Gespräch mit Stephan Glunk von der HGS
Unser Bildungssystem bietet viele Chancen auf den zweiten Anlauf

Die Gitarre gehörte auch in der Schule für Stephan Glunk einfach dazu, so wie er sie auch zu seiner Verabschiedung jetzt vor den Sommerferien zückte. So lässt sich Bildung auch singend vermitteln.  | Foto: Fiedler
  • Die Gitarre gehörte auch in der Schule für Stephan Glunk einfach dazu, so wie er sie auch zu seiner Verabschiedung jetzt vor den Sommerferien zückte. So lässt sich Bildung auch singend vermitteln.
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Singen. Seit dem Ende des letzten Schuljahrs ist Stephan Glunk ein „Fast-Ruheständler“, denn nach über 45 Jahren im Schuldienst wurde er als stellvertretender Schulleiter der Hohentwiel-Gewerbeschule offiziell verabschiedet, mit einem imposanten Festakt und reichlich „Narrenbändel“ für den Zunftmeister der Poppelezunft als Erinnerung an viele bewegte Jahre für das Thema Bildung im Hegau.

Weil derzeit allerdings Lehrermangel an der Schule herrscht und eine Kollegin ausgefallen ist, macht er mit einem ganz kleinen Deputat als Deutschlehrer aber nun nochmals ein Jahr weiter, quasi als „Chillout“ aus dem Arbeitsleben, wie er scherzhaft sagt. Und das ist sozusagen die umgekehrte Situation von seinem Start ins Lehrerleben als damals „Lehrerschwemme“ ein Stichwort war, und Stephan Glunk über viele Jahre erst mal nur mit kurzen Arbeitsverträgen von Jahr zu Jahr nicht wusste, ob er wieder an der Schule anfangen kann, und dass obwohl auch die Hohentwiel-Gewerbeschule inständig insistiert, hatte angesichts der unbestrittenen Qualifikationen des Lehrers, dem sein Beruf ihm ja auch durch seinen Vater in die Wiege gelegt worden war.
 

"Wir bilden die Fachkräfte der Zukunft aus"

Ein Lehrer aus Leidenschaft, und ein Lehrer, der die Fachkräfte der Zukunft in seinen SchülerInnen sieht, so könnte man Stephan Glunks Wirken in all den Jahren auf den Punkt bringen. „Wir sind uns ja einig, dass unsere Wirtschaft dringendst Fachkräfte braucht, um die Herausforderungen der Zukunft gerade jetzt zu bewältigen und unsere berufliche Schule tut natürlich alles, um diese Fachkräfte der Zukunft auch auszubilden“, sagt Stephan Glunk. „Ob das KfZ-Mechatronik, Elektrotechnik, Metalltechnik ist, wir bieten hier während der Ausbildung die Bedingungen, um die Ausbildung erfolgreich abschließen können. Wer hier bei uns den Abschluss gemacht hat, bekommt die besten Voraussetzungen, um anschließend den eigenen Weg im Beruf weiterzugehen“, unterstreicht Stephan Glunk. „Wir haben dafür auch manche Allianzen mit Sponsoren und der Industrie geschlossen, so dass wir auch immer top ausgestattet waren. Die Schule darf keinesfalls hinterherhinken hinter dem, was auch in der Wirtschaft und im Handwerk bereits angewendet wird und Stand der Technik ist. Und weil das Budget des Landkreises als Schulträger doch begrenzt ist, sind wir auch stolz auf die Unterstützung der Schule durch die Wirtschaft in der Region, die ja dafür auch eine gute Bildungsarbeit zurückbekommt.
Eine Frage, die um Bereich Ausbildung immer wieder herumgeistert, ist die nach der Quote derer, die eine Ausbildung nicht zu Ende führen. Wie hoch ist denn den Abbrecherquote in technischen Bereich? „Bei uns ist die Abbrecherquote eigentlich minimal und kaum der Rede wert. Es gibt natürlich schon einige, die sich sehr schwertun, dem Unterrichten folgen zu können aber da können wir natürlich helfen. Wichtig das da schon jeder seinen eigenen Weg finden kann. „Wir sind natürlich auch angewiesen, dass auch unsere Lehrkräfte fit sind und sich in Fortbildungen immer wieder auf den neuesten Stand bringen. Und das ist auch ein großes Plus unserer beruflichen Schule“, unterstreicht Stephan Glunk.

Mehrmaliges Wiedersehen

Das schöne ist gerade in einem so vielfältigen Schulbereich, dass auch Stephan Glunk so manchen Schüler auch mehrmals wieder gesehen hatte, auch weil eine Ausbildung bis zum Ziel auch mehrere Schritte erlaubt, um ans Ziel zu kommen. „Es gibt sogar SchülerInnen, die mehr als neun Jahre bei uns sind. Die kommen zum Beispiel erst mal in die zweijährige Berufsfachschule, um die mittlere Reife zu machen, dann gehen sie drei Jahre ins technische Gymnasium, machen dort das Abitur, können nach einer beruflichen Phase hier noch die Fachschule für Technik absolvieren, um sich damit auch für Leitungsaufgaben in ihren Berufen zu qualifizieren“, erzählt Stephan Glunk über so manches mehrfaches Wiedersehen mit SchülerInnen hier an der „HGS“, wie sie landläufig genannt wird. Und das ist auch eine Stärke des Bildungssystems hier vor Ort, dass es auch viele Schritte erlaubt, auch weil oft auch viele Schritte und Anläufe nötig sind – um ans persönliche Ziel zu kommen, dass sich dann auch weiter entwickeln kann. „Ich hatte mal einen Schüler, der tatsächlich nach vielen Jahren und zwischendrin abgebrochener Ausbildung wieder hier an die Schule kam. ER sagte offen, dass er eigentlich noch nie ein Buch gelesen hatte, weil er nun aber mit dem Abitur in Deutsch in die mündliche Prüfung kam, war er quasi gezwungen nun die „Die neuen Leiden des jungen W.“ von Ulrich Plenzdorf zu lesen und hat es geschafft, was für mich dann so ganz besondere Erfolge sind, erzählt der Passionierte Deutschlehrer, dem es sogar gelungen war, in so einer beruflichen Schule sogar immer wieder eine Theatergruppe auf die Beine zu stellen.

Eigenes Engagement ist wichtig

Gerade das eigene Engagement ist freilich immer wieder der zentrale Punkt, auf den Stephan Glunk bei seinem Rückblick auf seine Schulgeschichte zurückkommt. Als er startete im Jahr 1985, war für ihn der „Telekolleg“ eine erste berufliche Option, bei der damals Unterricht mit dem Ziel der Fachhochschulreife via Fernsehen übermittelt wurde, weil es damals halt auch der Stand der Technik gewesen ist. Für den Lehrer war das in Sachen zweiter Anlauf eine wichtige Erfahrung gewesen und zeigt ihm heute auf, dass es das eben schon immer brauchte. Und dafür war er immer durch seine SchülerInnen zu begeistern und die Schule ist es auch weiter“, jetzt wo er in den Ruhestand wechselt. Dann das, was fachlich als „Durchlässigkeit“ bezeichnet wird, ist für ihn die unbestrittene Stärke unseres Bildungssystems, eben auch über notwendige Umwege sich auf den Weg zum Ziel machen. Und dazu kann er nur immer wieder ermuntern.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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