Jetzt muss Staatsanwaltschaft Recht gewichten
GVV-Gesellschaftsstruktur mit „Schutzschild!“

Der Abschlussbericht zum GVV-Bankrott ist vielen in die Knochen gefahren. Mir auch! Ich lag fünf Monate im Krankenhaus und in Reha, als zwischen Regierungspräsidium und Nutznießern um die Konditionen für den Tower-Bau gerungen wurde. Mein erster Termin war dann der Erste Spatenstich mit geradezu einem Rudel Bauherrn, die ich so nicht kannte! Ich versuchte, die neue „Realität“ aufzuarbeiten. Dr. Hans-Joachim König war der Kopf der neuen Konstruktion, die sich trotz aller Recherchen und Rekonstruktionen nach den Katastrophen der letzten zwei Jahre nie ganz festzumachen waren und sind. Anwältin Dr. Heide Sandkuhl fand letzte Woche vielleicht den richtigen Begriff vor dem Singener Gemeinderat: Die Gesellschaftsstruktur hatte irgendwo ein „Schutzschild“ eingebaut bekommen! Wen wird es wovor schützen? Frau Dr. Sandkuhl wird ihre Erkenntnisse an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Was kann dann passieren? „Nichts“, meint Dr. Sandkuhl, „weil kein Vorsatz“ vorliege. So einige Dinge hätte man mitbekommen müssen, wenn manche Stockwerke am Abend dunkel blieben! Darüber diskutierte die Bürgerschaft. Hatte dies Oberbürgermeister Oliver Ehret, der als Vertreters des GVV-Gesellschafters, Stadt Singen, auch noch weisungsbefugt gewesen wäre, nicht mitbekommen? Vor Monaten habe ich an dieser Stelle schon einmal die Duplizität der Fälle genannt: In Finanznöten war etwa gleichzeitig die Krankenhaus-GmbH. Da hatten Aufsichtsratsmitglieder die Frage gestellt, ob ihnen als engagierte Laien nicht Rechtskenner zur Seite gestellt werden könnten oder gar müssten! Solche Debatten sind an Ehret offenbar vorbei gegangen! Dabei hätte der sich nach Beispiel seines Vorgängers Renner jederzeit juristische Hilfestellung geben lassen können!

Viele der GVV-Probleme liegen länger zurück! Warum wollte die Stadt eine GmbH? Während die Stadt bei Ausschreibungen starr an die Vergabe-und Verdingungsordnung gebunden ist, hat eine GmbH weitaus mehr Freiheiten und Möglichkeiten: Sie kann mit Bietern verhandeln! Diesen Vorteil wollte die Stadt! Das hätte die GVV als Sanierer gebraucht. Doch dann wurde der Aufgabenkatalog der GVV 1995 grundlegend verändert. 718 Sozialwohnungen übergab die Stadt Singen, deren Leiter der Gebäudeverwaltung in den Ruhestand ging, der GVV. Damals hätte die Stadt ihrerseits kein Geld für eine grundlegende Gebäudesanierung gehabt, sagte auch der damalige Oberbürgermeister Andreas Renner. Dann begann eine Erfolgsgeschichte der GVV im sozialen Wohnungsbau. „Die soziale Stadt Langenrain“ stand dank des Bundesprogramms ganz im Blickpunkt. Und heute? Nach dem Konkurs zittern langjährige Mieter von städtischen Sozialwohnungen! Dieser Bilanz muss sich Ex-OB Oliver Ehret stellen! Die GVV war auf eine Doppelspitze Renner/Grundler zugeschnitten. Diese Struktur klappte mit Ehret nicht mehr! Renner hatte Grundler im Griff gehabt, bei Ehret war es wohl eher umgekehrt!

Renner war durchweg vorsichtig! Kurz vor seine Wiederwahl als OB rief ich ihn an: Ich wolle in Sachen GVV jetzt keine Überraschungen erleben. Also, was sei mit dem Verkauf der Wohnungen der alten Feuerwehrgebäude an der Schaffhauser Straße? Renner legte mir umgehend ein Gutachten der Gemeindeprüfungsanstalt auf den Tisch! Die GVV hatte viele Kaufverträge nachbessern müssen, hatte leichtfertig kommunales Vertrauen aufs Spiel gesetzt! Begemann, der Verkäufer der GVV, verließ die Stadt.

Dann wurde es ruhiger um die GVV. Sie war immer noch 100prozentige Tochter der Stadt. Sollte sich das ändern? In einer Gemeinderatsvorlage war von Andreas Renner zu lesen: Das RP wollte eine Erweiterung auf einen echten Wirtschaftspartner! Renner hatte die Sparkasse dafür angedacht. Meine Reaktion: Die gehört ja auch der öffentlichen andHHHand! Auch an diesem Punkt konterte später auf Vorhalt auch Ehret: „Aber keine 100 Prozent der Stadt!“ Mit Renner war das Thema sonst vom Tisch. Selbst aus der Friedingerstraße 2a hörte man nichts mehr von Georg Wengert! Dabei geht es jetzt um dessen Lieblingsthema, die Vergabepraxis der GVV! Dr. Heide Sandkuhl beklagt: Der Hegau-Tower wurde nicht öffentlich ausgeschrieben! Das ist natürlich die Bombe dieses Gutachtens: Um alle haben damals gepennt!

Ich konnte für den ersten Spatenstich hatte ich nur in Erfahrung bringen können, dass das Regierungspräsidium vor dem 100prozentigen Risiko der Stadt beim Tower-Bau gewarnt hatte. Deshalb hatte es das Bauträgermodell mit den künftigen Besitzern gegeben! Das sei das Ergebnis von Dr. König gewesen! Aber wohl nicht ohne eine öffentliche Ausschreibung! Eine Bau-Warnung habe es seitens des RP gegeben. Aber: Wem gegenüber ganz genau? Und wann? Viele Fragen und Gerüchte: Warum konnte eine Anwaltsfirma angeblich die oberen vier Stockwerke des Towers für einen Spottpreis zu Rohbaukosten kaufen? Und waren dann noch die sonst üblichen Tiefgaragenplätze gratis? Die Kanzlei war doch auch schon beim DAS I dabei?! Ist Dr. König nicht auch noch Aufsichtsratsvorsitzender bei Nexus? Die wollten noch als Tower-Unterpfand das Singener Krankenhaus als Referenz-Objekt? Sollte damals nicht Andreas Renner Aufsichtsratsmitglied werden? Scheiterte das nicht am Widerspruch des Miteigentümers Netzhammer!?

Auch nach Dr. Sandkuhls Gemeinderatsauftritt bleiben Fragen offen. Nochmals die Aufsichtsräte: Keiner hat Vorteile erlangt! Aber die Rechtsvertreter als „geistige Väter“ des Tower-Projekts? 40 Millionen Euro statt 29 Millionen kostete das Vorzeigeobjekt. Bei solchen Kostenüberschreitungen etwa beim BER oder der Elbphilharmonie stehen Medien und Kommunalpolitiker sonst an der Klagemauer. Haben wir in Singen alle gepennt? Oder wurden wir wie die Wähler zielgerichtet getäuscht!? Erklärte Ehret nicht im OB-Wahlkampf noch in der Stadthalle, die GVV sei rundum gesund!? Heute gibt es immer neue Fragen: Warum wurden Büroflächen ohne Tiefgaragenplätze veräußert? Vorteile werden gesucht. Und das wird so weiter gehen . . . Natürlich kann man auf das Empire State-Buildung verweisen. Das ging nach dem Bau erst noch dreimal bankrott! Bis alles kostendeckend wurde. War das etwa die Singener Größenwahn-Dimension?

Von Hans Paul Lichtwald

- Redaktion

Autor:

Redaktion aus Singen

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