Warum die Platzvergabe in Singen ist, wie sie ist…
Und warum dies Singen nicht gerecht wird

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Singen. Folgender Leserbrief erreichte das WOCHENBLATT zum Thema der Kita-Platzvergabe in Singen:

Singen hat zu wenig Kita-Plätze. Diese Herausforderung ist nicht neu. Wer jedoch die Mehrzahl der Plätze rein nach Alter des Kindes vergibt in einer Zeit, in der die meisten Familien darauf angewiesen sind, dass beide Elternteile zum Familieneinkommen beitragen oder eine alleinerziehende Person den Familienunterhalt stemmen muss, macht es sich zu einfach.

Am Arbeitsmarkt wird wachsender Fachkräftemangel beklagt. Nicht nur die im Artikel erwähnten Unternehmen, die bereits Mitarbeiterkündigungen oder Arbeitszeitreduzierungen verzeichnen, sind davon betroffen, sondern auch unsere Gesundheitseinrichtungen, unsere Lebensmittelversorger und weitere, die heute stundenweise oder ganz auf Personal verzichten müssen, weil ihre Arbeitnehmenden keinen Kita-Platz haben. Vor einigen Jahren bekamen wir das CANO, vor wenigen Monaten die Standortentscheidung für das künftige Zentralklinikum, erst in der Neujahrsansprache durch unseren OB Häusler war von "Singen als industriellem Herz des Landkreises Konstanz" die Rede: Diesem Anspruch und den daraus folgenden Aufgaben wird ein System, bei dem sich die Platzvergabe in den meisten Fällen allein nach dem Alter des Kindes entscheidet, nicht gerecht.

Zu argumentieren, "schlecht qualifizierte Schülerinnen und Schüler sind keine Stütze für die Wirtschaft von morgen", übersieht, dass dieselbige mit dem aktuellen System bereits heute geschwächt wird. Gleichzeitig wird auf die Familien, die auf Betreuung des Kindes angewiesen sind, damit sie arbeiten gehen können, erheblicher Druck auferlegt. Das macht Singen unattraktiv, sowohl für Arbeitgebende, wie auch für Arbeitnehmende mit Familie(-nplanung).

Singen investiert als Stadt in Quartiersarbeit, Klimaschutz und Mobilität. Gerne unterstützen wir junge Familien dies, geht es doch dabei um die Zukunft unserer Stadt und unserer Kinder. Solange es aber bis heute in Singen Kitas gibt, in denen die Mehrheit der Kinder täglich aufgrund der Entfernung per Auto zur Einrichtung gefahren werden muss, bleibt unverständlich, warum Wohnortnähe keinerlei Kriterium bei der Platzvergabe darstellt. Wir als Eltern möchten, dass unsere Kinder in ihrem Wohnumfeld zur Kita gehen können und hier erste Freundschaften schließen können. Dabei geht es nicht nur um die Fahrt zur Kita, sondern das soziale Miteinander dort, wo wir wohnen. Bereits Kindergartenkinder quer durch die Stadt oder Ortsteile fahren zu müssen, damit diese zur Kita gehen oder ihre Freundschaften pflegen können, steht in komplettem Widerspruch zum Klimaschutz, zur Quartiersarbeit oder gar Mobilität. So viele Quartiersgespräche können gar nicht geführt werden, um zu kompensieren, was wir da bereits bei den jungen Familien versäumen. Singen als "Fußgänger- und Fahrradfreundliche Stadt", wie es an den Schildern der Ortseingänge heißt und die Mobilitätsumfrage vor wenigen Wochen: lasst uns bei den Kleinsten und den naheliegenden Möglichkeiten damit anfangen.

Alle Kinder müssen gleichberechtigte Bildungschancen erhalten und früh gefördert werden, unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern. Dafür braucht es Initiativen und Ideen, um der aktuellen Situation heute Rechnung zu tragen, nicht erst in Zukunft. Manche Städte arbeiten mit dem Modell eines Kita-Platz-Sharing, bei dem Kinder, die von mindestens einem Elternteil daheim betreut werden können, sich einen Platz teilen und tageweise in die Kita gehen. Bei anderen Modellen werden die Vorschulkinder in besonderem Maße berücksichtigt, während für die jüngeren Kinder einfließt, ob eine Betreuung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf an allen Wochentagen benötigt wird. Auch der Verein Lila Distel in Singen macht vor, dass Bildung durch tageweise Spielgruppen möglich ist.

Die Stadt Singen hat den Auftrag, jedem Kind Bildungschancen zu ermöglichen und gleichzeitig den Standort Singen für die unterschiedlichen Interessensgruppen wie Eltern und lokale Arbeitgebende attraktiv zu halten. Dabei gilt es, unser soziales Zusammenleben in den unterschiedlichen Wohngebieten sowie unsere Herausforderungen wie Klimaschutz und Mobilität zu berücksichtigen. Für diese Aufgaben ist die Stadt in der Verantwortung, ohne dies auf die Eltern und deren Arbeitgebende abzugeben. Zu einer der wertvollsten Hilfen für uns Familien zählt, es uns zu ermöglichen, für unseren Lebensunterhalt sowie den unserer Kinder zu sorgen. Eine Kita-Platzvergabe nach Alter des Kindes ist dabei zu kurz gegriffen. Ich appelliere an die Verantwortlichen, die Vergabe wieder differenzierter anzugehen. Wir brauchen jetzt Lösungen, die uns Eltern in unseren unterschiedlichen Lebenssituationen, unseren Kindern, unseren Unternehmen und vielfältigen lokalen Einrichtungen gerecht werden - uns in "Singen als industriellem Herzen des Landkreises Konstanz".

Christiane Taha, Singen

Leserbriefe geben nicht zwingend die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich zudem vor, Leserbriefe zu kürzen.

Hier geht es zum ursprünglichen Artikel über die Kita-Platzvergabe:

Warum die Platzvergabe in Singen ist, wie sie ist
Autor:

Redaktion aus Singen

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