auf seinem künstlerischen Weg zu schlagen. Bauer ordnet Jürgen Palmtag als einen „Tausendsassa einer Kunst des Absurden, des Abstrusen, Grotesken und Ungestümen“ ein, denn in die gängigen Schubladen er Kunstkritik füge sich seine Praxis gewiss nicht ein. Mit Bild, Text und Ton experimentiert Palmtag in diesen ganzen Werken mit viel Lust und Gattungseinschränkungen kennt er nicht, mischt munter Zeichnung, Malerei, Fotografie, Plastik, Collage, Text, Graffiti, Installation, Projektion, Performance, Musik, Lautmalerei immer wieder zu etwas ganz neuem Gesamten zusammen. Der Palmtag von „gestern“ gibt dabei niemals vor, wie denn der nächste wird, wie man an den Jahreszahlen zur Entstehung der Werke fasziniert ablesen kann.
Die einzige Konstante scheint dabei noch das immer wiederkehrende eigene Antlitz in vielen Arbeiten, und der Spaß an Kreativität, die eben keine Grenzen kennt. Spontane Inspiration, assoziative Absonderlichkeiten, die Abgründe des Absurden, zuweilen lustvolle Kakophonien, sie ziehen den Besucher unaufhaltbar hinein in diese so faszinierend zusammengesetzte Welt zwischen Zeichnung und „Ready made“ wie in ein Labyrinth mit immer wieder neuen Überraschungen nach jeder Ecke. Palmtag spielt mit der Kunst, nicht mit den Besuchern, doch diese Ausstellung lädt sie mit faszinierender Macht zum Mitspielen ein. Die Wirkung dieser Ausstellung kann ein „Rausch“ sein, je nachdem, wie man sich hier selbst mit der eigenen Kreativität im Kopf mittreiben lassen kann. Hier öffnet sich eine ganz eigene Welt voller neu zusammengesetzten Regeln.
Die Ausstellung wird von einem reichhaltigen Begleitprogramm unterstützt. Am kommenden Sonntag, 16. Oktober, führt Museumsleiter Christoph Bauer um 11 Uhr durch die Ausstellung, am 28. Oktober, 20 Uhr, ist eine „Taschenlampen-Führung“ angekündigt.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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