Nachbarschaftswein als Ritual des Optimismus
Einigkeit demonstriert in der Zeit der Zeitenwenden

OB Bernd Häusler und Landrat Zeno Danner mit der Kerze der Freundschaft, die zum Nachbarschaftswein seit über 50 Jahren angezündet wird – diesmal im Curana in Beuren. | Foto: swb-Bild: Oliver Fiedler
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  • OB Bernd Häusler und Landrat Zeno Danner mit der Kerze der Freundschaft, die zum Nachbarschaftswein seit über 50 Jahren angezündet wird – diesmal im Curana in Beuren.
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Singen-Beuren. Das Ritual hatte sich schnell wieder eingespielt beim Anzünden der großen alten Kerze zum traditionellen Nachbarschaftswein, und Singens OB Bernd Häusler wie Landrat Zeno Danner unterstrichen, dass sie diese Flamme der Freundschaft – um die Tradition zu erhalten – in den Zeiten der Corona-Isolationen eben halt auch zu zweit mit einem Gläschen Wein angezündet hatten. Nun freilich ging das wieder in geselliger Runde im Saal des neuen „Curana“ in Singen-Beuren im Kreis der Nachbar-Bürgermeister und OBs, der Altbürgermeister, Ortsvorsteher und Gemeinderäte.

Freilich wurde in der Runde der Ansprachen überdeutlich, dass man aus der letzten Zeitenwende durch die Lockdowns schon in die nächste hineingeschlittert ist, und dass hier auch klar ein Kurswechsel eingefordert wurde zu weniger Bürokratie, dafür mehr Fortschritt und Klimawandel. Landrat Zeno Danner bekannte freilich, dass er es trotz aller Krisen, die ja schon kurz nach dem Amtsantritt Anfang 2020 mit dem Regionalbusdebakel begannen, nie bereut hätte, dieses Amt angetreten zu haben.

Der Singener OB Bernd Häusler hatte nach der Kürbissuppe allerdings das erste Wort des Abends, auf den die Beurener die vielen Gäste mit Alphornklängen eingestimmt hatten. Wie schnell sich manches Gewohnte verändert, habe nicht nur Corona gezeigt, nun der Krieg und auch bei der Klinik stehe man jetzt vor riesigen Herausforderungen, den größten in der Geschichte des Landkreises. Und dann komme nun Gesundheitsminister Lauterbach mit seinen Plänen für eine neue Klinikstruktur. Er selbst habe sich die Bundespressekonferenz mit Lauterbachs Klinikplänen angesehen und immer wieder mit dem Kopf geschüttelt, gestand Bernd Häusler. Erleichtert waren alle Bürgermeister und Kreisräte, für das kommende und die folgenden Jahre Haushaltspläne hinbekommen zu haben, die leistbar seien von den Kommunen – gerade noch.

Viel Geld in den Kassen – doch es reicht nicht

Die Kassen im Landkreis seien keineswegs leer, sagte Häusler weiter: die Steuerkraftsumme der Kommunen liege bei 480 Millionen Euro, in 2019, vor Corona, seien es noch 413 Millionen gewesen. Und trotzdem reiche das Geld nicht. Bürokratie werde immer drückender, davon sprächen 100 neue Mitarbeiter im Landratsamt oder auch 40 neue Stellen bei der Stadt Singen, für die Bewältigung dieser Bände. „Wo sollen wir die Leute dafür herbekommen?“, fragte sich Häusler angesichts des überall sprichwörtlichen Mangels an Mitarbeitenden.

Nicht mehr jeder Bus, Kita oder jedes Krankenbett zur Verfügung

Angesichts der aktuellen Lage müsse man sich im Klaren sein, dass man es wegen des Mangels an Personal genau nicht mehr schaffe, jeden Bus fahren zu lassen, jede Kita-Gruppe offen halten zu können oder jedes Krankenbett belegen zu können, meint Häusler, und dass man halt nicht jedes Loch mit Geld zuschütten könne.
Landrat Danner hob wie Häusler die Besonderheit des Landkreises in der guten Zusammenarbeit aller hervor. Diesen Geist müsse man pflegen und die beste Lösung auch gemeinsam suchen, meinte er, als er bemerkte, dass er für seine Ansprache genau zwischen dem Singener und Radolfzeller OB stand, die sich bald vielleicht noch intensiver um den Standort einer Kreis-Zentralklinik streiten könnten.

In Sorge ums Land

Marian Schreier aus Tengen, der für die Riege der Bürgermeister im Gemeindetag an diesem Abend sprach, befand sich mit seinen Kollegen sogar „in großer Sorge um unser Land“. Die Bewältigung der vielen Herausforderungen, zum Beispiel zum Klimawandel, zu Digitalisierung oder Entbürokratisierung, könne man in der aktuellen Verfassung nicht schaffen. Bei den Flüchtlingen warte die eigentliche Herausforderung noch, wenn die Sommerwelle nun bei den Gemeinden auflaufe, zur Anschlussunterbringung.
Singens Alt-OB Andreas Renner ergriff nach dem Dessert auch noch das Wort und warb um junge Bürgermeister, die angesichts der anstehenden Wahlen in vielen Gemeinden gefragt seien.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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