Bewegende Erinnerungen an die Solidarität
Singens Einsatz für jugoslawische Kinder

Marion Czajor. | Foto: swb-Archiv
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Der Zerfall des Vielvölkerstaats Jugoslawien schwelte bereits und von 1991 bis 1995 herrschte in Kroatien der Krieg. Viele Familien, insbesondere Frauen mit ihren Kindern suchten Zuflucht, um ihre Kinder zu schützen und vor möglichen Kriegsverbrechen zu entkommen. Auch wenn das Geschehen für die Stadt Singen in weiter Ferne war, gab es doch viele Menschen, die es betroffen hat.

Marion Czajor erinnert sich an diese Situation: ,,Nachdem wir von den schockierenden Kriegs- und Gräueltaten erfahren hatten, wollten wir vor allem Kindern helfen. Zeitgleich erreichte mich als Stadträtin ein Hilferuf aus Osijek. Die Hilfsaktion wurde besprochen und auf den Weg gebracht. Das ging alles recht schnell: Während im Krisengebiet drei Busse für 140 Kinder unter schwierigen Verhältnissen bereitgestellt wurden, lag das Bemühen der CDU-Frauen darin, ausreichende Unterkünfte in Pflegefamilien zu finden.

,,Es war damals eine großartige Hilfsaktion, an die ich mich gerne erinnere. Die Kinder haben sich wohlgefühlt und mit Hilfe vieler finanziellen und materiellen Spenden von Unterstützern und Institutionen konnte für sie Gutes getan werden“, erinnert sich Marion Czajor. Da ursprünglich nur ein Monat Aufenthalt für die Kinder in Gastfamilien abgesprochen war, die Kriegswirren jedoch eine Rückführung vor Weihnachten nicht zu verantworten ließen, wurde als Folge einvernehmlich dagegen entschieden. So blieben die Kinder weiter hier und konnten erst Ende Februar wieder zurück in ihre Heimat.

,,Die größte Herausforderung in dieser Situation bestand darin, dass wir kein kroatisch sprachen und wir uns mit den Kindern nicht verständigen konnten. Als ich damals zum kroatischen Konsulat nach Stuttgart fuhr, hatte ich Glück, dass ich die Lehrerin namens Branka Kopic kennengelernt habe, die auch während des Krieges in Singen war und uns hier definitiv mit der Verständigung helfen konnte.“ Neben diesen kleinen Gesten konnte auch ein Schulunterricht mit Tagesbetreuung angeboten werden. Außerdem erhielten die Kinder die notwendige medizinische Versorgung, die sie benötigten. Nach drei Monaten, als sich die Lage im Heimatland beruhigt hatte, konnten die Kinder wieder zurück zu ihren Familien gebracht werden. ,,Die Gastfamilien haben bis heute noch Kontakt zu den Kindern, die sie damals aufgenommen haben und ich finde das schön zu sehen, was man mit Nächstenliebe alles bewirken kann“.

Portrait


Name:
Marion Czajor (76 Jahre)

heutige Aktivitäten:
Stadträtin der Neuen Linie, 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins Singen-Hegau e.V.

Was mich antreibt: Die Menschen selbst und die Nähe zu ihnen in Offenheit und im respektvollen Miteinander.

Mich verbindet mit der Region: Den Weg nach Singen war meine Hochzeitsreise, die gleichzeitig mein Umzug bedeutete.
Durch die Mitgliedschaft zum Beispiel im Hegau-Geschichtsverein, in der Poppele-Zunft und auch im Kirchenchor Peter und Paul konnte ich als Neubürger die Mentalität bestens aufnehmen. In meiner ehrenamtlichen Arbeit bildeten sich Netzwerke, die bis heute hilfreich sind.

Der Ort:

Foto: swb-Archiv

Die Stadt Singen – hier habe ich viele schöne Erlebnisse in Erinnerung und auch bewegende Momente, wie im Dezember 1991, als das Heimweh kroatischer Kinder Weihnachten in Gastfamilien überschattete.

Marion Czajor. | Foto: swb-Archiv
Foto: swb-Archiv
Autor:

Juleda Kadrija aus Singen

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