50 Jahre Ärztehaus
Von der innovativen Idee zum anerkannten Fachärzte-Zentrum

Die Geschichte des Ärztehauses spiegelt sich in diesem Schlüsselbund wider: Während die allgemeine Schließanlage elektronisch funktioniert, benötigt der Fahrstuhlfunktionsraum immer noch einen sehr alten Schlüssel. | Foto: Kim Kroll
  • Die Geschichte des Ärztehauses spiegelt sich in diesem Schlüsselbund wider: Während die allgemeine Schließanlage elektronisch funktioniert, benötigt der Fahrstuhlfunktionsraum immer noch einen sehr alten Schlüssel.
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Singen. Seit 50 Jahren gibt es das Ärztehaus in der Singener Kreuzensteinstraße. In dieser Zeit hat sich dort einiges gewandelt, um der Vision, die dem Haus seit der Gründung innewohnt, treu zu bleiben.

Das Ärztehaus wurde 1973 eröffnet, den Grundstein legte dessen Gründer Dr. med. Robert Ehret 1959 mit seinem Entschluss, sich als "Facharzt für Nerven- und Gemütserkrankungen" (heutige Bezeichnung: Neurologe und Psychiater), niederzulassen. Mit einem Standort in der Industriestadt Singen traf er eine gute Wahl: Diese hatte schon damals eine funktionierende Infrastruktur, ein großes Einzugsgebiet und war dazu noch sehr gut über verschiedene Verkehrswege erreichbar. Nach anfänglichen Schwierigkeiten entwickelte sich die Praxis zu einem Erfolgsmodell, mit dem obersten Ziel einer optimierten und innovativen Patientenversorgung. Beispielsweise brachte Ro-bert Ehret den ersten Elektroenzephalographen (Gerät zur Messung der Hirnströme) in den Süd-westen Deutschlands, der für die neurologische Diagnostik eine Revolution darstellte.

Im Laufe der 1960er Jahre verfestigte sich der Trend zur ambulanten Versorgung über Haus- und Fachärzte. Dadurch konnten im Vergleich zur stationären Versorgung Kosten eingespart werden. Mussten mehrere Ärzte aufgesucht werden, erschwerte sich dies allerdings durch die langen Wege für die Patienten. Auch die Kommunikation der Mediziner zwischen einander wurde komplizierter, was insbesondere bei Notfällen von Nachteil war. Um diese Lücken zu füllen, konkretisierte sich dann Anfang der 1970er Jahre die Idee eines Ärztehauses. Mit dem Architekten Martin Graf fand Robert Ehret einen Gleichgesinnten und nach kurzer Zeit lagen die ersten Pläne auf dem Tisch. Weil es zudem eine Zeit mit hohen Zinsen war, brauchte es zur Umsetzung nicht nur viel Mut, sondern auch das Vertrauen der Banken. Zunächst gab es hierfür keine Partner, die Kapital einbrachten, erst später bildete sich eine Eigentümergemeinschaft.

Elf Fachrichtungen unter einem Dach

Nach zwei Jahren Bauzeit stand es dann: Das Ärztehaus Singen, eines der ersten bundesweit, mit Tiefgarage, einer Sauna- und Massagepraxis, einer Apotheke, einem Café und elf Facharztpraxen in den Bereichen Orthopädie, Röntgen, Neurologie/Psychiatrie, Innere Medizin, Hautkrankheiten, Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, Kinderheilkunde, Frauenheilkunde, Zahnmedizin und Augenheilkunde, einschließlich Sehschule. Nach anfänglichen Bedenken, etwa ob die freie Arztwahl eingeschränkt werden könnte, erfreute sich das Haus hoher Beliebtheit. Die Praxen vernetzten sich untereinander, was auch maßgeblich von dem guten und freundschaftlichen Miteinander der dort niedergelassenen Ärzte lebte. Die Fastnachtsfeste der Hausgemeinschaft beispielsweise beschreibt der Sohn des Gründers, Dr. med. Thomas Ehret als "legendär".

Ein Meilenstein in der Entwicklung des Hauses folgte 1978 mit dem Einbau des ersten Computertomographen der Region für die Neurologie. 1989 stieß Thomas Ehret, der ebenfalls als Arzt im Bereich Neurologie und Psychiatrie tätig war, zur Praxis seines Vaters. Schon ein Jahr später installierten die Partner einen Kernspintomographen, den ersten zwischen den Universitätsstädten Freiburg und Tübingen. Auch die Kunst am Bau durfte nicht fehlen: 2001, auf dem Höhepunkt der "Lenkomanie", wurde das Relief "Die Spritze" des Bodmaner Künstlers Peter Lenk an der Fassade angebracht. Dieser karikaturistische Blickfang ziert bis heute das Ärztehaus.

Umbau für das neue Jahrtausend

Thomas Ehret übernahm 2003 die Verantwortung und Verwaltung des Ärztehauses. Die Gründergeneration begann sich zurückzuziehen und die Tendenz wies in Richtung Gruppenpraxen, die mehrere Ärzte des gleichen Fachgebiets zusammenbringen. Dadurch wurden tiefgreifende Veränderungen in dem Gesundheitszentrum notwendig, um das Modell "Ärztehaus" für das neue Jahrtausend fit zu halten. Vier Jahre lang, 2003 bis 2007, wurde saniert und umgebaut, die meist klein geschnittenen Einzelpraxen in Teilen zusammengelegt. Durch diesen enormen Kraftakt, der auch mit finanziellen Belastungen einherging, wurde das Zentrum den Erfordernissen der Zeit angepasst. Das Ganze wurde zu einem "Projekt der nächsten Generation", da mit Architektin Susann Graf die Tochter des ursprünglichen Architekten, Martin Graf, beteiligt war.

Aus dem in die Jahre gekommenen Ärztehauscafé wurde die pfiffige "Heilbar", das orthopädische Facharztzentrum erweiterte die Grundfläche, ebenso das Augenzentrum, jetzt mit eigener OP-Abteilung. Allgemein wurden die technischen Erfordernisse und der Komfort innerhalb des Hauses den Erfordernissen des neuen Jahrtausends angepasst. Die zwischenzeitlich verschärften Brandschutzmaßnahmen wurden umgesetzt und der behindertengerechte Ausbau aktualisiert.

Der Erneuerungsprozess war damit noch nicht abgeschlossen und ab 2015 bis zum heutigen Tag setzte sich die Entwicklung von weniger Praxen mit einer größeren Fläche dort fort. Aus elf Einzelpraxen wurden über die letzten Jahre hinweg fünf Gruppenpraxen, die heute jeweils den Status überregional anerkannter Zentren haben. An oberster Stelle stehen dabei seit jeher die Qualität der Medizin und die Betreuung der Patienten mit ihren Angehörigen. Dieses Ziel gelingt es weiterzuentwickeln, dank der vertrauensvollen, partnerschaftlichen und zukunftsorientierten Kooperation der Eigentümergemeinschaft mit den Mietern und ist damit das Erfolgsrezept des Ärztehauses.

Autor:

Anja Kurz aus Engen

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